Rheingletschers überführt und deshalb wie der HinterThurgau
günstig für Wiesen- und Obstbau. Bei Gossau erratische Blöcke und
Gletscherschliffe. Die einzige nennenswerte Höhe ist der Tannenberg (900 m) mit schöner Aussicht. Wird von der Glatt und Sitter
entwässert. Der Bezirk umfasst die 5 Gemeinden Gossau, Andwil, Waldkirch, Gaiserwald und Straubenzell. Zusammen 2443 Häuser, 4262 Haushaltungen
und 20212 Ew., wovon 14747 Katholiken und 5456 Reformierte.
Bildete einst mit den Bezirken Wil und Rorschach
zusammen das unter der Oberhoheit des Abtes von St. Gallen
stehende sog. Fürstenland. Während
die Bevölkerung damals ausschliesslich der Landwirtschaft sich widmete, hat heute daneben auch die durch
die Stickerei vertretene industrielle Tätigkeit, besonders im Bezirkshauptort selbst, sich stark entwickelt. Der einst überwiegende
Ackerbau ist durch den Wiesenbau ersetzt worden, und in den letztvergangenen Jahren haben auch Viehzucht und Weidewirtschaft
gute Fortschritte gemacht. Man zählt zahlreiche Käsereien, deren Ausfuhr eine ganz beträchtliche ist. Auch Obstbau und
Bienenzucht geben erfreuliche Resultate.
Gossau (Kanton St. Gallen): Kirchplatz.
Die Viehstatistik ergibt folgende Zahlen:
1886
1896
1901
Hornvieh
7244
8712
9004
Pferde
662
774
932
Schweine
1732
3737
4388
Schafe
79
133
42
Ziegen
200
235
178
Bienenstöcke
1198
1736
1514
Verkehrszüge sind die StrassenWil-St. Gallen und Herisau-Bischofszell, sowie die Eisenbahnlinien Zürich-Winterthur-St. Gallen
und Gossau-Sulgen. Die Sitter wird von hochgespannten Brücken überschritten, deren eine, die 1811 vom eben erstandenen Kanton St. Gallen
erbaute Krätzerenbrücke, aus zwei mächtigen Steinbogen besteht, 117 m lang ist und 25,5 m über dem Flussbett liegt; die
andere ist die zweithöchste Eisenbahnbrücke der Schweiz, misst 168 m Länge und liegt 61,2 m über dem
Fluss.
Gossau (Kanton St. Gallen): Ehemaliges Æbt. Zollamt.
Dank seiner günstigen Lage und der Arbeitsamkeit seiner Bewohner entwickelt sich Gossau rasch und zusehends. 3 Kirchen,
wovon 2 katholische (1736 und 1890 erbaut, diese in gotischem Stil) und eine 1900 erbaute reformierte. Hauptindustrie ist
die Stickerei, die in den verschiedenen Fabriken hunderte von Arbeitern beschäftigt und auch als Hausindustrie
betrieben wird. Daneben eine Wachskerzenfabrik, eine Fabrik für chemische Produkte, eine Bierbrauerei, mechanische Werkstätten,
grosse Mühlen, Sägen, baugewerbliche Betriebe, eine Gerberei und eine Buchdruckerei.
Butter- und Käsehandel. Eine Zeitung. Leih- und Sparkasse. Musik-, Gesang-, Turn- und Schiessvereine, gemeinnützige Gesellschaften
etc. Das seit 1893 elektrisch beleuchtete Dorf Gossau besitzt auch eine gute Wasserversorgung mit Hydrantennetz.
Zum erstenmal 824 als Cozesouva genannt;
868: Cozesouaro;
877: Cozeshouva;
904: Gozzesouva. Besass schon 910 eine Kirche.
Gossau - Gotteron (Le)
* 3 Seite 42.388.
Gossau war zu allen Zeiten eine der rührigsten Ortschaften des einst dem Abt von St. Gallen
untertanen Fürstenlandes. Die früher auf
dem Boden der Gemeinde stehenden zahlreichen Burgen liegen heute mit Ausnahme von Burg Oberberg, dem alten
Wohnsitz des Landvogtes des Abtes, alle in Trümmer. In den Appenzellerkriegen hatte Gossau stark zu leiden und wurde geplündert
und verbrannt. Die letzte Waffentat der Appenzeller fand mit für sie ungünstigem Ausgang gegen den Grafen Friedrich VI. von
Toggenburg 1428 auf dem Bühl bei Gossau statt. In der Folge litt Gossau unter
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Gossau (Kanton St. Gallen) gegen den Säntis.
wiederholten grossen Feuersbrünsten; die Kirche brannte zweimal ab, 1638 und 1731 nebst 23 Häusern und Scheunen. Die bewegteste
Zeit in der Geschichte von Gossau war das Ende des 18. Jahrhunderts, als die durch die französische Revolution aufgeregten
Gemüter vom Postboten von Gossau, dem sog. Bot Künzli, einem eifrigen Verteidiger der neuen Menschenrechte,
in steter Bewegung erhalten wurden.
Er war es, der auf den nach der Mühliwiese bei Gossau die berühmte Landsgemeinde zusammenrief, auf welcher in
Gegenwart von 20000 Bürgern der Abt von St. Gallen,
Beda Angehrn, zu Gunsten einer vom Volke erwählten Behörde auf zahlreiche Hoheitsrechte
des Klosters Verzicht leistete. Dies war der Grundstein zur künftigen demokratischen Verwaltung des Kantons St. Gallen.
Der von Gossau gebürtige
Bot Johann Künzli ward darauf Landammann der alten Landschaft (Fürstenland) und helvetischer Senator, nahm aber, da er trotz
seiner hohen Aemter arm geblieben, nach der Mediationsakte seinen alten Botenberuf wieder auf. Gossau
ist ferner die Heimat des Dekans Ruggle († 1891), eines begabten Kanzelredners und sehr volkstümlichen Politikers. 1831-61
versammelte sich in Gossau die Bezirkslandsgemeinde. Fund einer Lanzenspitze in Bronze. Vergl. Ruggle, J. Theod. Geschichteder Pfarrgemeinde Gossau. Gossau 1878.
(Kt. St. Gallen,
Bez. Gossau).
Grotte von St. Colomban oder von Salpeten im Glatttobel. Auf den Höhen erheben sich
die Ruinen des SchlossesHelfenberg, das ungefähr 1400 zerstört wurde. Reformierte und katholische Schulen mit neuen, 1907 bis 1900 erstellten
Gebäuden. Postwagen nach Niederwil. Oeffentliche Bibliothek mit Lesesaal. Die Dorfbewohner bilden eine Korporation, welche
das Wasser, das Gas und die Elektrizität besitzt. Gossau ist der Ausgangspunkt der Appenzellerbahnen. Man projektiert
den Bau eines neuen Bahnhofes für die Bundesbahnen.