Gleichheit
(Aequalitas), in der
Logik Einerleiheit von
Dingen in Ansehung der
Größe. Insofern aber der
Begriff der
Größe
nicht bloß extensiv, sondern auch intensiv zu fassen ist, kann auch den
Dingen beigelegt werden, wenn sie in Ansehung solcher
Eigenschaften miteinander übereinstimmen, auf welche der
Begriff der intensiven
Größe Anwendung findet, und in diesem
Sinn
spricht man von Gleichheit
der
Kraft,
[* 3] Kenntnis, Fertigkeit etc. Vollkommene Gleichheit
findet, wie
Leibniz richtig bemerkt und durch die
Aufstellung des
Prinzips von der Einerleiheit des Nichtzuunterscheidenden (de identitate
indiscernibilium) zum
Denkgesetz erhoben hat, niemals statt; wenn aber die Unterschiede so klein sind, daß sie nicht bemerkt
werden, wie z. B. wenn ein
Mensch um eine
Linie länger ist als ein andrer, so nehmen wir mit
Recht an.
Absolute Gleichheit
kann einem
Ding nur beigelegt werden, insofern
man es mit sich selbst vergleicht, nach dem
Grundsatz: jedes
Ding ist
sich selbst gleich, A=A.
In der
Arithmetik versteht man unter Gleichheit
eine derartige Übereinstimmung zweier
Größen, daß man die eine statt der andern
setzen kann. Das Zeichen dafür ist =, z. B. 5+3=8; 5-3=2. In der
Geometrie bedeutet Gleichheit
die Übereinstimmung
ebener
Figuren in ihrer
Fläche oder die Übereinstimmung von
Körpern im
Volumen. Es können hiernach auch ebene
Figuren und
ebenso
Körper verschiedener Art, z. B. ein
Dreieck
[* 4] und ein
Kreis,
[* 5] ein
Prisma
[* 6] und eine
Kugel einander gleich
sein.
Im
Rechts- und Staatsleben versteht man unter Gleichheit
die gleichmäßige Anwendung der Rechtsgrundsätze auf alle
Staatsangehörigen. Man pflegt diesen
Grundsatz regelmäßig unter den sogen. allgemeinen
Menschenrechten mit aufzuführen,
und in verschiedenen deutschen Verfassungsurkunden, wie z. B. in denjenigen von
Bayern,
[* 7]
Sachsen
[* 8] und
Baden,
[* 9] ist die Gleichheit
vor dem
Gesetz ausdrücklich gewährleistet.
Beispiele für die Minderung und gänzliche Aufhebung der Rechtsfähigkeit und damit auch
der Gleichheit
vor dem
Gesetz liegen vor in der
Sklaverei des
Altertums und
Amerikas, in der
Leibeigenschaft und in dem Unterschied, welchen
die Standesverhältnisse und die Verschiedenheit der
Religion bis in unser
Jahrhundert in Ansehung der
rechtlichen Behandlung der Einzelnen begründeten. Erst durch das nunmehrige deutsche
Reichsgesetz vom ist die Gleichberechtigung
der
Konfessionen
[* 10] in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung für alle Teile des
Deutschen
Reichs sanktioniert worden.
Am vollständigsten ist das
Prinzip der Gleichheit
auf dem Gebiet des
Privatrechts durchgeführt, auf welchem der
Mensch als Einzelner
¶
mehr
seinen Mitmenschen als Einzelnen gegenübersteht. Hier ist selbst der Unterschied zwischen Inländern und Ausländern so
gut wie verwischt, indem letztere rücksichtlich ihrer Rechtsgeschäfte und Rechtsverhältnisse, soweit solche privatrechtlicher
Natur, nach ebendenselben Prinzipien wie die Inländer behandelt werden. Sogar der Souverän und der Staat selbst erscheinen
in Ansehung ihrer privatrechtlichen Verhältnisse als Privatpersonen. Die Gleichheit
vor dem Gesetz wird auch keineswegs
dadurch beeinträchtigt, daß das Gesetz auf gewisse Lebensverhältnisse, Geschlecht, Alter, die geminderte Handlungsfähigkeit
gewisser Personen, besondere Rücksicht nimmt, daß es die Frauen, den sozialen Verhältnissen entsprechend, von öffentlichen
und Gemeindeämtern ausschließt, daß es unmündige und unzurechnungsfähige Personen bevormundet u. dgl.
Im Gegenteil würde eine gleiche Behandlung aller Personen in dieser Beziehung zur Ungleichheit
führen, da die Lebensverhältnisse
derselben nicht die gleichen sind.
Was dagegen das Gebiet des öffentlichen Rechts anbelangt, so liegt es zunächst in der Natur der Sache, daß nur der Staatsbürger,
welcher zu den Lasten des Staats mit beiträgt, auch der Rechte, welche die Staatsverfassung garantiert,
teilhaftig und der Ausländer also hiervon ausgeschlossen ist. Im übrigen aber hat die moderne Gesetzgebung auch auf diesem
Gebiet den Grundsatz der Gleichheit
mehr und mehr zur Ausführung gebracht. Wir erinnern nur an die gleichmäßige Heranziehung
aller Staatsangehörigen zu den öffentlichen Lasten, an die allgemeine Wehrpflicht und an den Grundsatz,
daß die öffentlichen Ämter allen dazu Befähigten ohne Ansehung des Standes zugänglich sein sollen.
Eine Sonderstellung kommt heutzutage nur dem Souverän und seiner Familie sowie in Deutschland
[* 12] den Mitgliedern des sogen. hohen
Adels (s. Adel) zu, namentlich in Ansehung der Mitgliedschaft der sogen. Standesherren in der Ersten Kammer
und der Berechtigung zur Abschließung standesmäßiger und sogen. morganatischer Ehen (s. Ebenbürtigkeit). Andre Bevorzugungen
gewisser Klassen in Ansehung der aktiven und passiven Wahlrechte, z. B. der Einkommensteuerpflichtigen und der Großgrundbesitzer,
bestehen zwar noch nach manchen Verfassungsurkunden; doch fehlt es nicht an Bestrebungen, auch hier eine
völlige Gleichheit
herbeizuführen.