Glagolica
(spr. -itza) ist der Name eines der beiden Alphabete, in denen die älteste kirchenslaw. Litteratur überliefert ist. Das andere ist die Kyrillica, die für die Schreibung des Slawischen angewendete griech. Majuskelschrift. Die Glagolica ist aber ebenfalls griech. Ursprungs und zwar die in eigentümlicher Weise stilisierte Minuskelschrift. Der Versuch, die Glagolica auf ein angeblich altes, national-albanes. Alphabet zurückzuführen (L. Geitler, «Die albanes. und slaw. Schriften», Wien 1883), ist mißlungen; ebenso sind frühere Ansichten, die Glagolica sei aus orient.
Alphabeten oder aus slaw. Runen entstanden, aufgegeben. Die Glagolica ist bei zwei slaw. Stämmen in Gebrauch gewesen: bei den Bulgaren und bei den Kroaten; bei den erstern ist der Duktus der Schrift rund (daher runde oder bulgarische Glagolica), bei den letztern eckig (eckige oder kroatische Glagolica). In Bulgarien ist die Glagolica früh, wohl schon im 12. Jahrh., außer Gebrauch gekommen. Nach Kroatien wurde sie sehr früh verpflanzt, wahrscheinlich schon durch unmittelbare Schüler von Cyrillus und Methodius, und blieb hier weit länger in Gebrauch, nicht bloß für Kirchenbücher, sondern auch für Urkunden.
Einige Gemeinden erhielten nach der Kirchenspaltung in occident. und orient. Kirche vom röm. Stuhle das Privilegium, die Liturgie in slaw. Sprache und glagolitischer Schrift zu behalten, und haben sich dies zum Teil bis jetzt erhalten; für diese sind in Rom kirchliche Schriften in glagolitischer Schrift gedruckt worden. Die krainischen Reformatoren, Truber und Genossen, ließen ebenfalls in kroat. Sprache glagolitisch drucken zum Unterricht der Kroaten, sodaß auch eine kleine prot. Litteratur in glagolitischer Schrift existiert.