[* 2] (hierzu die Tafeln »Glasfabrikation
[* 3] I u.
II«),
eine durch
Schmelzen erzeugte, bei hoher
Temperatur dünnflüssige, beim Erkalten allmählich aus
dem zähflüssigen in den starren Zustand übergehende, vollständig amorphe
Masse, welche aus
Verbindungen der
Kieselsäure
mit mindestens zwei
Basen besteht und in
Wasser unlöslich ist. Der
Begriff des Glases ist keineswegs ein nur chemischer; es
gibt sehr viele
Verbindungen von
Kieselsäure mit mehr als einer
Base, welche darum durchaus nicht Glas sind.
Zum
Begriff des Glases gehört vielmehr auch die physikalische
Beschaffenheit, der vollkommen amorphe Zustand, mit welchem
die
Substanz auch den
Charakter des Glases vollständig verliert. Die verschiedenen Glassorten sind auch keine chemischen
Verbindungen;
sie enthalten allerdings bestimmte
Kieselsäuresalze, diese aber besitzen in hohem
Grade die
Eigenschaft,
im feurigen
Fluß einander aufzulösen und in diesem Zustand des gleichförmigen
Gemenges zu erstarren; selbst völlig heterogene
Körper können in das Glas eingehen, ohne daß dadurch seine wesentlichen
¶
Das spezifische Gewicht des Glases schwankt für Alkalikalkgläser zwischen 2,4 und 2,6;
bei Alkalibarytgläsern steigt es auf 2,9, bei Alkalibleigläsern auf 3,0
bis 3,8. MancheGläser werden schon beim gewöhnlichen Gebrauch kantenstumpf und blind, andre werden nur schwer von guten Feilen
angegriffen. Im allgemeinen steigt die Härte mit dem Gehalt an Kieselsäure und wird am meisten durch Alkalien und Bleioxyd beeinträchtigt.
Stets ist die Oberfläche des Glases, welche sich beim Erstarren desselben bildet, härter als die nach
deren Entfernung durch Schleifen erzeugte Oberfläche, überhaupt als das Innere der Glasmasse.
Der Widerstand gegen das Zerdrücken ist beim Glas sehr bedeutend; auffallend geringer ist der gegen das Zerreißen.
Die Sprödigkeit nimmt mit der Dicke des Glases rasch ab, und ganz dünne Blättchen und Fäden sind ausgezeichnet
elastisch und biegsam (s. Glasspinnerei). Eine und dieselbe Glassorte ist um so spröder, je schneller die Masse abgekühlt
wurde. Läßt man geschmolzenes in kaltes Wasser tropfen, so zeigen die einzelnen erstarrten, in eine lange Spitze auslaufenden
Tropfen (Glasthränen) große Härte; doch genügt das Abbrechen der äußersten dünnen Spitze, um sie vollständig
in Staub zerfallen zu machen.
Ebenso genügt bei den dickwandigen, in der Luft schnell abgekühlten Bologneser Fläschchen das Schütteln mit einem scharfen
Quarzsplitter, um das Gefäß
[* 5] zu zersprengen. Man nimmt an, daß bei der schnellen Abkühlung infolge der
frühzeitigen Erstarrung der Oberfläche das noch nicht erstarrte Innere eine Spannung seiner kleinsten Teile erleidet und
infolge derselben durch die geringste Erschütterung den Zusammenhang verliert. Kühlt man dagegen langsam ab, so finden die
einzelnen Schichten und ihre kleinsten Teilchen Zeit, sich einer festerm Zusammenhang entsprechenden Anordnung zu fügen.
Hierauf beruht der in den Glashütten übliche Kühlprozeß, durch welchen namentlich dickere Gläser erst
für den Gebrauch tauglich werden. Bei einer besondern Leitung des Kühlprozesses entsteht das sogen.
Hartglas, welches ungewöhnliche Härte, Festigkeit,
[* 6] Elastizität, namentlich auch große Widerstandsfähigkeit gegen Temperaturwechsel
besitzt. Letzterm erliegt auch das bestgekühlte Glas sehr leicht, indem sich Sprödigkeit und geringes
Wärmeleitungsvermögen vereinigen; die erhitzte Stelle dehnt sich aus, die nahe angrenzenden, kalt gebliebenen Stellen geben
nicht nach, und so entsteht der Bruch.
Ebenso wie für die Wärme
[* 7] ist das auch für die Elektrizität
[* 8] ein schlechter Leiter. Der Glanz wird nur zum Teil durch die Zusammensetzung
bedingt, er ist großenteils abhängig von besondern Verhältnissen bei der Fabrikation. Das Lichtbrechungsvermögen
ist bei Bleiglas viel größer als bei gewöhnlichem Glas, am stärksten bei Gläsern, welche statt des BleiesWismut und statt
des Kalis Thalliumoxyd enthalten. Derartige Gläser zeigen im geschliffenen Zustand prachtvollstes
Farbenspiel. In hinreichend
dicken Schichten besitzt jedes Glas einen deutlichen Farbenton.
Kieselsäure, Kalk, Bittererde, Baryt färben am wenigsten, die Alkalien, besonders Natron, viel mehr und am stärksten die Schwermetalle,
von denen nur Bleioxyd und Wismutoxyd farbloses Glas liefern. Vollkommen farbloses Glas herzustellen, ist sehr schwer, weil sich
fast unvermeidlich färbende Verbindungen, namentlich Oxyde des Eisens, mit den Rohmaterialien einschleichen
und Schwefelmetalle (besonders Schwefelnatrium) beim Schmelzen des Glases entstehen. Man erkennt die Farbe des Glases am Tafelglas,
wenn man auf die hohe Kante desselben sieht; aber diese Farbe verändert sich fast stets nach längerer oder kürzerer Zeit
unter dem Einfluß des Lichts und kehrt nur beim Ausglühen oder Umschmelzen zurück. Mit Braunstein als
Entfärbungsmittel geschmolzenes Glas wird am Licht
[* 9] sehr deutlich violett.
Beim Erhitzen geht das Glas sehr allmählich aus dem festen in den flüssigen Zustand über; es läßt sich etwa
beim Eintritt der Glühhitze biegen und ausziehen, bei beginnender Rotglut durch Eintreiben von Luft aufblasen und zu den
feinsten Fäden spinnen (s. Glasspinnerei), auch kneten und schweißen; bei voller Rotglut neigt es zum Abtropfen und wird
dann flüssig, aber auch bei Weißglut behält es die Konsistenz eines dünnen Sirups. Kieselsäure macht das Glas strengflüssig;
durch Basen, besonders durch Bleioxyd, am wenigsten durch alkalische Erden, wird es leichtflüssiger, ebenso
durch Borsäure und Fluor, die einen Teil der Kieselsäure ersetzen können.
Erhält man Glas längere Zeit auf der Temperatur, bei welcher es erweicht, so tritt Entglasung
[* 10] ein, und es verwandelt sich in
eine undurchsichtige kristallinische, steinartige, sehr feste, wenig spröde Masse (Réaumurs Porzellan). Gegen chemische Agentien
verhält sich Glas mit seiner natürlichen, im Feuer gebildeten Oberfläche viel widerstandsfähiger als
nach Bloßlegung des Innern durch Schleifen etc. Wasser greift bei anhaltendem Kochen das Glas mehr oder weniger an; Glaspulver
reagiert meist sofort nach dem Befeuchten mit Wasser alkalisch und wird beim Kochen mit letzterm stark zersetzt, besonders
bei Anwendung von Hochdruck. In feuchten Räumen bedeckt sich Glas meist mit einem irisierenden Häutchen,
welches aus Kieselsäure besteht und daher mit Kalilauge abgewaschen werden kann. Je nach der Zusammensetzung des Glases erfolgt
die Zersetzung mehr oder weniger schnell und vollständig.
Manche Glassorten erblinden sehr leicht und bedecken sich entweder mit leichtem Tau (hygroskopischen Kalisalzen)
oder mit feinem Pulver (nicht hygroskopischen Natronsalzen). Um zu erkennen, ob ein in verhältnismäßig kurzer Zeit erblinden
wird oder nicht (namentlich wichtig für optische Gläser), setzt man es sorgfältig gereinigt bei gewöhnlicher Temperatur
der Einwirkung von Salzsäuredämpfen aus, indem man es unter einer Glasglocke 24-30 Stunden auf einer
Schale, die rohe Salzsäure enthält, liegen läßt.
Dann bringt man es in einen verschließbarenSchrank
[* 11] und läßt es wieder 24 Stunden stehen. Hierbei ist jede SpurAmmoniak oder
Staub höchst sorgfältig abzuhalten. Zeigt sich nun ein zarter, weißer Beschlag, der sich leicht abwischen läßt, so sind
die Gläser verwerflich. Bemerkt man im durchgehenden Licht keinen Beschlag, so betrachtet man das Glas im
schräg auffallenden Licht und zieht mit einer abgerundeten Messerschärfe einen Strich darüber. Hierbei wird auch der leiseste
Anflug sichtbar, aber gutes Glas erweist sich stets vollkommen klar. Ist der Anflug¶
Die Gläser des Handels zeigen ungemein abweichende Verhältnisse der Bestandteile; scheidet man aber die notorisch schlechten
Gläser und die ordinären Bouteillengläser aus, so ergeben die Alkalikalkgläser schon eine größere
Übereinstimmung. Man hat von denselben zwei Gruppen zu unterscheiden: kalkreiche, zu denen besonders die besten Tafelgläser
gehören, und alkalireiche mit oft höherm Kieselsäuregehalt, zu welchen die antiken Gläser, ein großer Teil des modernen
weißen und halbweißen Hohlglases sowie namentlich älteres Spiegel- und Fensterglas zu zählen sind.
Die Tafelglashütten sind in neuerer Zeit fast überall zur Fabrikation kalkreichen Glases geschritten, weil solches größere
Härte, Elastizität, schönern Glanz, größere Widerstandsfähigkeit gegen die atmosphärischen Einflüsse zeigt, auch vermöge
des allmählichen Erstarrens vortreffliche Bildsamkeit besitzt. Die mittlere Zusammensetzung des guten Kalknatronglases ist
etwa 75,4 Proz. Kieselsäure, 11,8 Proz. Natron, 12,8 Proz. Kalk, und man kann annehmen, daß die Zusammensetzung
in der Praxis im wesentlichen schwankt zwischen Na2O, CaO, 6SiO2 und 5Na2O, 7CaO, 36SiO2 ^[Na2O, CaO, 6SiO2
und 5Na2O, 7CaO, 36SiO2].
1) Kalikalkglas oder böhmisches Kristallglas, vollkommen farblos, äußerst strengflüssig, hart, durch chemische Beständigkeit
ausgezeichnet. Das Spiegelglas ist häufig ein Gemisch von dieser Glassorte mit der folgenden.
2) Natronkalkglas, französisches Glas, Fensterglas, bläulichgrün, etwas härter als das vorige, weniger
strengflüssig. Hierher gehört das zu optischen Zwecken dienende Crown- oder Kronglas.
4) Aluminiumkalkalkaliglas, Bouteillenglas, Buttelglas, mit geringem Alkaligehalt, enthält öfters beträchtliche
Mengen von Eisen
[* 15] und Mangan und an Stelle des Kalks oft Magnesia; es ist rötlich gelb
oder dunkelgrün.
Baryt (kohlensauren und schwefelsauren, letztern mit Kohle) schätzt man als erweichenden, das spezifische Gewicht und
den Glanz des Glases erhöhenden Zuschlag. Thonerde wird nur in Form von Kryolith oder Natronaluminat, welches aus letzterm dargestellt
wird, dem Glas direkt zugesetzt; namentlich ist das Kryolithglas oder Hot-cast porcelain der Amerikaner reich an Thonerde; ein
geringer Thonerdegehalt findet sich infolge des Abschmelzens der Häfen in allen Gläsern.
Unter gewissen Umständen, z. B. bei langandauerndem Erhitzen der Glasmasse nahe ihrem Schmelzpunkt, scheiden sich während
des Erkaltens aus der dünnflüssigen Masse zähe, kristallinische Silikate aus, d. h. das Glas entglast.
Hierauf beruht z. B. die Erzeugung des Réaumurschen Porzellans. Die chemische Zusammensetzung ist gleichfalls von Einfluß
auf die Neigung zum Entglasen; Kali- und Bleigläser entglasen weit schwerer als Natron- oder Kalkgläser; kieselsaures Natron
von der Zusammensetzung 2Na2O, 9SiO2 ^[2Na2O, 9SiO2] entglast fast ohne Umstände, desgleichen hatWeber gezeigt,
daß man durch Zusatz von Thonerde, sei es als Kaolin oder als Feldspat, das Entglasen zum Teil verhindern,
bez. es erschweren kann, und daß die Thonerde die Bearbeitung des Glases begünstigt. WieWeber weiter hervorhebt und auch
vor ihm schon Seger nachwies, befördert die Thonerde entgegengesetzt frühern Annahmen unter Umständen die
Leichtflüssigkeit des Glasflusses.
Die Zusammensetzung des Glases ist auch auf sein spezifisches Gewicht von Einfluß; das Alkalikalkglas mit etwa 2,4 ist am leichtesten,
es folgt das Thonerdekalkglas und zuletzt das Thalliumglas mit einem spezifischen Gewicht von 5,62. Ebenso brechen die schweren
Blei- und Wismutgläser das Licht am stärksten. Auf den luftleeren Raum als Einheit bezogen, hat der Diamant
[* 23] einen Brechungsexponenten von 2,506; das Flintglas von Fraunhofer (spez. Gew. 3,77) hat einen Brechungsexponenten
von 1,639, das Thalliumglas von Lamy (spez. Gew. 5,62)
einen solchen von 1,71-1,965.
Auch das anhaltende Kochen mit Wasser greift das Glas je nach seiner Zusammensetzung mehr oder weniger schnell an. Mit zunehmendem
Kalkgehalt nimmt die Löslichkeit der Gläser ab; die Natrongläser
sind gegen den Einfluß des Wassers
widerstandsfähiger als die Kaligläser. Dabei stellten Mylius und Forster ziffernmäßig fest, daß dieser Unterschied um
so mehr verschwindet, je kalkreicher die Gläser hergestellt werden, wie denn schon Schwarz beobachtet hatte, daß es für
die Angreifbarkeit der Gläser von der Zusammensetzung R2O, RO, 6SiO2 ^[img] ohne Belang sei, ob
sie Kali oder Natron enthalten.
Die Angreifbarkeit der Gläser durch wasserhaltigen Äther ist, wie Rieth u. endgültig auchWeber gezeigt haben, eine der Hauptfehlerquellen
für die Herstellung der Libellen. Ein Glas von 69,0 SiO2, 0,9 Al2O3 12,2
CaO, 18,5 K2O ^[69,0 SiO2, 0,9 Al2O3 12,2
CaO, 18,5 K2O] entspricht, wenn es mit gutem Äther, der über gebranntem Marmor gestanden hat und bei
gelinder Temperatur destilliert ist, gefüllt wird, vollständig allen Anforderungen.
Bemerkenswert ist die vonWeber beobachtete Eigentümlichkeit des Glases, daß die gleichzeitige Anwesenheit von Kali und Natron
die Ursache der Depressionserscheinungen an den Thermometern ist. Der Gehalt an Kieselsäure kann in weiten
Grenzen
[* 26] schwanken und der Kalkgehalt bei wechselnden Verhältnissen zum Alkali zwischen 10 und 15 Proz. variieren. Thonerde
bis 4,39 Proz. ist nicht von Einfluß. Selbst ein hoher Natrongehalt
gibt gute Resultate. Die durch das gleichzeitige Vorhandensein von Kali und Natron hervorgerufenen Depressionserscheinungen
können durch einen größern Kalk- oder Kieselsäuregehalt nicht korrigiert werden. Der Gehalt an Kali
kann in den Natrongläsern jedoch 1 Proz. übersteigen, ohne Einfluß auf die Depression
[* 27] auszuüben, was für die Praxis von
Bedeutung ist.
Besonders vervollkommt ist dies VerfahrenvonSchott und Siemens, welche das Glas zwischen erwärmten Thonplatten, bez. durch
Guß in Metall- oder Sandformen härten und auf diese Weise glatte und gemusterte Glastafeln zu Bedachungen,
für Gewächshäuser, Laternen, Geschäftsräume, endlich Fußboden- und Wandbekleidungsplatten, Mühlsteine
[* 29] und Eisenbahnschwellen
herstellen. Die Zusammensetzung des Glases entspricht etwa folgender allgemeiner Formel: 1RO, 1RO, 6SiO2. ^[img]
fand darin (entgegen Benraths Behauptung) 1,74 Proz. Fluor. Auch Hagemann und Jörgson fanden in Gläsern, die mit Flußspat
oder Kryolith geschmolzen waren, Fluor. Endlich hat Weinreb die Frage zur Entscheidung gebracht und durch Versuche zur Evidenz
bewiesen, daß Fluornatrium allein sowie Thonerde allein keine Trübung im G. hervorrufen, daß man aber
durch Gemenge beider tadellose Milchgläser erzeugen kann. Zsigmondy kommt zu derselben Ansicht; mit aller Wahrscheinlichkeit
ist Fluoraluminium der trübende Bestandteil des Kryolithglases. An Stelle von Kryolith wird auch Fluornatrium, gemengt mit
thonerdehaltigen Materialien, verarbeitet.
Trotz des hohen Preises, welchen der Kryolith hat, sind die französischen mittels Zusatz von Fluß- und
Feldspat hergestellten sogen. Spatgläser infolge der umständlichern Fabrikation teurer
als die Kryolithgläser. Während letzteres seine Eigenschaft (trübe zu sein) direkt beim Schmelzen erhält und ein aus solcher
Glasmasse geformter Gegenstand sogleich die Beschaffenheit des Milchglases hat, muß das Spatglas wiederholt angewärmt werden,
um völlig opak zu erscheinen. Auch hinsichtlich der Fabrikationsmethode stellen sich die eigentlichen
Milchgläser, welche in Formen geblasen werden können (eine für Massenartikel allein mögliche Arbeitsweise), billiger als
die französischen Spatgläser, welche aus freier Hand
[* 31] geblasen und zum Zwecke des Formens und zur Erzeugung des Opakwerdens
öfter angewärmt werden müssen.
Zur Darstellung weißen Glases, wie es für die Spiegelfabrikation und für Hohlgläser gebraucht wird,
müssen alle Rohstoffe möglichst eisenfrei sein; in den weitaus meisten Fällen erreicht man die Farblosigkeit des Glases nur
durch Zusatz von Entfärbungsmitteln, deren Wirkung, wie zuerst Liebig erkannte, darauf beruht, daß die dem Glasfluß eigentümliche
Farbe durch die Komplementärfarbe des Entfärbungsmittels neutralisiert wird. Unter gewissen Bedingungen
kann jedoch auch durch Einführung eines nicht färbenden Stoffes, wie z. B. des Salpeters, welcher, der Glasschmelze zugesetzt,
als Oxydationsmittel wirkt (z. B. grünes Eisenoxydulsilikat in das weit weniger stark färbende
Eisenoxydsilikat), eine Entfärbung des Glases auf chemischem Wege herbeigeführt werden. Interessant, aber nicht weiter begründet
ist die von Henrivaux (»Le
[* 32] verre et le cristal«) empfohlene
Einführung des Zinkoxyds anstatt Braunsteins als Entfärbungsmittel.
Einen schätzenswerten Beitrag zur Erzeugung gefärbter Gläser bilden die mit Metallsulfiden von Zsigmondy hervorgerufenen
Glasfärbungen: dunkelrotbrauner Rubin durch Molybdänglanz, sepia- bis sienafarbig durch Schwefelkupfer. Durch Zusatz von 0,5
Proz. Schwefelnickel zu einem gewöhnlichen Glassatz erhieltHaller eine amethystviolette Färbung.
Von größter Bedeutung für die Fabrikation ist die Anfertigung der Glashäfen. Hinsichtlich ihrer Formgebung und Größe
waren in Deutschland
[* 33] seither weit kleinere Dimensionen gebräuchlich als in Belgien,
[* 34] Frankreich und besonders in England. In neuerer
Zeit wendet man sich jedoch auch bei uns den größern Formen zu, die in den meisten Fällen den Vorzug
verdienen, erstens was den Schmelzprozeß des Glases selbst anbelangt, und zweitens, weil die kleinern Öfen
[* 35] verhältnismäßig
mehr Brennstoff gebrauchen.
Für die Güte der Häfen ist in erster Linie das Schamotte- und Thonmaterial entscheidend. Die Schamotte muß durch hohes Brennen
möglichst hart und gedichtet sein. Man benutzt zur Herstellung guter Schamotte möglichst
feuerfeste,
thonerdereiche Schieferthone, wie sie in Saarau in Schlesien,
[* 36] Rakonitz in Böhmen
[* 37] und Müglitz in Mähren vorkommen, zerstampft
auch wohl alte Schamottegegenstände und Häfen, um sie wieder für die Masse zu verwenden. Auch die Korngröße der Schamotte
ist von Wichtigkeit; je feiner das Korn, desto mehr kann man zwar dem rohen Thon davon zusetzen, aber die
Masse wird weniger widerstandsfähig gegen Temperaturwechsel. Am besten nimmt man je zur Hälfte gröberes und feineres
Korn. Als plastische, roh zur Hafenmasse zu verarbeitende Thone haben die fetten Thone (von Großalmerode, Hettenleidelheim,
Klingenberg, Grünstadt), die ungemein fett, aber nur von mittlerer Feuerfestigkeit sind, einen guten Ruf,
weil sie schon bei niederm Feuer ihre Schwindung beendet haben und völlig dicht werden.
Einen großen Fortschritt in der Feuerungstechnik der Glashütten bedeuten die Siemensschen Wannenöfen mit Generatorgasfeuerung.
Die Brennmaterialersparnis ist eine beträchtliche, und die Zerkleinerung der zur Glasmasse zu verwendenden
Materialien braucht nicht eine so sorgfältige zu sein wie bei der Beschickung der Glashäfen. Der Ofen hat sich daher schnell
durch alle Länder verbreitet; die Brennstoffersparnis stellt sich gegenüber dem alten System für den Zentner Glas wie folgt:
(lat. vitrum, frz. verre, engl.
glass); dasselbe ist wie allbekannt ein künstlich erzeugtes Material zu einer erstaunlichen Menge von Waren für den verschiedenartigsten
Bedarf, ein Produkt der Zusammenschmelzung von Kieselsäure mit verschiednen Basen, ein Stoff, der mit unserm ganzen bürgerlichen,
technischen und wissenschaftlichen Leben so innig verwachsen ist, daß er gar nicht daraus hinweggedacht werden kann, um
so weniger als alle Ersatzmittel unzureichend wären die Lücke auszufüllen.
Die Erfindung des G. ist eine sehr alte und ihre Geschichte dunkel; schon im Altertum war die Glastechnik
zu beträchtlicher Höhe gediehen, wenn auch nur in der Richtung auf Schmuck- und Luxuswaren. Die Grundlage aller Gläser
ist immer der Kiesel, vom Chemiker Kieselsäure genannt, weil der Stoff sich in der That wie eine Säure verhält, also
mit basischen Körpern Verbindungen eingehen kann, die dann theoretisch als Salze zu betrachten sind. In diesem Sinne ist
denn auch das G. ein amorphes Gemenge verschiedner kieselsaurer Salze oder Silicate. Der Kiesel kommt in seiner reinsten Form
als Bergkristall vor, der aber kein Material der gewöhnlichen Glashütten ist, sondern nur zu feinen
Glasflüssen, besonders zu den künstlichen Edelsteinen und optischen Gläsern dient. Für gewöhnliches G. verwendet man
eine andre Form des Kiesels, den Quarz oder auch den
¶
mehr
Feuerstein, welche Materiale dann erst durch Glühen und Ablöschen in kaltem Wasser mürbe und pulverisierbar gemacht werden;
am häufigsten jedoch weißer Sand, welcher von der Natur gepulverter Quarz ist. Als die zweite hauptsächliche Basis des
G. dient entweder Kali oder Natron, die jedoch nicht im reinen, ätzenden Zustande, sondern als Salze angewandt
werden, nämlich als Pottasche (kohlensaures Kali), Soda (kohlensaures Natron) oder Glaubersalz (schwefelsaures Natron), seltener
als Koch- und Steinsalz (Chlornatrium), und es hat daher die Kieselsäure in der Glühhitze diese Säuren erst auszutreiben.
Bringt man Pottasche oder Soda mit Kieselsäure in feurigen Fluß, so entsteht ein Aufbrausen, da die Kohlensäure
von der Kieselsäure ausgetrieben wird und kieselsaures Kali oder Natron entsteht. Ebenso muß die starke Schwefelsäure und
das Chlor dem Kiesel unter diesen Umständen weichen, besonders wenn durch einen Zusatz von Kohle die Zersetzung befördert
wird. Nun gibt aber die einfache Paarung von Kiesel und Kali wohl G., aber noch kein haltbares, sondern
nur solches, welches in Wasser auflöslich ist (Wasserglas); es muß vielmehr, um das zu erreichen, wenigstens noch ein basischer
Körper hinzukommen, der schon für sich mit dem Kiesel verbindbar ist, oder chemisch gesprochen das G. muß wenigstens ein
Doppelsilicat sein; es ist aber wegen anderweitiger Zusätze gewöhnlich ein mehrfaches oder genauer
genommen ein Gemisch von Silicaten, bei welchen die verschiedensten Mengenverhältnisse Platz greifen können und das chemische
Gesetz der Äquivalente so gut wie aufgehoben scheint, auch in der Praxis unmöglich eingehalten werden könnte.
Als gewöhnlicher Zusatz, um obiger Bedingung zu genügen, dient gebrannter Kalk oder auch Kreide. Mit
Kiesel, Kali oder Natron und Kalk lassen sich gute harte Gläser erzeugen. Baryt kann den Kalk vollständig und vorteilhaft ersetzen.
Andre gelegentliche Zusätze sind: Borax, wo es sich um Leichtflüssigkeit handelt, Magnesia, Thon. Der weiße Thon besteht aus
kieselsaurer Thonerde, bringt also zwei G. bildende Stoffe mit, macht aber die Masse sehr strengflüssig.
Thonhaltiger Sandkalkstein liefert zugleich drei Ingredienzen, taugt aber nur zu dunklen Gläsern, sog.
Bouteillenglas, da er gewöhnlich stark eisenhaltig ist. Metalloxyde gehen ebenso willig in die Glasmasse ein wie die erdigen
Basen und geben derselben meist eine bestimmte Färbung; nur das Bleioxyd läßt die Masse weiß, verändert
aber ihre optischen Eigenschaften, worüber unten beim Flintglas Näheres. Die färbende Eigenschaft verschiedner Metalloxyde
wird bei der Erzeugung farbiger Gläser verwertet; wo sie aber als Verunreinigung der zu weißem G. bestimmten Materialien
auftreten, sind sie natürlich von Übel.
Namentlich aber ist es das Eisen, das sich den gewöhnlichen Materialien, Sand, Kalk, Thon, Glaubersalz fast
immer im oxydierten Zustande anhängt und als Oxydul das G. grün, als Oxyd gelblich färbt. Außerdem gibt Kohle, die als
Rauch oder sonst wie zur Glasmasse kommt, derselben eine bräunliche Färbung. Es sind daher zur Herstellung von weißen
G. gewöhnlich auch noch Zusätze
erforderlich, die entfärbend wirken. Es werden dazu verschiedne Stoffe
angewandt, in der Regel solche, die Sauerstoff abgeben können, wie eisenfreier Braunstein, Mennige, Salpeter, arsenige Säure.
Durch den Sauerstoff dieser Substanzen wird vorhandene Kohle zu Kohlensäure verbrannt und Eisenoxydul in Oxyd verwandelt,
das nur wenig gelblich färbt. Der Braunstein (von Alters her Glasmacherseife genannt) liefert außer
Sauerstoff noch Manganoxyd, das für sich in größeren Mengen das G. violet färbt, bei mäßiger Anwendung natürlich nur
mit einem schwachen Ton, der eben hinreicht den von Eisen stammenden gelblichen gerade zu neutralisieren, sodaß das G. dann
farblos erhalten wird.
Einen nicht unwichtigen Beitrag zur Glasmasse, welcher zum Teil die Wohlfeilheit der geringen Glaswaren
mit ermöglicht, sind die Glasscherben verschiedner Herkunft, das Bruchglas. Schon in der Glashütte selbst fallen beträchtliche
Mengen solcher Abgänge; größere Quantitäten noch liefern die Sammlungen im großen Publikum und die mit Glasgeschirren
arbeitenden Fabriken, die manchmal die Gefäße gleich nach einmaligem Gebrauch zerschlagen müssen.
Natürlich kann so gemischtes und zum Teil verunreinigtes Material nicht zu guten reinen Gläsern benutzt werden, sondern
dient nur zum Teil zu gewöhnlichem Fenster- und Hohlglas, sonst zu Bouteillenglas. Bei letzterm, wo auf die Färbung nichts
ankommt, benutzt man endlich auch, wo Gelegenheit ist, verschiedne vulkanische leicht schmelzbare Gesteine,
wie Basalt, Lava, Bimsstein, Phonolith, Obsidian etc. -
Die weißen Gläser unterscheiden sich nach dem Angeführten hauptsächlich als Kali- und Natronglas, doch ohne daß die Trennung
immer eine scharfe wäre, da man auch dem Kaliglas, der leichtern Schmelzbarkeit halber, einen Anteil Natron gibt, z. B.
zu Spiegeln. Das Kalikalkglas bildet die edelste, härteste und schwer schmelzbarste Glasmasse; dieserhalb
und weil sie so gut wie farblos ist, dient sie zu Spiegeln, chemischen Gerätschaften, zu vielen feinen und Luxuswaren, die
geschliffen, gefärbt und sonst verziert werden. Es bildet diese Sorte das altberühmte böhmische Kristallglas. Das nach
englischem Vorgange sog. Kronglas für optische Waren ist auch nichts andres
als gutes Kalikalkglas, in welchem auch öfter ein Teil des Kali durch Natron ersetzt ist. -
Zu allen im gewöhnlichen Gebrauch stehenden Glaswaren sowie zu Fensterglas wird nicht Kali, sondern das viel wohlfeilere
Natron verwendet, und zwar teils als calcinierte Soda, teils auch in Form von Glaubersalz, in welchem das
Natron noch wohlfeiler ist. Natrongläser sind weicher, leichter schmelzbar und darum auch nicht so dauerhaft als Kaligläser;
auch zeigt die übrigens reine Glasmasse in dickerer Schicht immer einen deutlichen Stich ins Grüne, der selbst dem eisenfreien
Natronglase natureigen ist. Eine dritte Gruppe bilden die Bleigläser, die außer Kali auch noch Bleioxyd
enthalten und auch einigermaßen in die vorigen hinübergreift, denn wenn zur Entfärbung einer Spiegelglasmasse etwas Mennige
verwendet wird, so wird das G. natürlich
¶
mehr
etwas bleihaltig. Ein Zusatz von Bleioxyd oder besser Mennige zum Glassatz, der in diesem Falle nur mit Kali bereitet wird,
macht das G. schwer, leicht schmelzbar und ziemlich weich und gibt ihm einen schönen glockenhellen Klang (englische Weingläser).
Besonders ausgezeichnet ist das Bleiglas aber durch seinen brillanten Glanz und sein starkes Lichtbrechungsvermögen,
wodurch es namentlich für geschliffene Sachen und künstliche Edelsteine sich besonders eignet, für optische Zwecke aber,
zur Herstellung achromatischer Linsen, ganz unentbehrlich ist.
Auf gewöhnliche Waren angewandt pflegt man das Bleiglas englisches Kristallglas zu nennen, bei optischen Linsen dagegen Flintglas,
welches in der Masse nichts Eigentümliches hat, wohl aber besondre Manipulationen bei der Zubereitung
erforderlich macht, um die Masse frei von Streifen zu erhalten, die sich bei der Schwere des Bleigehalts so leicht bilden.
Ein besonders starkes Strahlenbrechungsvermögen besitzt das Thalliumglas; es besteht aus kieselsaurem Kali und kieselsaurem
Thalliumoxyd und eignet sich vortrefflich zu optischen Gläsern und künstlichen Edelsteinen, sein Preis
ist jedoch ein ziemlich hoher. -
Die Verfertigung des G. geschieht in den sog. Glashütten. Die gehörig vorbereiteten, gemahlenen
und innig gemischten Bestandteile werden zuvörderst in einem besondren Ofen einer vorläufigen teigigen Schmelzung unterworfen
(gefrittet), wobei die Masse eine Menge Gase ausstößt und an Volumen sehr abnimmt; sie wird dann sofort
in die Glashäfen eingetragen, die zu 6-10 in dem runden, oben kuppelförmig geschlossenen Schmelzofen stehen. In der Wandung
des Ofens befindet sich vor jedem Hafen ein Arbeitsloch, durch welches alles Eintragen und Herausnehmen erfolgt.
Ofen wie Häfen sind schon vor dem Eintragen in volle Weißglut gesetzt. Beide bestehen aus feuerfester
Thonmasse; die letztern, deren jeder etwa 800 kg Glasmasse faßt, werden von dieser beträchtlich angegriffen, daher bald
unbrauchbar. Die Schmelzöfen selbst unterliegen durch die starke Hitze ebenfalls einer baldigen teilweisen Zerstörung.
Man hat ihrer gewöhnlich zwei, einen im Gange und einen in Reparatur. Gefeuert wird, wo es zu haben
ist, mit Holz, sonst mit Steinkohlen; wo die Gasfeuerung benutzt wird, können auch Braunkohlen, Torf und sonst geringes Material
gebrannt werden. Bis die Glasmasse gehörig in Fluß gekommen und geläutert ist, vergehen nach Umständen 24 Stunden bis
einige Tage, und das nun erfolgende Verarbeiten der Masse, das ohne Pausen Tag und Nacht fortgeht, nimmt
ebenfalls verschiedne Zeiträume in Anspruch. -
Es gäbe keine Glasindustrie, wenn nicht die glühende Glasmasse glücklicherweise die ungemeine Bildsamkeit und Zähigkeit
besäße, von der man eigentlich nur durch Anschauung einen richtigen Begriff erhält. Nur zum eigentlichen Gießen in Formen
eignet sich die zähe Masse nicht, und alles sog. gegossene G. ist in Formen
gepreßt; selbst die Spiegeltafeln verdanken ihre Flächen nicht ausschließlich dem Guß, sondern nebenbei der Preßwalze.
Die meisten Glaswaren sind geblasene, indem sie aus einem zu
einem hohlen Körper aufgeblasenen Klumpen Glasmasse gebildet
werden. Es entstehen in dieser Weise sowohl die Hohlglaswaren als auch das Fensterglas und die Gläser
zu den ordinären Spiegeln.
Durch geschickte Manipulationen mit der aufgeblasenen Masse, Schwenken, Drehen, Rollen, Stauchen, und mit Anwendung sehr
einfacher Werkzeuge, Stäbe, Scheren, Zangen etc., macht der Glasarbeiter, indem er so oft als
nöthig die erstarrende Masse am Arbeitsloch wieder erweicht, aus einem Klumpen Glasmasse alles Mögliche.
Um Tafelglas zu erzeugen nimmt der Arbeiter, der immer wenigstens einen Helfer hat, einen entsprechend großen Klumpen der
Glasmasse, 2-2½ kg, an sein Blasrohr, das er die Pfeife nennt, bläst ihn zu einer Birnform auf, schwenkt dieselbe unter
und über sich und bringt endlich einen hohlen unten und oben geschlossenen Cylinder zu Stande, den er
unten durch starkes Blasen aufsprengt und durch scharfes Drehen die Ausgleichung des untern Randes bewirkt.
Dann wird die obere an der Pfeife sitzende Wölbung abgesprengt, in dem Cylinder seiner ganzen Länge nach ein gerader Sprung
erzeugt und dann dieser Cylinder in den Streckofen gebracht. In der Hitze desselben erweicht die Glasmasse
wieder, die mit dem Schlitz nach oben auf einer Platte liegende Hohlwalze wird nach beiden Seiten aufgeschlagen, legt sich
platt nieder, wird mit passenden Werkzeugen vollends geebnet und gebügelt, und dann in den dicht dabei befindlichen Kühlraum
geschoben, der übrigens noch immer eine hohe Hitze hat, da nicht bloß diese, sondern überhaupt alle
Gläser nur ganz allmählich, mit dem Kühlofen selbst erkalten dürfen, weil sie sonst noch viel spröder werden würden
als sie schon sind.
Die jetzt gebräuchlichen gewölbten oder parabolischen Fensterscheiben erhalten ihre Form dadurch, daß man ebene
Tafeln auf einer ebenso gewölbten gußeisernen Platte im Glühofen erweichen läßt, bis sie sich auf dieser Unterlage überall
angelegt haben. In ähnlicher Weise werden die Uhrgläser aus dem Rohen gebildet. Die Musterungen, welche manchen Scheibengläsern
als Buckel, Schuppen etc. gegeben werden, um ihnen die deutliche Durchsicht zu benehmen, sind
in die noch weiche Masse durch gravierte Metallwalzen eingedrückt, während eine vielgebrauchte andre
Sorte, das sog. Musselin- oder Jalousieglas, das durch weiße Ornamentation teilweis undurchsichtig gemacht ist, entweder
durch Ätzen mit Flußsäure (s. d.) hergestellt oder auf andre Weise erzeugt ist. Man druckt
nämlich die Musterung mit einem klebrigen Stoffe vor, pudert ein seines Pulver auf, das aus Knochenasche
und einem leicht flüssigen Glase besteht, fegt das auf das blanke G. gefallene ab und befestigt das Muster durch vorsichtiges
Einbrennen. -
Die Herstellung des gegossenen Tafelglases gestaltet sich anders. Es dient hierbei eine dicke geschliffene Platte von Gußeisen
oder Bronze, die völlig wagrecht auf einem Karren liegt, der auf Eisenschienen sich bewegt. Zur Ausführung
eines Gusses wird die Gußtafel an die Mündung eines zur Rotglut geheizten Kühlofens herangefahren, dessen Sohle mit ihr
in gleicher Ebene
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[* 2] ein durch Schmelzung entstandenes amorphes Gemenge von Verbindungen der Kieselsäure mit Metalloxyden,
das bei Weißglut dünnflüssig wird, beim Erkalten wieder allmählich erhärtet und dann durchsichtig, durchscheinend oder
undurchsichtig sein kann, jedoch immer, sowohl an der Oberfläche als auf Bruchflächen, einen eigentümlichen Glanz (Glasglanz)
besitzt. Der Übergang von dem flüssigen zum festen Zustande erfolgt allmählich; das flüssige Glas wird
mit abnehmender Temperatur
immer dickflüssiger, zähe und plastisch, läßt sich zu Faden
[* 40] ziehen und biegen, nimmt immer mehr
an Festigkeit zu, bis es schließlich erstarrt. Diese Eigenschaft des Glas ermöglicht es, dasselbe in der verschiedenartigsten
Weise in heißem Zustande zu verarbeiten (Glasbläserei); sie bedingt auch, gepaart mit der Eigenschaft
der Durchsichtigkeit reinerer Glassorten, die Sonderstellung, welche dem Glas und seinen Produkten in der Industrie zukommt.
I. Chemische
[* 41] Zusammensetzung. Diese kann sich zwischen sehr weiten Grenzen bewegen, ohne daß das geschmolzene Material
seine wesentliche Eigenschaft, die Formbarkeit in der Hitze, verliert. Trotz der Möglichkeit, Silikate und selbst Borate
aller Art wie Glas verarbeiten zu können, schwankt die Zusammensetzung von gutem, weißem Hohl-, Spiegel- und Tafelglas nur zwischen
engen Grenzen, auf deren Umfang zwei Anforderungen bestimmend wirken: Widerstandsfähigkeit gegen atmosphärische Einflüsse
einerseits, vollkommene Farblosigkeit oder Beherrschung der Farbe andererseits. Es hat sich ergeben, daß gutes wetterbeständiges
Glas neben Kieselsäure als Hauptbestandteil mindestens zwei Metalloxyde und zwar das Oxyd eines Alkalimetalls
und das eines Erdalkalimetalls enthalten müsse.
Das letztere kann aber auch durch Bleioxyd, Zinkoxyd, Wismutoxyd, unter Umständen auch durch Thonerde ersetzt werden. Die chem.
Zusammensetzung von wetterbeständigem Glas kann annähernd durch die Formel R2O[I], RO[II], 6SiO2 ausgedrückt
werden, worin R2O[I] das Oxyd eines einwertigen, RO[II] das eines zweiwertigen Metalls bedeuten. Glas dieser
Zusammensetzung heißt Normalglas. Die Menge der Kieselsäure kann ohne Beeinträchtigung der Eigenschaften nur dann von 6 auf 5 oder
4,7 Moleküle für 2 MoleküleBase herabgehen, wenn gleichzeitig das Verhältnis von Kalk zu Natron sich so ändert,
das 6 Moleküle Natron auf 10 Moleküle Kalk kommen. Je mehr Kieselsäure Glas enthält, um so schwerer schmelzbar, aber auch
um so widerstandsfähiger wird es. Das Gleiche läßt sich vom Kalk sagen.
Ersetzt man den Kalk durch eine äquivalente Menge Bleioxyd, so wird das Glas viel leichter schmelzbar (Flintglas, s. d.),
behält aber seine Widerstandsfähigkeit gegen Flüssigkeiten. Würde man aber nur Kali (oder Natron) mit Kieselsäure zusammenschmelzen,
so erhielte man ein Produkt, das zwar immer noch glasig erscheint, aber in Wasser vollständig löslich ist (Wasserglas, s. d.).
Durch Zusatz von Borsäure oder eines Überschusses von Alkalien (meist bei Anwesenheit von Thonerde) können
Kalk-Alkali-Gläser ebenso leicht schmelzbar gemacht werden, wie Bleigläser.
Ein Beispiel hierfür sind die Thüringer Glasröhren, die vor der Lampe
[* 42] verarbeitet werden und kein Blei, wohl aber einen Überschuß
von Alkali enthalten; Venetianer Glas enthält ebenfalls viel Alkali neben Kalk, häufig auch Bleioxyd. Die Menge der Kieselsäure
kann unbeschadet der Widerstandsfähigkeit gegen die Metalloxyde bedeutend zurücktreten, wenn sich gleichzeitig
bedeutende Mengen Thonerde und Eisenoxyd in Lösung befinden. Solche Verhältnisse treten ein bei Verwendung von Felsarten
zur Erschmelzung von gemeinem Flaschenglas. – Ein geringer Gehalt an Thonerde findet sich in den meisten Glasarten und gelangt
in dieselben durch Einwirkung des schmelzenden Glas auf die Schmelzgefäße. Schlechtes, alkalireiches
Glas
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mehr
wird von Wasser und andern Flüssigkeiten stark angegriffen. Solches Glas erblindet an der Luft, springt leicht beim
Erhitzen und bekommt dabei an der Oberfläche unzählige kleine Risse, die beim Entweichen des bis zu einer gewissen Tiefe
eindringenden Wassers entstehen. Gutes Glas ist dagegen außerordentlich widerstandsfähig; so giebt feinster Staub eines
nach der Normalformel zusammengesetzten Glas nicht mehr als 0,3 Proz. seines Gewichts in 24 Stunden an verdünnte Salzsäure
ab. Schlechtes Glas kann man an einem hauchartigen Beschlag erkennen, den dasselbe beim ein- bis zweitägigen Liegen in chlorwasserstoffhaltiger
Luft annimmt, oder auch durch Behandeln mit jodeosinhaltigem feuchten Äther; schlechtes Glas wird davon
oberflächlich rot gefärbt. Die chem. Zusammensetzung einiger bewährter Glassorten zeigt folgende
Tabelle:
Besondere Zusammensetzungen zeigen die optischen Glas, das Thermometerglas und das Glas für chem. Geräte (s. Glas
für wissenschaftliche Zwecke), ferner Getrübtes Glas (s. d.).
II. Eigenschaften des Glases. Bei gewöhnlicher Temperatur sind alle Glassorten hart und spröde, besitzen
den erwähnten Glasglanz und sind schlechte Elektricitätsleiter. Bei höherer Temperatur (schon bei 300° C.) leitet jedoch
Glas die Elektricität wie ein Leiter zweiter Klasse unter chem. Zersetzung. Gutes Glas widersteht dem Angriff von Wasser und Säuren,
wird dagegen von Alkalien etwas angegriffen, sehr heftig jedoch von Flußsäure, worauf das Ätzen des Glas (s.
unten S. 43b) beruht. Je nach der Zusammensetzung schwankt das spec.
Gewicht bei Kalkglassorten zwischen 2,4 bis 2,8 und bei Bleigläsern zwischen 3,0 und 4,9. O. Schott ist es gelungen, ein
Glas vom spec. Gewicht von 6,33 herzustellen. Der Brechungsindex für die Fraunhofersche D-Linie
schwankt bei Crowngläsern zwischen 1,51 und 1,60, bei Flintgläsern zwischen 1,55 und 1,96. Der kubische Ausdehnungskoefficient
ist nach neuern Untersuchungen von O.Schott bei alkalireichen Glas. Viel bedeutender als bei alkaliarmen und bewegt sich zwischen
den Grenzen 0,0000137 und 0,0000337. Die Verschiedenheit der Ausdehnungskoeffizienten verschiedener Sorten
wird beim sog. Verbundglas (s. Glas für wissenschaftliche Zwecke) benutzt.
Die Durchlässigkeit des farblosen Glas für strahlende Wärme wird nach R. Zsigmondy wenig von seiner Zusammensetzung beeinflußt.
So lassen farblose Glas verschiedenartiger Zusammensetzung von etwa 8 mmDicke 58–63 Proz. der strahlenden Wärme eines Argandbrenners
hindurch.
Löst man dagegen im G. nur 1 Proz. Eisenoxydul auf, so wird dasselbe für strahlende Wärme
fast undurchlässig, ohne seine Durchsichtigkeit zu verlieren. (S. Schirmglas.) Glas muß langsam und gleichmäßig
gekühlt werden, wenn es gegen Temperaturänderungen widerstandsfähig sein soll.
Wird Glas schnell abgekühlt, so springt es gewöhnlich, oder es treten Spannungen ein, die ein explosionsartiges
Platzen der ganzen Masse bei geringfügiger Verletzung der Oberfläche bewirken können. (S. Glasthränen und Bologneser Flaschen.)
Kühlt man es aber schnell unter Einhaltung gewisser Vorsichtsmaßregeln, so entsteht ein sehr festes, elastisches Glas (Hartglas,
s. unten, S. 42b). Wird Glas längere Zeit einer dem Erweichen nahen Temperatur ausgesetzt, so verwandelt
sich dasselbe in eine weiße undurchsichtige Masse (Réaumursches Porzellan, s. Entglasung).
III. Einteilung der Glaswaren. Nach der chem. Zusammensetzung und Art der Herstellung kann man
folgende Einteilung für Glas und seine Produkte treffen:
A. Bleifreie Glas.
1) Hohlglas (Buttelglas), sämtliche Glasarten, die an der Pfeife vollendet werden und kein Bleioxyd enthalten,
a. Dunkelfarbiges Hohlglas, aus unreinen Materialien hergestellt (Flaschenglas oder
Bouteillenglas). b. Halbweißes Hohlglas, für Medizinflaschen, billigere Glasartikel, c. Weißes
[* 44] Hohlglas, mit sehr geringem
Eisengehalt aus reinen Materialien hergestellt. Hierher gehört das deutsche und französische Crownglas, das böhm.
Hohlglas (böhm. Krystallglas).
2) Scheiben- und Fensterglas (Tafelglas, englisches Crownglas). Unterscheidet sich von Hohlglas durch
die verschiedene Art der Herstellung, ist meist auch etwas leichter schmelzbar als letzteres.
3) Spiegelglas (s. d.) aus besonders reinen Materialien hergestellt. B. Bleihaltige
Glas.
1) Flintglas (s. d.), Bleikalisilikat, wird besonders in England zur Herstellung
von Hohlglaswaren verwendet, außerdem hauptsächlich zu optischen Zwecken.
2) Krystallglas (s. d.), mit noch höherm Bleigehalt als das erstere.
C. Getrübtes Glas (s. d.), Glassorten mit milchiger Trübung unter verschiedenartigster Zusammensetzung.
D. Preßglas (s. d.), etwas leichter schmelzbar als Crownglas, wird nicht vor derGlasmacherpfeife verarbeitet, sondern in
geschmolzenem Zustande gepreßt.
E. Luxus- und Buntglas, Glaswaren der mannigfaltigsten Farbe, Form, Zusammensetzung und Verarbeitung, bei
welchem es in erster Linie auf Schönheit der Form und Verzierung ankommt. (S. Glaskunstindustrie.)
F. OptischesGlas, Thermometerglas und Glas für chemische Glasgeräte. (S. Glas für wissenschaftliche Zwecke.)
Glas Wasserglas (s. d.), in Wasser lösliches Alkalisilikat.
IV. Glasfabrikation. Rohmaterialien. Die zur Herstellung von Glas erforderliche Kieselsäure findet sich
in Form von Sand, Quarzfelsen, Feuerstein und Infusorienerde;
Natron wird als Natriumcarbonat (Soda) und Natriumsulfat (Glaubersalz),
letzteres mit 6–8 Proz. Kohle verwendet;
Kali wird in Gestalt von Kaliumcarbonat (Pottasche) gebraucht, Kalk als Kalkstein
und Kreide, Blei als Bleiglätte und Mennige, Zinkoxyd als Zinkweiß, Baryt als Schwerspat;
Weitere Entfärbungsmittel sind Nickel- und Kobaltoxyd.
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GlasfabrikationI 1. 2. Siemensscher Hafenofen mit Regerativfeuerung 1 Längsschnitt durch 2 nach CD; 2 Querschnitt
durch 1 nach AB 3. 4. 5. Siemensscher Wannenofen mit freier Flammenentfaltung 3
Längsschnitt durch 5 nach AB; 4 Querschnitt
durch 5 nach EF. 5 Horizontalschnitt durch 3 und 4 nach GH 6. Runder englischer Ofen für direkte Steinkohlenfeuerung.
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GlasfabrikationII 1 a–f. Herstellung der Flaschen. 2. Glasmacherpfeife. 3 a–f. Herstellung der Glastafeln. 4. Blasen einer
Krystallflasche in der Form. 5. Offener Hafen.
6. Schere.
[* 47] 7 a–e. Herstellung einer Dose aus Bleikrystall. 8. Geschlossener
Hafen. 9. Schiffchen. 10 a–d. Herstellung des Mondglases.
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Als Oxydationsmittel dienen ferner Salpeter, weißes Arsen oder arsenige Säure; als Trübungsmittel für opake Glas Knochenasche,
Kryolith, Feldspat und Flußspat, ferner Zinnoxyd, Arsensäure, Antimonsäure und Fluornatrium. Die beim Beschneiden von Tafel-
und Spiegelglas entstehenden Abfälle (Schnittglas), die durch Bruch von Glasgefäßen entstehenden Scherben (Glasbrocken) und
das im Ofen durch Platzen eines Tiegels ausgelaufene Glas (Herdglas) finden Verwertung, indem sie dem Gemenge
zugesetzt werden. In neuerer Zeit, nach Einführung der verbesserten Ofensysteme und namentlich des Siemensschen Wannenofens,
werden zur Herstellung von gemeinem Flaschenglas noch eine Anzahl roher Gesteinsarten verschmolzen, und zwar hauptsächlich
Feldspat, Pechstein, Phonolith, Granit, Basalt, viele Laven und Hochofenschlacke.
Das Gemisch, das aus den für bessere Glassorten vorher gereinigten, gepulverten und in bestimmten Verhältnissen verwendeten
Rohmaterialien hergestellt ist, heißt das Gemenge oder der Glassatz. Dieser läßt sich meist aus der Zusammensetzung des
zu erschmelzenden Glas berechnen. Es ist dies eine Operation, die der Chemiker leicht ausführen kann; werden reine
Rohmaterialien verwendet, so nimmt man den Oxyden des Glas äquivalente Mengen der Rohmaterialien, wobei allerdings zu berücksichtigen
ist, daß gewisse Bestandteile des Glassatzes bei der hohen Temperatur, welche zum Schmelzen des Glas erforderlich ist, sich teilweise
verflüchtigen.
Schmelzgefäße. Die Rohmaterialien werden möglichst fein gepulvert und gemischt und dann in die Schmelzgefäße,
häufig unter Zusatz von Abfällen derselben Glassorte, eingetragen. Der Glassatz wird entweder in tiegelartigen Gefäßen,
Glashäfen, oder in Wannen zu Glas geschmolzen. Man unterscheidet offene und geschlossene Häfen. Offene Häfen sind
kreisrunde oder ovale, nach unten etwas verjüngte Gefäße (s. Tafel: Glasfabrikation II,
[* 48]
Fig. 5), welche aus einem innigen
Gemisch von plastischem Thon und gebranntem Thon, Chamotte (zum Teil aus Hafentrümmern entstammend), mit Wasser zu einer plastischen
Masse geknetet, mit der Hand aufgebaut werden. Der Thon muß feuerfest und kieselsäurereich sein. Die geschlossenen oder Haubenhäfen
(Taf. II,
[* 48]
Fig. 8) werden angewendet, um leicht reduzierbare Bleigläser, die bei Zutritt der Flamme
[* 49] geschwärzt
würden, vor Einwirkung derselben zu bewahren.
Ehe die Schmelzgefäße in den Glasofen eingetragen werden, müssen sie etwa 8 Tage lang in eigens für diesen Zweck hergestellten
Ofen (Temperöfen) vorgewärmt werden; man überträgt sie in glühendem Zustande in den eigentlichen Glasofen. Diese Operation
ist eine der aufregendsten im Glasbetriebe, denn die Arbeiter sind dabei der quälenden Wirkung der vom
Hafen wie von den Öfen ausstrahlenden Wärme ausgesetzt. Man durchbricht die Wände beider Öfen, 2–4 Arbeiter schieben ein
dickes und breites Brett aus hartem Holz
[* 50] unter den glühenden Hafen und übertragen denselben auf dem sofort in heller Flamme
brennenden Brette zur offenen Stelle des Glasofens, schieben den Hafen in den weißglühenden Ofen und haben
nachher noch große Mühe, den Hafen an die richtige Stelle der Ofenbank zu rücken. Gleich darauf wird die Lücke im Ofen wieder
vermauert. Andere Hütten
[* 51] verwenden statt des Holzbrettes eiserne Gabeln. Vor ihrer Verwendung werden die
Häfen noch an ihrer Innenseite mit geschmolzenem Glas ausgestrichen (verglast). Die Haltbarkeit
der Häfen ist sehr
gering und dauert meist nur einige Wochen. Allzuschnelles Erkalten der Häfen bringt sie zum Springen.
Das Schmelzen des Glas beginnt kurze Zeit nach dem Eintragen des Satzes in den Hafen mit dem Erweichen und
Schmelzen der Alkaliverbindungen, Soda und Pottasche geraten in Fluß und wirken ausschließend auf die Kieselsäure ein. Unter
Entweichen von Kohlensäure bilden sich zunächst alkalireiche Silikate (Na2CO3+SiO2=Na2SiO3+CO2), die dann
bei höherer Hitze, mit dem Kalk des Satzes vereint, lösend auf den Überschuß der meist als Sand vorhandenen Kieselsäure
einwirken unter Bildung von sauren Doppelsilikaten.
Enthält der SatzGlaubersalz und Kohle statt Soda, dann wirkt Kohle zunächst reduzierend auf das Natriumsulfat (Glaubersalz)
ein (Na2SO4+C=Na2SO3+CO) unter Bildung von Natriumsulfit. Letzteres wirkt bei hoher Temperatur wieder auf die Kieselsäure
unter Bildung von Natriumsilikat und Entweichen von schwefliger Säure (Na2SO3+SiO2=Na2SiO3+SO2). Der weitere
Vorgang ist derselbe, wie oben angegeben. Wird zu viel Kohle zugesetzt, so bildet sich Schwefelnatrium,
das dem Glas einen unschönen Stich ins Gelbe erteilt.
Die anfangs sehr lebhafte Gasentwicklung bewirkt ein Aufschäumen der Masse, das zum Schlusse ganz aufhört. Während der Silikatbildung,
dem Gemengschmelzen, wird möglichst stark geheizt. Bei fortdauernder Erhitzung während des Lauterschmelzens
(Heißschürens) nimmt die Gasentwicklung allmählich ab und hört schließlich ganz auf. Der Ofen ist in heller Weißglut,
das erschmolzene Glas dünnflüssig und fließt von der Pfeife ab, enthält aber meist noch kleine Gasbläschen.
Sowohl um diese zu entfernen, als auch um das Glas nochmals gut durcheinander zu rühren, spießt
man einen wasserhaltigen Körper (etwa eine Kartoffel) auf ein Eisen und fährt damit auf den Grund des Schmelzhafens; durch
das schnelle Verdampfen des Wassers wird ein außerordentlich lebhaftes Aufschäumen der Masse bewirkt und so ein Sondern der
Teile nach dem spec. Gewicht vermieden. Man bezeichnet diese Operation mit dem AusdruckBlasen des Glas. Bei
regelrechtem Verlauf der Schmelze muß eine am Ende des Heißschürens mit einem Eisenstab herausgenommene Glasprobe in dünnen
Fäden von dem Stab
[* 52] ablaufen und darf keine feinen Blasen zeigen. Um dem Glas die zur Verarbeitung erforderliche Konsistenz zu
geben, wird der zweite Teil der Operation, das sog. Kaltschüren, begonnen. Dasselbe besteht darin,
daß man das Feuer bedeutend mildert oder auch ganz entfernt und die Arbeitsöffnungen lüftet, sodaß die im Innern des Ofens
herrschende hohe Temperatur wesentlich erniedrigt wird.
Die Bildung der gefährlichen Glasgalle (s. d.) wird bei den jetzigen Schmelzmethoden vermieden.
Glasöfen. Die beinahe ununterbrochene Weißglut, welche durch viele Monate im Glasofen aufrecht erhalten
wird, und die dadurch bedingte Verflüchtigung eines – wenn auch kleinen – Teiles der Alkalisalze aus dem Glassatze, welche
die Bestandteile der Ofenwand und Decke
[* 53] angreifen und mit ihnen zu glasartigen Massen verschmelzen, machen eine sorgfältige
Auswahl des Ofenmaterials sowie eine besondere Sorgfalt in der Herstellung des Mauerwerks unbedingt notwendig.
Die ältern Glasöfen sind backofenartige Räume mit kreisrundem oder eckigem Querschnitt, in denen 4-12 Häfen an
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