Glocke
(aus mittellat. clocca), ein hohles metallenes Gerät in Gestalt eines
stumpfen, unten auswärts gebogenen
Kegels, mit einem Klöppel versehen, welcher durch
Anschlagen an die Glocke
nwand einen
Schall
[* 3] hervorbringt. Das zu den meisten Glocke
und fast immer zu größern Kirchenglocken benutzte Metall,
Glockenmetall,
Glockengut
oder
Glockenspeise genannt, ist meist eine
Legierung aus ungefähr 80
Teilen Kupfer
[* 4] mit 20
Teilen Zinn, also
eine ziemlich zinnreiche und deshalb harte
Bronze.
[* 5]
Sonstige Metalle, der
Legierung zugesetzt, vermögen niemals eine
Veredelung derselben zu bewirken, erzeugen aber fast immer
erhöhte
Sprödigkeit. Da in ältern
Zeiten die Meinung verbreitet war, daß durch einen Zusatz von
Silber
zur
Glockenspeise der
Klang der ein schönerer und reinerer werde, pflegte das gläubige
Volk beim Gießen
[* 6] einer Kirchenglocke
Silbergegenstände gleichsam als Opfergabe darzubringen. In neuerer Zeit hat man jedoch in England durch Gießen von vier
Glocke
aus verschiedenen
Legierungen
(die erste aus reinem
Glockengut, die andern mit steigendem Silberzusatz)
bewiesen, daß das
Silber den
Ton der Glocke
keinesfalls verbessert, sondern verschlechtert. Da ferner trotz der sorgfältigsten
Analysen in alten Glocke
sich kein
Silber nachweisen ließ, ist anzunehmen, daß die Öffnung des Schmelzofens, in welche die gläubige
Menge ihr
Silber hineinwarf, gar nicht zu der eigentlichen Schmelzmasse führte.
Über das Gießen der
Glocken s. Formerei.
[* 7]
Stärke (natürliches Vo

* 8
Stärke. Jede größere hat oben einen Kreuzhenkel, die sog.
Krone, mit welchem sie im
Glockenstuhl (s. d.) befestigt wird. Gewöhnlich
ist für die zu gießende Glocke
das Gewicht und die Tonhöhe vorgeschrieben und die Abmessungen der Glocke müssen
dieser Vorschrift entsprechen. Die Tonhöhe wird durch die
Größe der Glocke
und durch die
Stärke
[* 8] des Schlagrings
(desjenigen
Teils, an den der Klöppel schlägt) bestimmt. Je größer die Glocke
ist, desto tiefer ist im allgemeinen ihr
Ton. Meist sind auf den Kirchtürmen ganze Geläute, d. h. eine größere Anzahl von Glocke
, vorhanden,
die untereinander in einem bestimmten Tonverhältnis stehen, sodaß das Geläute aller Glocke
harmonisch
zusammenklingt. Die Glocke eines vierstimmigen Geläuts geben den Grundton, die
Terz,
Quinte und Oktave an; ihre Durchmesser verhalten
sich wie die
Zahlen 2, 1 3/5, 1 ⅓, 1; ihre Gewichte ungefähr wie 8, 4 1/10, 2 4/10, 1.
Stahlglocken, zuerst von der Bochumer Gußstahlfabrik geliefert, haben in neuerer Zeit in Fabriken eine nicht seltene, für Kirchenbauten aber nur vereinzelte Anwendung gefunden. Bronzeglocken bleiben jahrhundertelang brauchbar; Stahlglocken sind dem Rosten unterworfen. Dieser Umstand muß Bedenken gegen ihre Anwendung für kirchliche Zwecke erwecken.
Stahlstabgeläute, billiger als Glocke, sind in Nordamerika [* 9] und England vereinzelt angewendet worden, in Deutschland [* 10] nur in Bergwerken. Ihr Ton ist zwar sehr rein und hell, aber nicht weit genug vernehmbar.
In Deutschland bestehen etwa 85 Glockengießereien; Hauptplätze dafür sind Nürnberg, [* 11] München, [* 12] Berlin, [* 13] Dresden, [* 14] Augsburg, [* 15] Würzburg, [* 16] Kempten. [* 17]
Ägypten etc

* 18
Ägypten.Geschichtliches. Schon früh bediente man sich der Cymbeln, Schellen und Handklingeln zu religiösen Gebräuchen. In Ägypten [* 18] wurde das Osirisfest durch Glockenspiel verkündet; bronzene Glöckchen wurden in Assyrien gefunden, solche von Gold [* 19] trugen Aaron und die Hohenpriester der Juden am Saum des Oberkleides ihrer Amtstracht, und in Athen [* 20] bedienten sich der Glocke die Kybelepriester bei ihren Opfern. Auch die Römer [* 21] kannten für die Ankündigung öffentlicher Versammlungen den Gebrauch von Glocke (tintinnabula) und nach Sueton ließ Augustus eine solche vor dem Tempel [* 22] des Jupiter aufhängen.
Für die christl. Kirche lag eine gleiche Verwendung sehr nahe. Doch ist nicht bekannt, daß in den ersten Jahrhunderten die gottesdienstlichen Versammlungen der Christen durch irgend ein tönendes Zeichen angekündigt worden wären. In Klöstern bediente man sich wohl, um die Gebetsstunden (s. Hora canonica) anzusagen, der Tuben oder mit dem Hammer [* 23] zu schlagender Holz- oder Metallplatten. Erst im 6. Jahrh. werden Glocke ausdrücklich erwähnt im Frankenreiche und auf den brit. Inseln. Zur Zeit Karls d. Gr. waren sie schon ziemlich verbreitet, auch bestand bereits ein Ritus der Glockenweihe (s. d.).
Köln

* 24
Köln.Die ältesten Glocke waren von geringem Umfang, wurden nicht gegossen, sondern geschmiedet. Das älteste Exemplar ist wohl der sog. «Saufang» im städtischen Museum zu Köln. [* 24] Erst seit dem Anfang des 14. Jahrh. wuchsen sie zu mächtiger Größe an, nachdem man schon vorher zum Guß übergegangen war. Die berühmten Glockengießerfamilien zu Nürnberg und Augsburg datieren aus dem 14. Jahrh.; im 15. Jahrh. war Ghert van Wou aus Kämpen in Holland, desgleichen die Familie Klinge (Klinghe), die vorzüglich im nordwestl.
Deutschland thätig war, berühmt. Die älteste datierte Glocke ist die des Doms zu Siena von 1159 und in Deutschland die der St. Burkardskirche in Würzburg von 1249. Zu den größten Glocke gehört die des Kreml zu Moskau [* 25] von 1533, 4320 Ctr. schwer, welche beim Brande herunterfiel und in der Erde lag, bis sie 1836 auf einen 1 m hohen Granitsockel neben dem «Iwan Welikij» genannten Glockenturm gehoben wurde;
ferner die auf dem Turme Iwan Welikij selbst, 1000 Ctr. schwer und 1819 gegossen;
Kölner Dom [unkorrigie
![Bild 60.503: Kölner Dom [unkorrigiert] Bild 60.503: Kölner Dom [unkorrigiert]](/meyers/thumb/60/60_0503.jpeg)
* 26
Kölner.die Kaiserglocke auf dem südlichen der beiden Westtürme des Kölner [* 26] Doms, 543 Ctr. schwer;
die Hauptglocke der Peterskirche zu Rom, [* 27] 380 Ctr. schwer;
die Glocke auf dem mittlern Domturme zu Olmütz [* 28] in Mähren, [* 29] 358 Ctr. schwer;
die Josephinische Glocke des Stephansdoms zu Wien, [* 30] 354 Ctr. schwer;
die Glocke auf Notre-Dame zu Paris, [* 31] 340 Ctr schwer;
die große Glocke Maria gloriosa, des Doms in Erfurt, [* 32] 275 Ctr. schwer.
Inschriften und Ornamente, [* 33] zuweilen auch Bildwerke, wurden schon in roman. Zeit auf den Glocke angebracht. Jene sind fast ausnahmslos religiösen Inhalts oder sie geben Auskunft über den Gießer und den Guß. –
Vgl. Otte, Glockenkunde (Lpz. 1858);
Zehe, Histor. Notizen über die Glockengießerkunst des Mittelalters (Münster [* 34] 1857);
Schönermark, Die Altersbestimmung der Glocke (Berl. 1889).