Glücksspiele
(Hasardspiele), alle diejenigen
Spiele mit
Karten,
Würfeln,
Kugeln,
Losen, Nummern etc., bei welchen (nach
einer neuern
Entscheidung des
Reichsgerichts)
Gewinn oder Verlust allein oder hauptsächlich vom
Zufall abhängen
und nicht die größere oder geringere Geschicklichkeit des Spielenden den
Ausschlag gibt. Sie werden meist des
Gewinnes wegen,
selten mit niedrigen Einsätzen zur Unterhaltung gespielt.
Ihre Zahl ist sehr groß. Man kann sie in
Privat- und öffentliche
Glücksspiele
einteilen. Zu jenen sind alle diejenigen Glücksspiele
zu rechnen, welche
meist nur in Privatzirkeln oder, wenn an öffentlichen
Orten, gegen das obrigkeitliche Verbot gespielt werden, als:
Vingt-un,
Onze et demi,
Landsknecht,
Pharo,
Lotto,
Rouge et noir,
Trente et quarante,
Tempeln,
»Meine, deine
Tante«,
»Kümmelblättchen«, die
verschiedenen
Arten der Würfelspiele etc. Zu diesen dagegen gehören die vom
Staat sanktionierten, entweder
von ihm selbst veranstalteten oder gegen
Pacht Privatunternehmern überlassenen Glücksspiele
, als: das genuesische oder Zahlenlotto,
die
Klassenlotterie, die Lotterieanleihen (s.
Lotterie), das Promessenspiel und die
Roulette.
Die Glücksspiele
, namentlich die erstern sowie die
Roulette, haben noch das
Charakteristische, daß für die eine
Partei (den Bankhalter)
mehr
Wahrscheinlichkeit des Gewinnens vorhanden ist als für die andre, was sich für die einzelnen Glücksspiele
durch
Zahlen nachweisen läßt. Die höhere oder geringere
Wahrscheinlichkeit läßt sich vermöge der Wahrscheinlichkeitsrechnung
mathematisch bestimmen, und es ist dieselbe bei manchen dieser
Spiele (z. B. der
Roulette) ganz unmäßig groß auf seiten
des sogen.
Bankiers und unverhältnismäßig klein auf seiten der Spielenden.
Auch hat der Bankhalter den Vorteil, daß er nicht so sehr wie sein Gegenpart (der
Pointeur) den Einwirkungen der
Leidenschaften
ausgesetzt ist, abgesehen davon, daß viele unergründliche Betrügereien ausgeübt werden können und ausgeübt werden,
durch welche der
Pointeur, selbst der spielkundige, von den professionierten Spielern übervorteilt wird.
Die
Höhe des
Spiels ist im ganzen gleichgültig, obgleich es sich bei den Glücksspielen
meist um größere
Summen handelt
als bei andern
Spielen.
Der verderbliche Einfluß, den alle
Arten von Glücksspielen
nicht nur auf den Vermögensstand, sondern auch auf die
Sittlichkeit
ausüben, ist längst allgemein anerkannt.
Schon nach römischem
Rechte durften Spielschulden nicht eingeklagt
werden; auch konnte das Verlorne vor
Gericht zurückgefordert werden, und das
Haus, in welchem Glücksspieler
auf der That
betroffen wurden, unterlag der
Konfiskation. Nach dem ältern deutschen
Recht galten Spielgeschäfte als erlaubte
Geschäfte,
und es konnte das Verlorne nicht allein nicht zurückgefordert, sondern auch von dem Gewinnenden eingeklagt
werden. Indessen drang schon im 14. Jahrh., mehr aber noch im 16. und 17. Jahrh.
¶
mehr
die Ansicht durch, daß das hohe und übermäßige Spiel, besonders auf Borg, bei Strafe verboten sei, und man gelangte auf
diese Weise zur Unterscheidung, zwischen verbotenen und erlaubten Spielen, die sich weniger auf die Art als auf die Höhe derselben
bezog. Man hielt dabei immer den Grundsatz fest, daß Spielschulden nicht klagbar seien. Die neuere Gesetzgebung
in betreff der Glücksspiele
ist in den verschiedenen europäischen Staaten eine verschiedene. Während in einigen Staaten die Glücksspiele
erlaubt
oder wohl gar zum Vorteil des Staats verpachtet sind, indem man öffentlich betriebenes Glücksspiel für minder verderblich
hält als insgeheim betriebenes, wobei der Betrügerei ein weit größerer Spielraum geöffnet ist, haben
andre Staaten alle Glücksspiele
verpönt. So sind in Frankreich, wo es früher in fast allen größern Städten privilegierte Spielhäuser
gab, dieselben seit geschlossen, weshalb sich die französischen Bankhalter Benazet, die Gebrüder Blanc u. a. nach
Deutschland
[* 3] wandten. In Deutschland war Preußen
[* 4] bereits vor der Märzrevolution (1848) mit der Aufhebung
der Spielbanken vorangegangen.
In den 1866 annektierten Ländern wurde den dort auf Grund von Verträgen mit den frühern Regierungen errichteten Spielbanken die Fortdauer bis zum Schluß des Jahrs 1872 gestattet. Sie hatten dabei die Bedingung zu erfüllen, daß ein bedeutender Teil des Reingewinns der Banken zur Bildung eines Kur- und Verschönerungsfonds für die beteiligten Städte angesammelt ward. So hörte zufolge des Bundes- (Reichs-) Gesetzes vom mit Ende 1872 das Spiel auf in den Bädern Baden-Baden, [* 5] Homburg, [* 6] Wiesbaden, [* 7] Ems, [* 8] Nauheim, Pyrmont.
Nach den § 284 und 285 des deutschen Strafgesetzbuchs werden die gewerblichen Glücksspieler
und diejenigen
Inhaber eines öffentlichen Versammlungsortes bestraft, welche daselbst Glücksspiele
gestatten oder zur Verheimlichung
solcher Spiele mitwirken. Auf Einziehung des zum Glücksspiel aufgelegten Geldes kann erkannt werden. Auch das Spielen in auswärtigen
Lotterien ist vielfach verboten, so z. B. in Preußen durch Verordnung vom (s. Lotterie). Die Veranstaltung
öffentlicher Lotterien und Ausspielungen ist an die obrigkeitliche Erlaubnis geknüpft.
Nach der deutschen Gewerbenovelle von 1883 ist das Feilbieten von Waren im Umherziehen in der Art, daß die Waren versteigert oder im Weg des Glücksspiels oder der Auslosung abgesetzt werden, verboten. Wichtig ist endlich die Entscheidung des Reichsgerichts vom wonach das sogen. Buchmachen bei Pferdewettrennen und das Wetten am Totalisator als Glücksspiel zu betrachten ist. Bekannte Spielbankorte im Ausland waren Spaa in Belgien, [* 9] Saxon im Schweizer Kanton Wallis; [* 10] jetzt wird nur noch in Monaco [* 11] gespielt. In Nordamerika [* 12] bestehen, besonders in New York und San Francisco, unter den Augen der Polizei zahlreiche Spielhöllen.
Vgl. Schuster, Das Spiel, seine Entwickelung und Bedeutung im deutschen Recht (Wien [* 13] 1878);
Endemann, Beiträge zur Geschichte der Lotterie und zum heutigen Lotterierecht (Bonn [* 14] 1882).