Titel
Gleichen
,
1) drei alte, auf ebenso vielen benachbarten
Bergen
[* 2] in
Thüringen gelegene
Schlösser. Die eigentliche
Burg
(auch das
Wanderslebener
Schloß genannt), 372 m ü. M., liegt im preußischen Regierungsbezirk und
Landkreis
Erfurt,
[* 3] unfern des
Fleckens
Wandersleben, auf einem kegelförmigen
Berg. Das Hauptgebäude ist ziemlich verfallen;
erhalten sind noch ein an 22 m hoher
Turm an
[* 4] der äußersten östlichen
Ecke, Überbleibsel von hohen Ringmauern
und
Keller. Mit
Bestimmtheit wird dieses
Schlosses erst 1088 gedacht, in welchem Jahr es von
Kaiser
Heinrich IV. belagert, aber
vom
Markgrafen Eckbert II. erfolgreich verteidigt wurde.
Später wurden die
Grafen von
Tonna mit der
Burg
belehnt, die seit
Erwin (gest. 1193) davon den
Namen
Grafen von Gleichen
annahmen und seit 1416 in die beiden
Linien Gleichen
-Blankenhain
und Gleichen
-Tonna zerfielen.
Merkwürdig ist besonders
Ernst,
Graf von Gleichen
, der, wie die
Sage berichtet, auf dem Kreuzzug von 1228 in
Palästina
[* 5] in türkische
Gefangenschaft geriet und als Sklave verkauft wurde. Die schöne Tochter seines
Herrn, Melechsala, liebte
ihn und entfloh mit ihm. In
Venedig
[* 6] erfuhr der
Graf, daß seine
Gattin noch am
Leben sei, eilte daher nach
Rom und
[* 7] erwirkte sich
vom
Papste
Dispens, zwei
Frauen zu haben. Die Türkin ließ sich taufen und ward mit dem
Grafen getraut,
die frühere
Gattin aber, eine Gräfin von
Käfernburg oder
Orlamünde, nahm das
Paar freundlich auf.
Der angebliche Grabstein des Grafen, früher in der Klosterkirche auf dem Petersberg in Erfurt, befindet sich jetzt im Dom daselbst. Übrigens hat die historische Forschung die Erzählung von der durch päpstlichen Dispens legitimierten Doppelehe längst in das Gebiet romantischer Fabeln verwiesen, aus welchem Musäus sie für sein Volksmärchen »Melechsala« entnahm.
Vgl. H.
Döring, Der
Graf von Gleichen
, romantische Volkssage (Gotha
[* 8] 1836).
Nach dem Aussterben der
Grafen von Gleichen
(1631) kam die
Burg an die
Grafen von
Hatzfeld. Nach deren Erlöschen 1794 fiel die
untere
Grafschaft, zu welcher das
Schloß Gleichen
gehörte, an den
Kurfürsten von
Mainz
[* 9] als Lehnsherrn zurück; 1803 aber ward sie
samt dem
Fürstentum
Erfurt dem preußischen
Staat einverleibt. Das
Schloß Gleichen
war während der französischen
Okkupation eine
Zeitlang im
Besitz der damaligen
Universität
Erfurt und wurde später von König
Friedrich
Wilhelm III. dem
Generalleutnant v.
Müffling geschenkt. - Das zweite
Schloß, nach dem am westlichen
Fuß des
Bergs liegenden
Flecken
Mühlberg
die
Mühlberger
Gleiche genannt, 399 m ü. M., gewährt mit seinem
Mauerwerk und dem gegen 22 m hohen
Turm einen malerischen
Anblick. Auch diese
Burg, zuerst urkundlich 704 erwähnt, ward 1087 von
Kaiser
Heinrich IV. vergeblich belagert.
Nach dem Aussterben der gräflichen
Familie, welche sie seit dem 12. Jahrh. von
Mainz zu
Lehen besaß, befand sie sich abwechselnd
im
Besitz der
Grafen von
Henneberg und
Schwarzburg.
[* 10] Um 1357 ward sie an
Erfurt verkauft und kam nach mancherlei
Geschicken 1803 mit
dem Gebiet von
Erfurt an
Preußen.
[* 11] - Das dritte
Schloß, die
Wachsenburg, im Gothaischen, 414 m ü. M., 3 km
vom
Mühlberg, ist am besten erhalten und noch bewohnt. Es soll um 935 von Megingod,
Abt zu
Hersfeld,
[* 12] erbaut worden sein.
Später
belehnte das
Stift
Hersfeld damit die
Grafen von
Schwarzburg, welche 1306 die
Burg als
Eigentum erwarben, aber
schon 1368 an die
Landgrafen von
Thüringen wieder verkauften. Von da an blieb sie bei den sächsischen Fürstenhäusern und
kam 1640 an Gotha.
Vgl. Hellbach,
Archiv der
Grafschaft Gleichen
(Altenb. 1805);
Polack,
Wachsenburg,
Mühlberg und Gleichen
(Gotha 1859).
2) Zwei Bergkegel südöstlich von
Göttingen,
[* 13] 425 und 428 m hoch, dicht bei einander liegend, mit den
Burgtrümmern Neuen-Gleichen
und
Alten-Gleichen, werden besonders von
Göttingen aus viel besucht.
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