Giovanni(
da)
Bologna
19 Wörter, 139 Zeichen
Giovanni
Bologna
(spr. -lonnja), früher eine der nördlichen Delegationen des Kirchenstaats, seit 1859 Provinz
des Königreichs Italien
[* 3] (Landschaft Emilia), wird von den Provinzen Florenz,
[* 4] Modena, Ferrara
[* 5] und Ravenna begrenzt, zerfällt in die
drei Kreise:
[* 6] Bologna
, Imola und Vergato und hat ein Areal von 3593 qkm (65,2 QM.). Das
Land ist ein schöner
und fruchtbarer Teil der Romagna und zerfällt in zwei ziemlich gleiche, durch die Via Emilia geschiedene
Hälften, die nördliche Ebene und das
südliche Gebirgsland der Apenninen, die im Corno delle Scale ca. 2000 m Höhe erreichen.
Zahlreiche kleine Flüsse, [* 7] die alle zum Pogebiet gehören: Reno, Panaro, Savena, Sillaro, Santerno etc., bewässern es;
außerdem
ist die Ebene von vielen Kanälen (da
runter der Canale Naviglio, ein bedeutendes Werk aus dem 14. Jahrh.)
durchschnitten, welche die Luft sehr feucht machen.
Die Bevölkerung [* 8] zählt (1881) 457,474 Seelen. Die Ebene ist reich angebaut und überaus fruchtbar, besonders an Weizen, Mais, Reis, Hanf, Hülsenfrüchten, Obst, Heu etc. Eigentümliche und von dem Land benannte ¶
Produkte sind: die Bologneser Hündchen, die Bologneser Seide, [* 10] die Bologneser Kreide (Gesso di und der Bologneser Spat oder Bononische Stein (Pietra di Monte Paderno);
außerdem liefert das
Mineralreich Marmor, Gips,
[* 11] Thon, Farberde, Kupfer
[* 12] und Braunkohle.
Hauptnahrungszweige der Bewohner sind: Feldbau, Viehzucht [* 13] (besonders Ziegen- und Schweinezucht), ergiebige Bienenzucht, [* 14] Flußfischerei, sehr mannigfaltige Industrie (Seidenzeuge, Hanfleinwand, Seilerwaren, Tuch, geräucherte Fleischwaren) und Handel.
Die gleichnamige Hauptstadt ist eine der ältesten, größten und reichsten Städte Italiens,
[* 15] die wegen der Fruchtbarkeit ihrer
Umgebung la grassa (»die Fette«) genannt wird. Darin hat man wohl den ersten Grund ihrer Anlage und Entwickelung zu suchen. Aber
die Stadt lag auch für den Verkehr günstig; wie ehemals alle Landstraßen, so vereinigen sich jetzt
alle Straßen und Eisenbahnen, welche vom Simplon bis Triest
[* 16] die Alpen
[* 17] überschreiten, in und gehen von da
weiter über den Apennin,
der im Renothal wie im Futapaß hier leicht gangbar ist, nach Toscana oder an der Ostküste entlang nach
Brindisi und Tarent.
Deshalb haben hier die Römer
[* 18] gleichzeitig mit Placentia und Cremona eine Militärkolonie gegründet und zuweilen die Kaiser hier
residiert; aus demselben Grund wird in neuester Zeit zu einer der stärksten Festungen Italiens mit Arsenal und befestigtem Lager
[* 19] umgeschaffen. Bologna
liegt auf der durch die alte Ämilische Straße bezeichneten Linie des Übergangs des
Apennin in die Ebene, an einem schiffbaren, in der Stadt zum Teil überbauten Kanal
[* 20] des westlich vorbeifließenden Reno, der
durch sein furchtbares Anschwellen und seine Geröllmassen eine beständige Bedrohung der Stadt ist.
Sie bildet, noch von alten Mauern und Gräben umgeben, ein unregelmäßiges Sechseck mit im Innern häufig
krummen und engen, aber reinlichen Straßen, von denen die wichtigsten doch ziemlich gerade radienförmig vom innersten, ältesten
Kern der Stadt zur Peripherie leiten. Die Häuser sind meist drei Stockwerke hoch, gut gebaut, ja palastartig und mit Arkaden
versehen. Unter den Plätzen sind besonders die Piazza Vittorio Emmanuele, der eigentliche Mittelpunkt der
Stadt, von Palästen umgeben, und der angrenzende Neptunsplatz mit dem berühmten Neptunsbrunnen, 1566 ausgeführt und mit
der Neptunstatue von Giovanni Bologna
geschmückt, zu nennen.
Hier steht der Palazzo del Podesta, in welchem König Enzio 23 Jahre gefangen gehalten wurde, 1201-64 erbaut,
mit großem Turm,
[* 21] aber unvollendeter Fassade, das
reiche Stadtarchiv enthaltend;
an der Ostseite der Portico dei Banchi mit schönen Magazinen;
an der Westseite der Palazzo Pubblico, der Sitz der Staats- und Stadtbehörden, aus dem 13. Jahrh., mit einer Bronzestatue Gregors XIII. und einem Thonrelief der Madonna an der Fassade;
an der Südseite die Kirche San Petronio, die größte der 75 Kirchen der Stadt, 1390 nach dem Plan des Vincenzi im italienisch-gotischen Stil begonnen, aber nur bis zum Querschiff vollendet, mit schönen Skulpturen an der gleichfalls unvollendeten Fassade und an den Portalen, im Innern mit Gemälden und Denkmälern reich ausgestattet, mit Angabe des hier 1653 bestimmten Meridians.
Der größte Platz ist der an der Nordseite gelegene ehemalige Mercato, jetzt Piazza d'Armi, an den sich die Montagnola, ein großer öffentlicher Garten, [* 22] anschließt. Andre merkwürdige Kirchen sind: die Kathedrale San Pietro (1620 begonnen);
San Domenico, die Wiege des Dominikanerordens (in dem anstoßenden Kloster lebte und starb der heil. Dominikus), den reichgeschmückten Sarkophag [* 23] (arca) des Heiligen mit herrlichen Skulpturen von Nicola Pisano und Michelangelo enthaltend;
ferner Santo Stefano, [* 24] ein Komplex von sieben Bauwerken verschiedenen Alters, Basiliken, Rundkirchen und Klosterhöfen;
die dreischiffige San Martino Maggiore;
Santa Maria dei Servi mit schönem Säulenvorhof und Hauptaltar;
San Giacomo Maggiore (1267-1497 erbaut) mit großem Tonnengewölbe, reicher, aus 34 Bogen [* 25] bestehender Säulenhalle, schönem Glockenturm und berühmtem Altarblatt von Francia, u. a., sämtlich noch im Besitz reicher Kunstschätze.
Nahe dem Mittelpunkt der Stadt stehen die beiden berühmten schiefen Türme,
der eine 1109 von Asinelli begonnen und nach ihm benannt, 83 m hoch mit 1 m Abweichung, der andre (von
1110) nach seinem Erbauer die Garisenda
(auch Mozza) benannt, 42 m hoch und mit 2,5 m südlicher Abweichung von der Senkrechten.
Südlich davon
erhebt sich die Loggia dei Mercanti (Mercanzia), Sitz der alten Börse, ein schöner Bau aus dem 14. Jahrh. hat
ferner eine große Zahl glänzender architektonischer und im Innern an Kunstwerken reicher Paläste, meist mit offenen Arkadenhallen
im Untergeschoß, schönen Fassaden und Höfen (da
runter die Palazzi Bevilacqua, Fava, Buoncompagni, Pepoli, Sampieri, Fantuzzi,
das
Collegio di Spagna).
Die Stadt zählt (1881) 103,998 Einw., die sich durch Handels- und Gewerbfleiß auszeichnen. In großem
Ruf stehen die bolognesischen Makkaroni, Mortadellas, Liköre, eingemachten Früchte, künstlichen Blumen und wohlriechenden Seifen;
außerdem treibt man Seidenspinnerei und Seidenweberei, Hanf- und Tuchindustrie, Tabak-, Glas- und Papierfabrikation
[* 26] und Strohhutflechterei.
Bologna
ist Sitz einer Universität, der ältesten Europas, 1119 gestiftet, die ihr im Mittelalter, wo sie oft von 12,000
Studenten aus ganz Europa
[* 27] besucht wurde und fast alle Nationen dort eigne Kollegien hatten, den größten Ruhm und den zweiten
Beinamen »la dotta« verschaffte.
Namentlich bedeutend war ihre Rechtsschule. Auch später ist die Universität von Bologna
bedeutend geblieben; dort wurde die erste
Leiche zergliedert und der Galvanismus
[* 28] entdeckt, und noch heute blüht sie (1882: 119 Dozenten und 795 Studenten).
Dort haben Irnerius (im 12. Jahrh.), Gratian, Malpighi, Cassini u. a., namentlich auch zahlreiche weibliche Dozenten gelehrt. Noch
heute ist die Universität besser mit Instituten versehen als die meisten andern italienischen Hochschulen, sie hat namentlich
eine reiche Bibliothek von 200,000 Bänden und 6000 Manuskripten. Es besteht ferner hier, nachdem eine große
Zahl andrer phantastischer Akademien wieder eingegangen, eine Accademia delle belle arti oder Accademia Clementina, von Clemens
III., einem gebornen Bologneser, gestiftet, welche im Besitz der schönsten Werke der im 16. Jahrh. von den Caracci, Guido Reni,
Domenichino, Albani und Guercino gestifteten sogen. bolognesischen Schule und andrer Meister ist. In dieser
Sammlung finden sich unter anderm Raffaels heil. Cäcilia, Guido Renis Madonna della Pietà und der Gekreuzigte, ein Altarbild
von Giotto, Madonnenbilder von Francia und Perugino etc. sowie eine Waffensammlung. Von sonstigen Bildungsanstalten sind zu nennen:
ein Lyceum, ein städtisches Gymnasium, das Arciginnasio antico mit großer Bibliothek (Civica-Magnani,
mit 102,800 Bänden), ein Gewerbeinstitut, eine technische Schule, zwei Normalschulen für Lehrer und eine berühmte, 1805 gegründete
Musikschule (Liceo filarmonico, an welcher Rossini studierte), das Museo Civico (1871 gegründet)
¶
mit Sammlung von Gräberfunden und andern Altertümern. Unter den Theatern Bolognas
ist das Teatro Comunale als Haupttheater
hervorzuheben; bemerkenswert sind ferner die Theater
[* 30] Contavalli und del Corso. Musik wird hier sehr kultiviert. Dem Zweck der
Wohlthätigkeit dienen ein großes Krankenhaus
[* 31] (1801 gegründet), ein Findelhaus, ein Institut zur Unterstützung herabgekommener
Familien (Opera Vergognosi, 1495 gegründet), drei Waisenhäuser, ein Institut für erwachsene Waisen, das
Armeninstitut Vittorio Emmanuele (1735 gestiftet) u. a.; auch besitzt die Stadt ein Taubstummeninstitut
und eine Irrenanstalt (seit 1560). Bologna
ist auch der Sitz eines Erzbischofs und eines Appellationsgerichts sowie eines deutschen
Konsuls.
Auf einem benachbarten Hügel im SW. vor der Porta San Manoelo liegt San Michele in Bosco, bis 1797 ein Olivetanerkloster
und jetzt ein königliches Lustschloß, mit Resten schöner Fresken im Klosterhof, und auf einem andern Hügel vor der Porta
Saragozza die Wallfahrtskirche Madonna di San Luca, zu der ein bedeckter Säulengang von 635 Bogen führt. Vom ersten
Dritteil desselben führt ein neuer Arkadengang zu der 1335 erbauten Kartause (Certosa), die 1797 aufgehoben und 1801 zum öffentlichen
Friedhof (Campo santo) von Bologna
geweiht wurde, mit schönen Denkmälern aus alter Zeit und neuen Grabmonumenten. In Bologna
wurden 8 Päpste, 200 Kardinäle,
sehr viele Gelehrte und berühmte Künstler geboren, z. B. Francia, die Caracci, Albani, die Gebrüder Reni,
Galvani etc.
Bologna
, ursprünglich Felsina als etrurische Stadt, wurde sodann Bononia genannt als Hauptstadt der Bojer und 189 v. Chr. von den
Römern erobert, welche eine starke Bürgerkolonie dahin führten. Im J. 43 v. Chr. ward in der Nähe auf einer Insel des Reno
das zweite Triumvirat abgeschlossen. Durch Augustus hob sich die in den Bürgerkriegen herabgekommene Stadt
zu neuer Blüte
[* 32] und war öfters die Residenz von Kaisern. Nach dem Untergang des ostgotischen Reichs kam Bologna
zum Exarchat und dann
an die Langobarden, welchen sie Karl d. Gr. entriß, der sie zur Freien Stadt erklärte.
Als solche gewann sie eine nicht unbedeutende Macht; großes Ansehen genoß sie durch die angeblich schon
von Theodosius II. 425 begründete Universität, namentlich ihre Rechtsschule, die besonders durch Irnerius (gestorben um 1140)
gehoben ward. Als Glied
[* 33] des Lombardischen Bundes nahm Bologna
teil am Kampf gegen die Hohenstaufen; Kaiser Friedrichs H. Sohn
Enzio starb daselbst in der Gefangenschaft. Nach wechselnden Kämpfen der dortigen adligen Familien, der Geremei, Lambertazzi,
Guidi, Pepoli, Bentivoglio u. a., um die Herrschaft unterwarf sich die Stadt 1506 dem Papst und wurde nun päpstliche Legation,
behielt jedoch noch viele Freiheiten. Am wurde in Bologna
Karl V. von Papst Clemens VII. zum römischen
Kaiser gekrönt. 1547 wurde das Konzil von Trient
[* 34] nach Bologna
verlegt und hielt hier zwei Sitzungen.
Nachdem die Stadt 1796 von den Franzosen genommen worden war, wurde sie nebst ihrem Gebiet ein Bestandteil der Cisalpinischen Republik,
später (als Departement Reno) des Königreichs Italien; 1815 kam sie wieder zum Kirchenstaat. 1821 war Bologna
der
Hauptherd des republikanischen Aufstandes, der 4. Febr. ausbrach und sich schnell bis nach Ancona
[* 35] verbreitete, worauf der Kardinal-Legat
flüchten mußte und eine provisorische Regierung eingesetzt wurde. Zwar ward der Aufstand durch die Österreicher unter General
Frimont bald unterdrückt, doch brachen die Unruhen schon von neuem aus, und die päpstliche
Regierung wurde nochmals
gestürzt. Aber auch diesmal stellten im Januar 1832 die österreichischen Waffen
[* 36] die alte Ordnung in
kurzem wieder her. An den Bewegungen seit 1848 nahm Bologna
lebhaften Anteil und lieferte zu den italienischen Unabhängigkeitskriegen
eine große Anzahl Freiwilliger; ein österreichisches Korps, das Bologna
durch einen Handstreich
besetzen wollte, wurde durch einen Aufstand in Masse gezwungen, die Stadt zu verlassen.
Als jedoch die Österreicher nach Abschluß des Friedens mit Sardinien
[* 37] und im Einverständnis mit dem Papst von neuem
anrückten, mußte sich Bologna
nach achttägiger Gegenwehr und wiederholtem, jedoch ziemlich
unschädlichem Bombardement 16. Mai ergeben, wurde in Belagerungszustand erklärt und blieb der Sitz eines österreichischen
Armeekommandos bis zum österreichisch-italienischen Krieg von 1859, infolge dessen die Stadt vom Kirchenstaat abfiel und im
März 1860 mit der Romagna ihren Anschluß an das Königreich Sardinien proklamierte.
Vgl. Savioli, Annali
della città di Bologna
(Bassano 1788-95, 3 Bde.);
Guidicini (geb. 1763), Cosenotabili della città di Bologna
(Bologna 1869-74, 6 Bde.).
Bologna
(spr. -lonnja), Giovanni (nicht da Bologna, eigentlich Jean Boulogne), flandr. Bildhauer und Architekt, geb. 1524 zu Douai, begab sich um 1540 nach Antwerpen, [* 38] wo er die Bildhauerkunst [* 39] bei Jacques Dubroeucq erlernte, und 1551 nach Italien, wo er bis an sein Ende blieb und eine außerordentlich umfangreiche Thätigkeit als Bildner in Bronze [* 40] und Marmor entfaltete. Nach kurzem Aufenthalt in Rom, [* 41] wo er den Einfluß Michelangelos erfuhr, ging er nach Florenz und trat hier 1561 in die Dienste [* 42] des Großherzogs Cosimo I. Im J. 1563 wurde er von Papst Pius IV. nach Bologna berufen, wo er bis 1567 sein Hauptwerk, den Neptunsbrunnen, ausführte.
Unter seinen zahlreichen übrigen Arbeiten sind die hervorragendsten: die Tugend, das Laster fesselnd (Marmor, Bargello in Florenz);
die Bronzefigur des schwebenden Merkur [* 43] von 1572, ebendaselbst (s. Tafel »Bildhauerkunst VI«, [* 44] Fig. 18);
der Raub der Sabinerin von 1583 in Marmor, in der Loggia dei Lanzi zu Florenz (Fig. 17);
die Reiterstatue Cosimos I., auf der Piazza della Signoria in Florenz (1594);
Gruppe des Okeanos und der drei Stromgötter, auf der von ihm angelegten Insel im Garten Boboli;
Herkules und der Centaur, in der Loggia dei Lanzi;
die Bronzereliefs für die Hauptthür des Doms in Pisa; [* 45]
die Reiterstatue Ferdinands I., aus dem Annunziataplatz in Florenz, und die von seinen Schülern vollendete, aber 1792 eingeschmolzene Reiterstatue Heinrichs IV. für Paris. [* 46] Bologna starb 1608 in Florenz. Er verband die Kühnheit Michelangelos mit einer geläuterten, wenn auch etwas oberflächlichen Formengebung und war besonders hervorragend in der Eleganz und dem Schwung des Aufbaues bewegter Gruppen.
Vgl. A. Desjardins, La vie et l'œuvre de Jean Bologne (Par. 1884).