Görz
[* 2] (ital. Gorizia, slowenisch Gorica), seit 1849 mit
Gradisca ein selbständiges Kronland der österreichischen
Monarchie, das den
Titel »gefürstete
Grafschaft Görz
und
Gradisca« führt und mit dem Gebiet von
Triest
[* 3] und
der Markgrafschaft
Istrien
[* 4] ein gemeinsames Verwaltungsgebiet, das
österreichisch-illyrische Küstenland (s. d.), bildet. Die
Landschaft gehörte in frühster Zeit zu Illyricum, später zum Herzogtum
Friaul und hatte mit diesen
Ländern gleiches
Schicksal,
bis sie im 11. Jahrh. zu einer besondern
Grafschaft erhoben ward, welche in der
Familie der Eppensteiner
und seit dem 12. Jahrh. in der der Lurngauer
Grafen von Görz
, einer
Linie der
Grafen von
Pusterthal, erblich war. Im J. 1500, nach
dem Aussterben der
Grafen von Görz
, fiel das Land an
Österreich,
[* 5] mit dem es bis auf eine kurze
Unterbrechung
zur Zeit der französischen
Okkupation 1809-14 vereinigt blieb. Von den (1880) 205,953 Einw.
waren 129,857
Slowenen, 52,567
Friauler, 20,858
Italiener, 2659 Deutsche.
[* 6]
Die gleichnamige Hauptstadt liegt (86 m ü. M.) reizend in einer fruchtbaren, im S. vom Karst, im O. vom Tarnovaner Wald, im N. vom Monte Santo begrenzten Weinebene unweit des Isonzo [* 7] und an der Südbahn und hat, von drei Seiten durch Gebirge beschützt, gegen S. dem Meer zugewendet offen, ein italienisches Klima. [* 8] Unter den Gebäuden sind bemerkenswert: das auf einem isolierten Hügel sich erhebende Schloß der alten Grafen von in der obern oder alten Stadt (jetzt Kaserne), die Domkirche mit einem schönen Sakrarium, die ehemalige Jesuitenkirche und das Jesuitenkollegium (jetzt Kaserne), das Landtagsgebäude, das Munizipalgebäude, der Bischofshof, das Theater [* 9] etc., auch mehrere Paläste und zahlreiche Villen, hat (1880) mit den Vorstädten und dem Militär (1512 Mann) 20,920 Einw. (der Sprache [* 10] nach 13,517 Italiener, 3411 Slowenen und 2149 Deutsche).
Die Haupterwerbsquellen der Bewohner bestehen in bedeutendem
Obst- und Weinbau und sehr lebhaftem
Handel. Die
Industrie ist
durch den großartigen Ritterschen Fabrikkomplex für Mahlprodukte, Baumwollspinnerei und
-Weberei, Florettseidenspinnerei
und Papierfabrikation
[* 11] am
Isonzo, ferner durch die Erzeugung von
Leder,
Seife,
Zündhölzchen und durch
Färberei vertreten. Die
Stadt ist Sitz eines Fürsterzbischofs sowie des
Landtags für Görz
und
Gradisca, einer Bezirkshauptmannschaft und eines Stadtmagistrats,
eines Kreisgerichts, einer
Forst- und Domänendirektion, eines
Hauptzollamts, einer
Handelskammer, einer
Ackerbaugesellschaft,
hat ein Obergymnasium, eine
Oberrealschule, ein Zentralseminar mit theologischem
Studium und
Knabenseminar, eine Lehrerinnenbildungsanstalt,
eine Zeichen- und Modellierschule, eine
Landes-Ackerbauschule, eine Studienbibliothek, ein Damenstift
und mehrere Klöster, eine
Taubstummenanstalt, eine
Seiden- u. Weinbau-Versuchsstation, eine
Sparkasse, eine
Volksbank, eine
Gasanstalt etc. Unweit Görz
, auf der
Höhe oberhalb der Stadt, befindet sich das Franziskanerkloster Castagnavizza mit den
Gräbern
des vertriebenen
Königs von
Frankreich,
Karl X. (gest. 1836), seines
Sohns, des
Herzogs von
Angoulême (gest.
1844), und dessen Gemahlin (gest. 1851), welche sich (seit 1836) in Görz
aufhielten,
sowie des
Grafen
Heinrich von
Chambord (gest. 1883). Neuerdings ist Görz
als klimatischer
Kurort in
Ruf gekommen (mittlere Jahrestemperatur
12,95,° mittlere Wintertemperatur 3,47° C.).
Vgl. v.
Czoernig, Das Land Görz
und
Gradisca
(Wien
[* 12] 1873);
Derselbe, Die
Stadt Görz
als klimatischer
Kurort (das. 1874);
Schatzmayer, Der klimatische
Kurort Görz
(das. 1886).