Titel
Glaukos
,
1) (Glaukos
Pontios) ein Meergott der alten Griechen. In der Argonautensage erscheint er als
Fischer in der böotischen Seestadt Anthedon, Erbauer und
Steuermann der
Argo, der nach der
Schlacht der
Argonauten mit
den
Tyrrhenern auf wunderbare
Weise zu der
Würde eines
Gottes gelangte und dem
Iason weissagte.
Als er nämlich einst
Fische,
[* 2] die
er auf das
Ufer warf, durch die Berührung der daselbst wachsenden
Kräuter plötzlich so munter werden sah, als wären sie
im
Wasser,
aß er auch von diesen Kräutern und wurde durch deren
Genuß in eine solche
Begeisterung versetzt,
daß er in das
Meer sprang, wo ihn
Okeanos und
Tethys in eine Meergottheit umwandelten.
Andre berichten, Glaukos
habe sich aus
Liebe zu dem jugendlichen Meergott
Melikertes in die
See gestürzt;
ja, man identifizierte ihn
geradezu mit demselben. Als Seegottheit hat er die
Gabe der
Weissagung.
Sein gewöhnlicher Aufenthalt sollte
auf der
Insel
Delos sein. Auf vielen
Inseln und
Küsten
Griechenlands genoß er Verehrung als ein freundlicher und milder, gegen
alle Schiffbrüchigen zur
Hilfe bereiter Gott. Auch Gegenstand dramatischer
Darstellungen ward Glaukos;
dahin gehört vor allen
der Glaukos
des
Äschylos. Auf Bildwerken erscheint er in tritonenartiger Gestalt; sein Äußeres ist rauh
und zottig, die
Brust mit
Seetang und
Muscheln
[* 3] bewachsen,
Haupt- und Barthaar von üppiger
Fülle.
Vgl. Gädechens, Glaukos
, der Meergott
(Götting. 1860);
Voß, Mythologische Briefe, Bd. 2 (2. Aufl., Stuttg. 1827).
2) Sohn des kretensischen
Königs
Minos und der
Pasiphae.
Als er einst als
Knabe eine
Maus verfolgte, fiel
er in ein Honigfaß und starb. Vergebens suchte ihn sein
Vater, bis endlich der
Seher Polyidos ihn entdeckte.
Minos verlangte
zufolge eines
Orakels von Polyidos, daß
er den gefundenen
Leichnam wieder lebendig mache, und ließ ihn zu diesem Behuf mit
dem
Leichnam einschließen. Da beobachtete der
Seher, wie eine von ihm getötete
Schlange
[* 4] durch ein ihr
von einer andern
Schlange aufgelegtes
Kraut wieder lebendig ward. Durch dasselbe
Kraut brachte nun Polyidos auch den
Knaben wieder
zum
Leben und gab ihn seinem
Vater zurück, worauf dieser von ihm verlangte, er solle seinem Sohn die Weissagekunst
lehren. Gezwungen that er es, aber bereit abzusegeln, hieß er Glaukos
ihm in den
Mund spucken; dieser that also und verlor augenblicklich
seine Seherkunst wieder.
3) Sohn des Königs Sisyphos von Korinth [* 5] und der Merope, Gemahl der Eurymede, Vater des Bellerophon, [* 6] ward bei den Leichenspielen des Pelias in Iolkos von seinen wütenden Rossen vom Wagen geschleudert und zerfleischt und galt seitdem für einen Dämon, Taraxippos (»Rossescheucher«),
der bei den Isthmischen Spielen die Rosse scheu machte.
4) Urenkel des vorigen, Enkel des
Bellerophon, Sohn des Hippolochos,
Fürst der Lykier, die er im Trojanischen
Krieg dem
Priamos
zu
Hilfe führte. Hier gehörte er zu den tapfersten Kriegern auf troischer Seite und erneuerte mit
Diomedes
den von ihren
Vätern geschlossenen Freundschaftsbund durch den
Tausch der
Rüstung
[* 7]
(»Ilias«, VI, 119 ff.). Als die Troer die
hellenischen Lagerbefestigungen stürmten, war Glaukos
mit
Sarpedon der erste auf der Mauerbrüstung; später erscheint er als
Beschützer des von
Aias verwundeten
Hektor und als Rächer des von den
Hellenen getöteten
Sarpedon. Er selbst wurde von
Aias
getötet.