Während der Commune ließ er vom 5. bis zum ein Tageblatt erscheinen mit dem
Titel«L’Union française, Journalde la République fédérale», worin er eine föderative
Einteilung des Nationalgebietes in 15 unabhängige
Staaten mit eigenen
Pairs- und Deputiertenkammern vorschlug. Im Nov. 1874 wurde Girardin Chefredacteur des ehemals
kaiserlich-konservativen, jetzt republikanisch-liberalen Journals «LaFrance». Als
Broglie und Fourtou zum Ministerium
gelangten, erklärte sich Girardin sogleich gegen das reaktionäre
Kabinett und bekämpfte es scharf.
Sechs
Monate hindurch schrieb er mehrere
Artikel, um die im
Namen der «moralischen Ordnung» begangenen
Mißbräuche und Ausschreitungen
zu rügen. Die «France» fand darum ungeheuern
Absatz, und Girardin wurde an Grevys
Stelle im 9. Wahlbezirk von
Paris
[* 3] zum Deputierten ernannt. Er nahm aber an den Verhandlungen der Kammer keinen bedeutenden Anteil. Girardin starb zu
Paris. Seine polit. und socialen Ideen erörterte in vielen
Büchern und
Broschüren, unter denen «Étudespolitiques» (Par. 1838; 2. Aufl. 1849) und «Lapolitique universelle, décrets de l’avenir» (Brüss. 1852; 4. Aufl.,
Par. 1854) hervorzuheben sind.
Eine große Anzahl seiner Zeitungsartikel sammelte er in den «Questions de montemps, 1836 à 1856» (12 Bde., Par.
1858). Ferner ist noch zu erwähnen: «HorsParis»
(Bordeaux
[* 4] 1871),
«L’Union française. Extinction dela guerre civile» (Par. 1871),
und «L’homme et la femme. L’homme suzerain, la femme vassale» (1872),
«L’égale de son fils» (1872),
Entgegnungen auf die
Schrift von A. Dumas (fils)«L’homme-femme» und Seitenstücke zu
seiner frühern
Schrift«La liberté dans le mariage par l’égalité desenfantsdevant la mère» (1854). Nach dem
Tode seiner ersten Gemahlin, Delphine Girardin (s. d.),
vermählte er sich 1856 mit Wilhelmine
Brunold, Gräfin
Tiefenbach, der Stieftochter des Prinzen
Friedrich von Nassau. –
Vgl. Lauser, Emile de (in
«Unsere Zeit»,
Lpz. 1868).
(spr. schirardäng),JeanPierre Louis, franz. Chemiker, geb. zu
Paris, trat 1821 in das pharmaceut.
Centrallaboratorium der Hospitäler von
Paris, 1825 in das chem. Laboratorium
[* 5] von
Thénard am Collège deFrance und wurde 1828 zum
Professor der angewandten
Chemie in Rouen
[* 6] ernannt. 1838 erhielt er an der auf seine Veranlassung neu gegründeten
Landwirtschaftsschule zu Rouen die Professur der
Agrikulturchemie; 1848 begann er im Depart. Seine-Inférieure seine Vorlesungen
über den
Dünger und übte dadurch einen großen Einfluß auf die Fortschritte der Bodenkultur in der
Normandie aus; 1858 erhielt
er eine Professur der
Chemie in Lille,
[* 7] 1868 wurde er Rektor der
Akademie zu Clermont-Ferrand. Er starb in
Rouen. Er schrieb: «Eléments de minéralogie appliquée aux sciences chimiques» (mit Lecoq, 2 Bde.,
Par. 1826),
«Considérations générales sur les volcans» (Rouen 1830),
«Du sol arable» (Par. 1842),
«Des fumiers et autresengrais animaux» (7. Aufl., ebd. 1875),
«Moyens d’utiliser le marc de pomme» (4. Aufl.,
ebd. 1854),
(spr. schirardäng),RenéLouis, Marquis de Girardin, geb.
trat frühzeitig in die franz.
Armee, diente später am
Hofe des entthronten poln. Königs
Stanislaus Leszczynski zu Nancy
[* 8] und
erwarb sich im Siebenjährigen
Kriege den
Grad eines Kavallerieobersten. Nach dem Frieden führte er auf seinem Landgute
Ermenonville
(s. d.) im Depart. Oise großartige
Verschönerungen aus und gewährte hier seinem Freunde
Rousseau einen Zufluchtsort. Er starb in
Ermenonville. Seine
Schrift«Dela composition des paysages» (Par. 1771 u. ö.) wurde
fast in alle
Sprachen übersetzt.