Titel
Gnesen.
1) Kreis [* 2] im preuß. Reg.-Bez. Bromberg, [* 3] hat 558,79 qkm, (1890) 42482 (21671 männl., 20811 weibl.) E., 2 Städte, 91 Landgemeinden und 73 Gutsbezirke. –
2) Gnesen
, poln. Gniezno, Kreisstadt im
Kreis Gnesen
, 48 km nordöstlich von
Posen,
[* 4] an den Linien
Posen-Thorn, Gnesen-Öls
(160 km) und
der
Nebenlinie
Gnesen-Nakel (75 km) der
Preuß. Staatsbahnen,
[* 5] zwischen Hügeln und Seen, ist Sitz des Landratsamtes, eines Landgerichts
(Oberlandesgericht
Posen) mit 5
Amtsgerichten (Gnesen
,
Mogilno,
Tremessen, Wongrowitz, Wreschen), eines Amtsgerichts,
Zoll- und
Steuer-,
Kataster-, Proviantamtes, einer Eisenbahnbau-, Kreisbau- und Wegebauinspektion, eines Generalkonsistoriums und Domkapitels
der Erzdiöcese Gnesen
-Posen, einer Reichsbanknebenstelle sowie des Kommandos der 8. Infanteriebrigade.
Die Stadt hat (1890) 18088 (9890 männl., 8198 weibl.) E. (zur Hälfte Polen), darunter 6327 Evangelische und 1351 Israeliten, in Garnison (2598 Mann) das 49. Infanterie- und das 12. Dragonerregiment, Postamt erster Klasse mit Zweigstelle, Telegraph; [* 6] eine evang., 9 kath. Kirchen, darunter den 965 gegründeten Dom mit kostbaren Gemälden, schönen Kapellen, dem prächtigen, von Rauch modellierten Grabmal des heil. Adalbert und vielen andern Kunstschätzen, eine Synagoge, ein erzbischöfl.
Palais; ein erzbischöfl. Priesterseminar, königl. simultanes Gymnasium (Direktor Dr.
Schröer, 20
Lehrer, 11
Klassen, 349
Schüler, 1 Vorklasse, 28
Schüler), höhere Mädchenschule, Waisen-,
Kranken- und Siechenhaus;
Kreissparkasse, Darlehnskasse und Vorschußverein. Ferner bestehen ein königl. Landgestüt
(bedeutende Pferdemärkte), 2 Maschinenfabriken, eine Zuckerfabrik, Lederfabriken, 3
Brauereien, Mehl-,
Schneide- und
Ölmühlen, Dampfmolkerei und die Friedrichs-Heilquelle mit Badehaus. Gnesen
ist Sitz der 5. Sektion der
Schlesisch-Posenschen
Baugewerksberufsgenossenschaft. – Gnesen
ist eine der ältesten
Städte des ehemaligen Königreichs
Polen und wurde der Sage nach 550 vom
König
Lech gegründet. Um 990 lebte der heil.
Adalbert als
Bischof hier; zu seinem
Grabe wallfahrtete im
J. 1000
Kaiser
Otto III. und gründete das Erzbistum; der Erzbischof war als Primas und erster Reichsstand von
Polen bei Thronvakanzen
Reichsverweser bis zur neuen
Wahl. Im Mittelalter war Gnesen
eine Zeit lang Residenz und bis 1320 Krönungsort der Könige. Es
erhielt
deutsches Recht vor 1262. Von 1655 bis 1656 war in den
Händen der
Schweden.
[* 7] Wiederholt wurde die
Stadt, so 1655, 1760 und 1819, durch
Brände heimgesucht. Der Sitz des Erzbischofs ist jetzt in
Posen (s. d.).