Titel
Gold
schmiedekunst
[* 2] (hierzu Tafel »Gold
schmiedekunst«),
die Verarbeitung der edlen
Metalle zu allerlei Gegenständen
des
Schmuckes und der Zier. Die Gold
schmiedekunst beschränkt sich nicht auf die Benutzung des
Goldes, sondern verarbeitet auch
Silber (beide
Metalle nur legiert) und in untergeordneter
Weise
Platin und
Aluminium. Die ältere Goldschmie
dekunst umfaßte auch die
Verarbeitung von
Kupfer,
[* 3]
Kupferlegierungen,
Zinn etc. Die Erzeugnisse der Goldschmie
dekunst, Gegenstände für öffentlichen
oder häuslichen
Gebrauch; Bijouteriewaren etc., werden häufig mit
Email,
Niello und durch Einfügung von
Edelsteinen geschmückt.
Letztere spielen die Hauptrolle in der
Juwelierkunst, bei deren Erzeugnissen das
Metall mehr oder weniger
zurücktritt.
Juwelierkunst und Goldschmie
dekunst sind aber auf das innigste miteinander verbunden, und erst in neuester Zeit
macht sich
eine strengere
Scheidung bemerkbar. Ursprünglich wurden die Goldschmie
dearbeiten nur mit dem
Hammer
[* 4] hergestellt
und höchstens mit dem
Meißel
[* 5] überarbeitet. Bei dieser gehämmerten oder getriebenen
Arbeit unterscheidet man
Minuteria und
Grosseria.
Bei der erstern werden Reliefs aus Gold- oder Silberblech auf einem Modell von Bronze [* 6] mit Hammer und Bunze hergestellt oder durch allmähliches Reiben, Drücken und Hämmern, abwechselnd von beiden Seiten, zu der gewünschten Höhe herausgetrieben. Die Grosseria dagegen beschäftigt sich mit der Herstellung bauchiger, enghalsiger Gefäße, welche mittels Hammer und Amboß getrieben und dann mit schwarzem Pech ausgegossen werden. Man zeichnet die Ornamente [* 7] auf, fixiert sie mit der Bunze, schmelzt das Pech aus und vollendet die Arbeit durch Werkzeuge [* 8] mit zwei Hörnern, von denen eins im Innern der Gefäße auf die betreffende Stelle gesetzt und durch vorsichtige Hammerschläge auf das andre gegen die Wand des Gefäßes getrieben wird.
Das
Gießen
[* 9] spielt eine viel untergeordnetere
Rolle in der Goldschmie
dekunst, weil die
Gußwaren nicht so dünn und leicht ausfallen können,
wie die Kostbarkeit des
Materials es erfordert. Man benutzt
Formen aus
Sand oder Sepia und bearbeitet die Gußstücke durch
Feilen und
Schaben. Gewöhnlich gießt man aus
Silber und noch mehr aus
Gold
[* 10] nur
Stäbe und
Platten (in eisernen
Formen), welche
zu
Draht
[* 11] und
Blech verarbeitet werden. Eigentümlich ist die Herstellung kleiner
Kugeln, welche man dadurch erhält, daß man
kleine
Blech- oder Drahtstückchen zwischen Kohlenpulver schichtet, ohne daß sie sich berühren, und
bis zum
Schmelzen erhitzt.
Jedes Körnchen rundet sich dann zum
Tropfen ab, woran es durch das weiche Kohlenpulver nicht gehindert wird.
Draht findet
in der Goldschmie
dekunst mannigfache Verwendung; man benutzt runden, façonnierten und platten
Draht besonders als
Material zu der Filigranarbeit,
[* 12] welche häufig auch die
oben erwähnten Kügelchen verwendet. Einen großen Aufschwung hat die
Technik
der Goldschmie
dekunst durch die
Galvanoplastik
[* 13] erhalten, eine neue Formmethode, welche vieles bis dahin Unerreichbare ermöglichte.
Reines
Gold wird wegen seiner Weichheit und Kostbarkeit in der Goldschmie
dekunst nicht verarbeitet; die
Legierungen besitzen entweder die möglichst
unveränderte
Goldfarbe, oder sind absichtlich mehr oder weniger rot, blaßgelb, grünlich gehalten (s.
Goldlegierungen). Durch Nebeneinanderstellung verschiedenfarbiger
Legierungen erzielt man schöne
Effekte, auch verändert man
die Oberfläche der
Legierungen durch
Auflösung des in ihnen neben dem
Gold enthaltenen Metalls und vermag auf solche
Weise
die
Waren zu färben.
Silber wird auch gefärbt durch Überziehen mit
Schwefelsilber (oxydiertes
Silber), und
vor allem wird durch die reichen
Mittel der
Galvanoplastik die Oberfläche der
Metalle in mannigfacher
Weise verschönert.
Endlich
ist hier auch das
Mattieren und
Polieren zu erwähnen und anschließend das Emaillieren.
Kunstgeschichtliches.
Die Verarbeitung des Goldes reicht bis in die ältesten Zeiten, und wo das Metall in größerer Menge vorkam, fand es von allen Metallen zuerst Verwendung, weil es von der Natur in gediegenem Zustand geboten wurde, bei den Asiaten und Ägyptern sogar in großem Maßstab, [* 14] indem man Wände, Thorflügel, Möbel [* 15] etc. mit Goldblech bekleidete. Dann wurde das Gold auch zur Verzierung von Waffen, [* 16] zu Diademen und andern Schmucksachen [* 17] und zu selbständigen Kunstwerken verwendet, wovon die ägyptischen Gräberfunde Beispiele bieten. Salomo ließ sich Künstler aus Tyros kommen, welche für den ¶
1. Brustbild Karls d. Gr., 13. Jahrh. (Münster [* 19] zu Aachen.) [* 20]
2. Jubiläumshammer von Papst Julius III., 1550. (München, [* 21] Nationalmuseum.)
3. Merkelscher Tafelaufsatz von W. Jamnitzer, 16. Jahrh. (Rothschild in Frankfurt [* 22] a. M.)
4. Nautiluspokal, 16. Jahrh. (Dresden, [* 23] Grünes Gewölbe.)
5. Remigiuskelch in der Kathedrale zu Reims, [* 24] 12. Jahrh.
6. Kruzifix von A. Eisenhoit, 16. Jahrh.
7. Münzpokal aus Lüneburg, [* 25] 1536. (Berlin, [* 26] Nationalmuseum.)
8. Salzfaß [* 27] von B. Cellini, ca. 1540. (Wien.) [* 28]
9. Willkommenbecher, 17. Jahrh. (Dresden, Grünes Gewölbe.)
10. Lotharkreuz, 10. Jahrh. (Münster zu Aachen.)
11. Gotischer Abendmahlskelch, 15. Jahrh.
12. Schmuckkästchen von W. Jamnitzer, 16. Jahrh. (Dresden, Grünes Gewölbe.)
13. Becken mit Bacchanal von A. Thelott, 1700. (Dresden, Grünes Gewölbe.)
14. Baseler Altartafel, 11. Jahrh. (Paris, [* 29] Musée Cluny.)
15. Straußeneipokal 16. Jahrh. (Nürnberg.) [* 30]
Zum Artikel »Goldschmiedekunst«. ¶
mehr
Tempel
[* 32] zu Jerusalem
[* 33] in Gold arbeiteten. Auch die Griechen bearbeiteten das Gold schon in frühster Zeit, was die von Schliemann
in Troja
[* 34] und Mykenä
[* 35] gefundenen goldenen Kränze, Schmucksachen und Gesichtsmasken für Tote beweisen. Dädalos
[* 36] gilt auch für
den ersten Goldschmied
, und Theodoros von Samos schuf einen goldenen Weinstock mit aus Edelsteinen gebildeten
Trauben für die Könige von Phrygien. In der Plastik fand dann das Gold Verwendung in Verbindung mit dem Elfenbein (s. Goldelfenbeinkunst).
Als Silberschmiede werden Mys, Mentor und Boethos genannt. Griechische Gold- und Silberarbeiten finden sich vornehmlich in der
Eremitage zu Petersburg
[* 37] (aus Gräbern der Krim)
[* 38] und in Berlin (Fund von Vettersfelde), römische in Berlin (Hildesheimer
[* 39] Fund) und Paris (Fund von Bernay). Das Schleifen der Edelsteine
[* 40] war im Altertum nicht bekannt; während aber die Griechen bei Verwendung
derselben das künstlerisch bearbeitete Metall vorherrschen ließen, trieb man in Byzanz einen großen Luxus mit Edelsteinen
und begründete hier durch Verbindung der Steine mit getriebener, gravierter und emaillierter Arbeit, mit
Filigran und Niello die moderne Goldschmie
dekunst. Diese fand im Abendland zur Zeit der Karolinger durch den Klerus eine großartige Benutzung
zum Kirchenschmuck.
Alle Kultusgeräte, Altäre, Märtyrersärge und Reliquienschreine wurden aus edlen Metallen hergestellt und mit Edelsteinen
und antiken Gemmen
[* 41] reich verziert; trotzdem aber wurde die Technik immer dürftiger, und ein neues Aufblühen
der Goldschmiedekunst
datiert erst aus dem 11. und 12. Jahrh., wo man namentlich in
Köln
[* 42] und Trier
[* 43] jene kostbaren Reliquienschreine verfertigte, von denen mehrere erhalten sind (s. Tafel,
[* 31]
Fig. 1-5). Diese Kunstrichtung erhielt sich auch noch im 13. Jahrh.,
während das 14. und 15. in der Anfertigung kleinerer Kirchengerätschaften sich auszeichneten.
Bei jenen größern Werken gaben romanische und frühgotische Bauformen in freier Verarbeitung die Kompositionsmotive her,
während die spätern in dem zierlicher ausgebildeten gotischen Stil gearbeitet sind. In Italien
[* 44] erreichte die Goldschmiedekunst
im engsten
Anschluß an die Bildhauerkunst
[* 45] im 15. Jahrh. eine hohe Blüte
[* 46] (Ghiberti, Verrocchio, Pollajuolo, Francia)
und kulminierte in Foppa und Benvenuto Cellini, durch den der italienische Renaissancestil auch nach Frankreich gelangte
[* 31]
(Fig.
8). Er fand dort und alsbald auch in Deutschland
[* 47] Bewunderung und Nachahmung, und namentlich lieferten die Goldarbeiter des 16. Jahrh.
in Nürnberg (W. Jamnitzer,
[* 31]
Fig. 9, 10), Augsburg,
[* 48] Dresden, Frankfurt a. M. und Köln Kunstwerke, welche sich
besonders in der Ornamentik an die italienischen anschlossen. Die Silberschmiedekunst fand ebenfalls eine große Zahl ausgezeichneter,
zum Teil noch im gotischen Stil arbeitender Vertreter, unter denen Antonius Eisenhoit in Warburg
[* 31]
(Fig. 11) am bekanntesten geworden
ist. Die reichsten Sammlungen von silbernen und silbervergoldeten Gefäßen der deutschen Renaissance befinden
sich in der königlichen Schatzkammer und im Nationalmuseum zu München (Fig. 12-14), im Kunstgewerbemuseum zu Berlin (Lüneburger Silberschatz,
[* 49] Fig. 6), im Grünen Gewölbe
[* 50] zu Dresden (Fig. 7 u. 15) und bei Rothschild in Frankfurt a. M. Die deutsche Goldschmiedekunst
erfuhr eine lebhafte
Förderung besonders dadurch, daß bedeutende Künstler, wie Holbein
[* 51] der jüngere, Dürer, V. Solis u. a., Entwürfe für sie zeichneten.
Die französische Goldschmiedekunst
, deren Patron Eligius (St.-Eloi), Bischof von Noyon, auch der Patron der rheinischen Goldschmiede war, begann
sich erst seit dem 11. Jahrh. zu
heben. Aus dem Mittelalter sind aber nur wenige Erzeugnisse derselben
erhalten. Erst seit der Anwesenheit Cellinis nahm sie einen großen Aufschwung, und sie wurde seit Ludwig XIV. länger als ein
Jahrhundert maßgebend für das ganze Europa,
[* 52] dessen Goldschmiedekunst
ausschließlich im Barock- und Rokokostil arbeitete.
Besonders bevorzugt wurden Tafelgerät, Uhren,
[* 53] Toilettengerät, Schaustücke und Kuriositäten, in deren Ausführung die
Höfe von München und Dresden große Summen verschwendeten. Raimund Falz,
[* 54] Thelot und Dinglinger waren vorzugsweise auf diesen Gebieten
thätig. Seit dem Anfang des 19. Jahrh. begann dann der steife, aus falsch verstandenem Griechentum
abgeleitete Empirestil seinen Einfluß auf die Goldschmiedekunst
zu üben. Eine Reform der Goldschmiedekunst
nahm erst mit der allgemeinen
Reform des Kunstgewerbes unter der Einwirkung der Renaissance seit dem Beginn der 70er Jahre ihren Anfang. Deutschland und Österreich
[* 55] sind hierin erster Linie zu nennen.
[Goldschmiedekunst
der Gegenwart.]
Während früher die Schmucksachen, welche in Hanau, [* 56] Pforzheim, [* 57] Schwäbisch-Gmünd, Stuttgart [* 58] und Berlin fabrikmäßig für den Tagesgebrauch im Inland und für den Massenexport angefertigt wurden, unter dem Bann des französischen Stils des 18. Jahrh. standen, befreiten sich nunmehr die deutschen Juweliere in München, Stuttgart, Frankfurt a. M. und Berlin von dem französischen Geschmack völlig und schlossen sich der deutschen und italienischen Renaissance, insbesondere der erstern, an. Die Bemühungen der Kunstgewerbeschulen und -Vereine und die Publikationen zahlreicher Vorbilder aus den übriggebliebenen Schätzen der Vorzeit, unter welchen wir die »Schatzkammer des bayrischen Königshauses« von v. Schauß, das »Dresdener Grüne Gewölbe« von Grässe und Luthmers »Goldschmuck der Renaissance« erwähnen, sind hier von bestem Einfluß gewesen.
Vornehmlich machten sich aber die Architekten um die Regeneration der Goldschmiedekunst
verdient, indem auch sie sich
von der frühern Gewohnheit, architektonische Monumente in Silber nachbilden zu lassen und die Farbe gänzlich zu verschmähen,
emanzipierten. In Berlin sind besonders die Architekten Heyden, Luthmer, Ende, Orth, denen sich tüchtige Bildhauer und Maler
als Mitarbeiter anschlossen, auf diesem Gebiet für Firmen wie Vollgold, Sy u. Wagner, Meyen u. Ko. thätig
gewesen. In großen Tafelaufsätzen herrscht der freie Geist der Renaissance sowohl in dem architektonischen Aufbau als in der
Ornamentik und in der reichen Färbung, welche durch Mattierung, Oxydierung, Verkupferung und Vernickelung des Silbers, durch
Vergoldung und Emaillierung, durch Einfügung von Perlen, Edelsteinen und Muscheln
[* 59] (besonders Nautilus) erzielt
wird.
Die Färbung des Silbers, bei welcher bis zu vier metallische Farben mit Hilfe des galvanischen Stroms zur Anwendung kommen,
und das translucide Email spielen in der Berliner
[* 60] Goldschmiedekunst
eine hervorragende Rolle. Die Schmucksachen, bei welchen gleichfalls die
frühere Farblosigkeit durch Farbenreichtum verdrängt worden ist, schließen sich meist an die Muster
der deutschen Renaissance an. Mit verschiedenartiger Färbung und Vergoldung des Silbers wird eine besonders reiche Emaillierung,
werden Perlen und farbige Steine in Verbindung gebracht. Während bei den großen Tafelaufsätzen und dem Silbergeschirr das
Treiben zusammen mit dem Gießen wieder aufgenommen worden ist, werden auch bei den kleinern Schmucksachen
die einzelnen Teile und Glieder
[* 61] nicht mehr gepreßt, sondern gegossen. In München ist der Anschluß an die deutsche Renaissance
ein noch engerer
¶
mehr
als in den andern deutschen Hauptsitzen der Goldschmiedekunst.
Man bevorzugt hier mehr die üppigern und reichern Formen der Spätrenaissance
und hat auch schon neuerdings wieder Anschluß an den Barock- und Rokokostil genommen. Die rheinischen Goldschmiede haben
sich noch meist von der Renaissancebewegung fern gehalten, namentlich diejenigen, welche für Kirchen arbeiten.
Die Stärke
[* 63] der rheinischen Goldschmiede liegt in der treuen Nachbildung der alten romanischen und gotischen Arbeiten ihres
Landes, deren verschiedenartige Techniken sie in vollendeter Weise nachzuahmen wissen.
Auch in Österreich ist der Anschluß an die Formen der Renaissance ein vollständiger, und das Streben nach farbiger Wirkung greift nicht bloß in kleinern Schmuckgegenständen, sondern auch an größern Schaustücken und montierten Glas- und Kristallgefäßen immer mehr um sich. Die Erzeugnisse der österreichischen Goldschmiedekunst werden durch die stilvollen Entwürfe von Künstlern besonders geadelt. Mit solchen Arbeiten vermögen diejenigen der französischen Goldschmiedekunst hinsichtlich der Reinheit der Komposition nicht zu konkurrieren.
Während sich die französische Goldschmiedekunst im übrigen nach wie vor auf dem Boden des Geschmacks des 17.-18. Jahrh. (Stil Ludwig XIV und XV) bewegt und daneben nur noch der Antike einen Raum von ziemlich gleicher Größe gewährt, während sie der Farblosigkeit des Silbers huldigt und höchstens spärliche Vergoldungen und translucides Email auf Goldgrund zuläßt, geht sie bei der Montierung von Gefäßen aus Glas, [* 64] Kristall, Lapislazuli u. dgl. von diesem Prinzip ab und sucht nicht nur die Goldfassung durch Emaillierung und Einfügung von Perlen und farbigen Edelsteinen, sondern auch den Glas- und Kristallkörper selbst zu beleben, indem eingravierte Ornamente mit Goldfäden und Email ausgefüllt werden, ähnlich wie es die Japaner bei ihren Bronzearbeiten thun. Diese selbst mit ihren Gold- und Silbereinlagen und ihrem transluciden Email sind sowohl in Frankreich als in Nordamerika [* 65] nachgeahmt worden, ohne daß jedoch dort wie hier die unnachahmliche Grazie, die Zartheit und der feine Natursinn der Japaner erreicht worden sind. Die Goldschmiedekunst von Nordamerika gründet sich ausschließlich auf die virtuose Nachahmung asiatischer und europäischer Formen und Techniken.
Auch in England, wo der wilde Naturalismus sich im Lauf der Zeit etwas gemäßigt hat, lebt die Goldschmiedekunst ausschließlich von der Nachahmung antiker, byzantinischer, chinesischer, japanischer und italienischer Muster (Elkington). Es ist die Folge des Einflusses der in England angehäuften Kunstschätze aus fremden Ländern, welche den Nachahmungstrieb reizen und dadurch der Bildung eines nationalen Stils hinderlich sind. Die Goldschmiedekunst Italiens [* 66] beschränkt sich ausschließlich auf die massenhafte Fabrikation von Schmucksachen, welche in alle Welt exportiert werden und fast durchweg, namentlich in den zierlichen Filigranarbeiten, an nationale Überlieferungen anknüpfen. Es werden entweder antike Motive benutzt, oder der Schmuck, welcher sich unter dem Landvolk seit alter Zeit in ursprünglicher Form erhalten hat, wird kopiert.
Durch A. Castellani in Rom [* 67] ist die Nachahmung antiker Muster in ein festes System gebracht worden. Griechische, etruskische und römische Originale werden mit peinlicher Treue nachgebildet, wobei die hoch entwickelte Technik der italienischen Arbeiter, die sich in ununterbrochener Tradition lebendig erhalten hat, die besten Dienste [* 68] leistet. Das Filigran spielt hier eine hervorragende Rolle. Daneben werden zur Belebung des Goldes Kameen und Email reichlich verwertet.
Der Hauptvorteil, welcher aus diesen Nachahmungen zunächst erwächst, ist der, daß der Geschmacksverwilderung ein Ziel gesetzt worden ist und die Technik ungemein große Fortschritte gemacht hat, welche sie zur Lösung auch der schwierigsten Aufgaben befähigen. Zu den Ländern, in welchen ebenfalls die Filigranarbeit auf Grund volkstümlicher Tradition gepflegt wird, zu Italien, Norwegen [* 69] und Portugal, [* 70] hat sich jetzt auch Dänemark [* 71] gesellt, dessen bedeutendster Goldschmied, Christesen in Kopenhagen, [* 72] teils die aus den altnordischen Gräberfunden gewonnenen Motive auf Schmucksachen in Silberfiligran überträgt, teils die alten Originale, Fibeln, [* 73] Spangen, Armbänder, direkt nachahmt. In Rußland steht die Goldschmiedekunst zum Teil noch unter byzantinischer Herrschaft, zum Teil schließt sie sich an den nationalen Holzbaustil an, dessen Ornamentik und Tektonik ohne Skrupel, erstere mit Hilfe von Email, in Silber und Gold imitiert werden. Daneben zeigen sich aber auch französische Einflüsse und endlich ein ungezügelter Naturalismus.
[Prähistorisches.]
Aus prähistorischer Zeit erscheinen Goldschmuck und Waffen aus Gold im nördlichen Europa schon im Beginn der Metallzeit [* 74] neben der Bronze und verhältnismäßig in Objekten von nicht unbedeutendem Metallwert. Man findet Bronzeschwertgriffe und große Bronzefibeln damit verziert, lange Armspiralen aus dünnem Draht, aber auch Armringe, Halsringe und Diademe [* 75] sowie größere Gefäße, ja selbst Äxte und Beile (Celte) aus massivem Gold. In der sogen. La Tène-Periode treten namentlich in Mitteleuropa keltische Goldmünzen, die sogen. Regenbogenschüsseln (s. d.), und Imitationen klassischer Münzen [* 76] auf.
In der römischen Periode sind, außer Münzfunden die Goldfunde verhältnismäßig spärlich; desto massenhafter aber werden sie in der spätrömischen Zeit, in der Zeit der Völkerwanderung und der darauf folgenden Zeit, und hier zeichnen sich namentlich die untern Donauländer durch die außerordentliche Reichhaltigkeit der Funde zum Teil an schweren Gefäßen mit gotischen und Runeninschriften aus. Nicht minder reich sind die Funde, welche man in Skandinavien gemacht hat, aus der Zeit vom 5. bis 10. Jahrh. n. Chr. herstammend, bestehend in sogen. Goldbrakteaten (Schmuckmedaillons, aus imitierten Kaisermünzen und selbständig geprägten Stücken hergestellt), byzantinischen Münzen und Einzelschmuckstücken, Kolliers, Halsringen, Sporen von kolossalem Gewicht. Nicht so massenhaft, aber dennoch reich war der Schmuck, den uns die Ausbeute der Gräber merowingischer Zeit geliefert hat. Schwertgriffe, Zierplatten, Fibeln, Ohrringe, Gürtelschnallen, meist mit Halbedelsteinen, Granaten [* 77] und Amethysten inkrustiert, waren hier beliebt.
Vgl. Theophilus, Diversarum artium schedula (deutsch von Ilg, Wien 1874);
Cellini, Abhandlungen über die Goldschmiedekunst und die Skulptur (deutsch von Brinckmann, Leipz. 1867);
Th. Germain, Éléments d'orfèvrerie (Par. 1748);
Labarte, Histoire des arts industriels au moyen-âge et à l'époque de la renaissance (2. Aufl., das. 1872-75, 3 Bde.);
Barbet de Jouy, Les gemmes et les joyaux de la couronne au Musée du Louvre (das. 1865);
Lasteyrie, Histoire de l'orfèvrerie (2. Aufl., das. 1877);
Castellani, Dell' oreficeria antica (Flor. 1862);
Derselbe, Dell' oreficeria italiana (Rom 1872);
Davillier, Recherches sur l'orfèvrerie en Espagne (Par. 1879);
Kulmer, Die Kunst des Goldarbeiters (Weimar [* 78] 1872);
Luthmer, Goldschmuck der Renaissance (Berl. 1880);
Derselbe, Der Schatz des ¶