Italien,
[* 10] England,
Belgien
[* 11] und
Österreich
[* 12]
(Böhmen)
[* 13] besaßen längst ansehnliche
Glashütten, ehe in
Deutschland die
Glasfabrikation zu auch nur einigem Aufschwunge gelangte. Seit
20–30 Jahren ist indessen der ausländische Mitbewerb mehr und mehr zurückgedrängt worden und heute werden große Mengen
deutscher Glaswaren, sowohl ordinäre wie feine, nach allen
Ländern, selbst nach England,
Belgien und
Österreich ausgeführt,
wenn auch in gewissen Sorten z. B. England in hochfeinem Kronenglas,
Belgien in
Spiegel- und
Tafelglas,
Böhmen in farbigen Glas,
Italien
(Venedig)
[* 14] in Schmuckgläsern ein gewisses Übergewicht noch
behaupten mögen. 1892 betrug die deutsche Ausfuhr in Hohlglas 16,3 Mill. M.,
Tafel- und
Spiegelglas 11,4, gepreßtes und geschliffenes
Glas 2,3,
Glasperlen 1,6, optisches Glas, roh 0,5,
Brillen- und Uhrgläser 1,9, sonstige Glaswaren 4,1 Mill.
M., zusammen 38,1 Mill. M. Die Einfuhr belief sich auf 8,1 Mill. M., darunter für rohes
Spiegelglas 1,1, für Glasbehänge,
Glasknöpfe und massives weißes Glas 1,1,
Glasperlen und Glasplättchen 2,0, farbige Glaswaren 1,5 Mill. M. – Die Zahl der
Glasfabriken wird (freilich zum
Teil nach Schätzung) anzunehmen sein für
Frankreich zu 225,
Großbritannien
[* 15] 250,
Österreich-Ungarn
[* 16] 350,
Italien 90,
Belgien 95,
Rußland 220,
Schweden
[* 17] 36,
Norwegen 10,
Dänemark
[* 18] 8,
Niederlande
[* 19] 30,
Schweiz
[* 20] 10,
Griechenland
[* 21] 3, in ganz
Europa
[* 22] etwa über 1700
Glashütten von allerdings sehr verschiedener
Größe. In diesen Werken mögen etwa
150–160000
Arbeiter beschäftigt sein.
[* 7] für wissenschaftlicheZwecke, gemeinsame Bezeichnung für optisches Glas,
Thermometerglas und Glas für chem. Geräte.
1)
OptischesGlas ist solches, das zur Anfertigung optischer Linsen, Prismen und vollkommen ebener Platten für wissenschaftliche
Zwecke dient. Das optische Glas war bisher das bleifreie Crown- und das bleihaltige
Flintglas. Die achromatischen Glas bestehen
gewöhnlich aus der
Verbindung einer erhabenen Crownglaslinse mit einer dazu berechneten hohlen Flintglaslinse. Die Herstellung
des optischen Glas jeder Art war von jeher äußerst schwierig und geschieht unter vielen Vorsichten.
Die
Sätze für
Flintglas sind, je nach den verlangten optischen Eigenschaften desselben, sehr verschieden. Für große Linsen
gelingt die
Darstellung der optischen Glas selten, man hat jedoch heutzutage Riesenfernrohre mit Linsen von 90 cm Durchmesser
und auch etwas darüber hergestellt. Das optische Glas wurde
in neuerer Zeit für die
Optiker nahezu aller
Länder von
Feil in
Paris
[* 26] und Chance in
Birmingham
[* 27] fabriziert; nur Merz, der Nachfolger Fraunhofers, in
München
[* 28] erzeugte in
Deutschland, vorherrschend
für den eigenen
Verbrauch,
Flintglas. Erst seit 1884 besteht in
Deutschland zu
Jena
[* 29] eine ausgiebige Erzeugungsstätte
für optisches Glas, die bereits in Fachkreisen als
Glastechnisches LaboratoriumvonSchott und Genossen einen vorzüglichen
Ruf erworben hat. Die Produkte dieser neuen industriellen Glasschmelzerei werden schon jetzt von den meisten
Optikern des
In- und
Auslandes mit sehr gutem Erfolg verarbeitet.
Zur Gründung des Glastechnikums in
Jena gab der dortige Professor
Abbe durch seinen
Bericht über die
Ausstellung
wissenschaftlicher
Apparate zu
London
[* 30] (1876) Veranlassung. In dieser
Schrift wird nämlich das Problem angeregt, die bei der
üblichen Achromatisierung noch zurückbleibenden
Farben,
d.
i. das sekundäre
Spektrum, durch neuartige Glas wegzuschaffen. Die
letztern zu erfinden wurde eben als eine der wesentlichsten
Aufgaben hingestellt, solche zusammengehörige
verbesserte Gläserpaare dürfen nicht, wie das gewöhnliche Crown- und
Flintglas, einen disproportionalen
Gang
[* 31] in den verschiedenen
Abschnitten des
Spektrums besitzen, sondern die einzelnen Glas der achromatischen Paare müßten im Gegenteil Farbenzerstreuungen
besitzen, die sich in allen
Teilen des
Spektrums nahe proportional zueinander verhalten.
Überdies ist auch eine größere Mannigfaltigkeit in der Abstufung des Brechungsindex und der mittlern Dispersion
[* 32] anzustreben,
welche für viele
Aufgaben der praktischen
Optik von großer Wichtigkeit ist. Nach diesen
Richtungen haben nur Fraunhofer (1814)
und Harcourt (1834–39) ausgiebigere Versuche angestellt, die in neuerer Zeit durch
Stokes (1871 und 1874), der
ebenfalls die Unterdrückung der sekundären Farbenzerstreuung
[* 33] mittels verbesserter Glaspaare anstrebte, den Fachkreisen
zur Kenntnis gebracht wurden.
Praktische Erfolge hatten jedoch erst die Versuche vonSchott, der dieselben infolge jener
Darstellung von Professor
Abbe zu
Witten, seinem damaligen Wohnorte, anstellte (1881). Es wurden hierbei mannigfaltige kleine Schmelzproben
verschiedener Zusammensetzung (nur zu 20–60 g) unternommen, um die charakteristische Wirkung gewisser
chem. Elemente (z. B. des
Phosphors,
Borsu. dgl. m.) auf die
Brechungs- und Farbenzerstreuungsgröße der erstarrten
Glasflüsse
zu erfahren.
Die spektrometrischen Untersuchungen der so erhaltenen Schmelzverbindungen machten Professor
Abbe und sein Assistent Riedel
zu
Jena. Zu Ende 1881 war man so weit, daß sich der specifische Einfluß bestimmter
Stoffe im G. auf dessen
optische Eigenschaften sicher erkennen ließ, was dazu ermunterte, jene Versuche systematisch und in größerm Maßstabe
fortzusetzen. Zu diesem Zwecke übersiedelteSchott (1882) nach
Jena, wo später (1884) das oben erwähnte
Glastechnische Laboratorium
ins Leben gerufen wurde, und zwar mit wiederholter namhafter Unterstützung von seiten des preuß.
Staates.
Das im Juli 1886 ausgegebene Preisverzeichnis des Glastechnikums zu
Jena zeigt bereits 44 verschiedene Glassorten für wissenschaftliche
Zwecke, darunter 19 von wesentlich neuer Zusammensetzung. Diese Glas sind nicht, wie ehedem, durch ihr spec. Gewicht
optisch charakterisiert, sondern durch ihre
¶
mehr
Dispersionswerte, die zu jedem Glas, nebst dem Brechungsexponenten für die Linie D, angegeben werden. Bei den Glas alter Art findet
man in dem Schottschen Glaskatalog auch Crown- und Flintgläser der Silikatreihe, wie sie bisher von Chance in Birmingham oder
Feil in Paris an die Optiker aller Nationen geliefert wurden. Überdies ergiebt sich bei den jenaischen
in der Silikatreihe für die Farbenkompensierung noch ein weiterer Spielraum als bei den bisher angewendeten engl.
oder franz. optischen Glas. Neben der Verminderung des sekundären Spektrums war die Erzeugung von Crown- und Flintgläsern je
mit relativ hohem und relativ niedrigem Brechungsexponenten von Wert für die Aufhebung des Astigmatismus
bei photogr.
Objektiven. Solange eine bestimmte Brechung
[* 35] auch einer bestimmten Zerstreuung entsprach, war diesem Mangel, der sich bei allen
optischen Konstruktionen mit stark geneigt einfallenden Lichtstrahlen zeigt, nicht abzuhelfen. Seit der Gründung des jenaischen
Werkes ist eine erhebliche Verbesserung in den Leistungen fast aller feinern optischen Instrumente bemerkbar
geworden. Die große Mehrzahl der in- und ausländischen Optiker hat sich die gebotenen neuen Hilfsmittel zu Nutze zu machen
gewußt. In hervorragendem Maße ist die Optische Werkstätte CarlZeiß in Jena bei diesen Verbesserungen beteiligt durch Einführung
der neuen Apochromat-Mikroskopobjektive und der neuen photogr. Anastigmat-Objektive.
2) Thermometerglas muß eine so geringe thermische Nachwirkung zeigen, daß sowohl der Fehler wegen Erhebung
seines Eispunktes bald nach Anfertigung des Thermometers, als auch der wegen Senkung des Eispunktes infolge vorausgegangener
Erhitzung des Thermometergefäßes außer Betracht kommen. R.Weber fand, daß, wenn Kali und Natron zugleich im G. vorhanden
sind, die thermische Nachwirkung bedeutend ist und daß das Gegenteil eintritt, wenn nur eins jener beiden
Alkalien allein zugegen ist. Das gänzliche Fehlen von Kalk in der Zusammensetzung des Glas erhöht die schädliche
Nachwirkung.Schott fand, daß die Depression
[* 36] dann besonders klein wird, wenn das Thermometer
[* 37] nach seiner Anfertigung sehr
langsam gekühlt wird. Auch hat man in neuester Zeit Thermometergläser hergestellt, welche Temperaturen
bis zu 550° zu messen gestatten, und solche, deren Temperaturangaben mit denen des Luftthermometers fast genau übereinstimmen.
3) Glas für chemische Geräte darf einerseits von Flüssigkeiten nicht angegriffen werden, andererseits soll
es schroffen Temperaturwechsel vertragen, ohne zu springen. Die erste Eigenschaft ist für solche Geräte
notwendig, die zu Analysen benutzt werden, da die Substanzen (namentlich Alkalien), die aus dem Glas von gewöhnlicher Zusammensetzung
in Lösung gehen, das Resultat der Analyse verändern können. Aus solchem unlöslichem Glas werden auch die Röhren,
[* 38] resp. Deckel
der feinen Wasserwagen für astron. und geodätische Zwecke gefertigt, damit die Beweglichkeit der Luftblase
durch die Rauhigkeit des von der Flüssigkeit angegriffenen Glas nicht gemindert wird.
Von dem jenaischen Glaswerk sind in dieser Beziehung umfangreiche Versuche angestellt worden, die ein günstiges Resultat
ergeben haben. Auch bezüglich der Widerstandsfähigkeit gegen schroffen Temperaturwechsel hatSchott durch Erfindung des
sog. Verbundglases gute Erfolge erzielt. Verbundglas wird durch Überfangen
(s. Glas, S. 43 a) eines passend
gewählten Glas mit einem andern Glas von geringerm Ausdehnungskoefficienten hergestellt. Nach dem Erkalten, auch wenn dasselbe
langsam erfolgt, stellen sich ähnliche Spannungserscheinungen ein wie beim Hartglase, nur lassen sich dieselben durch zweckmäßige
Auswahl der Glassätze viel sicherer beherrschen als im Hartglase. Aus Verbundglas lassen sich widerstandsfähige
Lampencylinder, Kochflaschen, Abdampfschalen, Wasserstandsröhren u. s. w. anfertigen, die ein Besprengen
der erhitzten Glasfläche mit kaltem Wasser vertragen, ohne zu springen. Das Innere von Verbundglas befindet sich im Zustande
der Dehnung, die äußern Schichten im Zustande der Kompression.