Giotto
Rom

* 3
Rom. di
Bondone (spr. dschotto), ital.
Maler und
Architekt, geboren nach
Vasari 1276, wahrscheinlich aber schon 1266,
zu Vespignano im Florentinischen, war
Schüler
Cimabues, der ihn als Hirtenknaben seine
Schafe
[* 2] mit
Kohle nachzeichnend getroffen
haben soll. Aus seiner
Jugend rühren die
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Szenen aus dem
Leben des heil.
Franz von Assisi in der
Oberkirche zu
Assisi her; einer
reifern
Periode gehören die
Fresken in der Unterkirche mit allegorischen
Darstellungen der drei
Tugenden,
der freiwilligen
Armut, der
Keuschheit und des
Gehorsams, und der
Apotheose des
Heiligen an.
In den letzten
Jahren des 13. Jahrh.
arbeitete in
Rom;
[* 3] für den
Kardinal Stefaneschi fertigte er 1298 ein Mosaikbild: die
Errettung des
Petrus und seiner Genossen
aus dem
Sturm, welches sich jetzt, vielfachen Veränderungen unterworfen, unter dem
Namen »navicella di
San Pietro« im
Portikus, der Hauptthür der jetzigen
Kirche gegenüber, befindet, und ein Altarbild mit dem vor dem
Heiland knieenden
Kardinal
(Sakristei der
Peterskirche).
Ferner malte er in der
Tribüne von St.
Peter fünf
Darstellungen aus dem
Leben
Christi und das Hauptbild in der
Sakristei und hierauf an den
Wänden der (alten)
Peterskirche
Darstellungen aus dem Alten und
Neuen
Testament, die
aber alle nicht
mehr vorhanden sind. In
San Giovanni in Laterano befindet sich ferner ein Freskobild von Giotto
di Bondone:
Bonifacius VIII., das
Jubiläum
von 1300 verkündigend. Nach seinem Aufenthalt in
Rom
mag er die Fresken:
Hölle und
Paradies im
Bargello
(jetzt Museo Nazionale) ausgeführt haben, die stark beschädigt sind.
Paderbornisch - Padua

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Padua.
Berühmt sind sie namentlich dadurch, daß
Dantes
Porträt sich auf ihnen befindet. Im J. 1303 schmückte er in
Padua
[* 4] die Scrovegnikapelle
in der
Kirche
Santa Maria dell'
Arena mit Fresken, die sich durch die treffliche
Verbindung von
Architektur
und
Malerei auszeichnen,
Szenen aus dem Alten und
Neuen
Testament,
Christi
Himmelfahrt, das
Leben der
Maria, unten an den
Sockeln
allegorische
Figuren,
Tugenden darstellend. Giotto
di Bondone
und
Giovanni
Pisano waren es, welche die
Darstellung allegorischer
Figuren in
Gang
[* 5] brachten, die im 14. Jahrh. mit Vorliebe behandelt wurden.
Dieser Freskencyklus ist am besten erhalten und zeigt Giottos
Eigenart am deutlichsten. Von seinen Fresken in
Verona
[* 6] und
Ferrara
[* 7] ist nichts mehr vorhanden. In
Ravenna ist die Wölbung der ersten
Kapelle rechts in der
Kirche des
Evangelisten
Johannes mit
Kirchenvätern
und
Evangelisten von Giotto
di Bondone
bemalt. In
Santa Croce zu
Florenz
[* 8] schmückte er mehrere
Kapellen mit Fresken. Zu
seinen schönsten, obwohl etwas verblichenen Fresken gehören die in der
Kapelle
Peruzzi mit
Szenen aus dem
Leben der beiden
Johannes.
Giovanelli - Gips

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Seite 7.354.
Die
Kapelle Bardi ist von Giotto
di Bondone
mit
Darstellungen aus dem
Leben des heil. Franziskus, die
Baroncelli-Kapelle mit einer schönen
Krönung der
Maria geschmückt. Das
Tafelbild einer thronenden
Madonna mit
Engeln und
Heiligen, ehemals in
Ognissanti, befindet sich jetzt in der
Akademie der
Künste. 1328 erhielt Giotto
di Bondone
vom
Herzog
Karl von
Kalabrien den Auftrag, im
Palast
der
Signoria dessen Bildnis zu malen. Durch
Karls Vermittelung wurde er 1330 vom König
Robert nach
Neapel
[* 9] berufen; jedoch sind die ihm dort zugeschriebenen
Malereien nicht von seiner
Hand,
[* 10] zeigen aber seinen Einfluß. 1334 kehrte
er nach
Florenz zurück und ward Oberbaumeister des
Doms und aller städtischen Bauten daselbst. Er begann die Ausschmückung
der
Fassade und 1336 den
Bau des Glockenturms, dessen Vollendung er jedoch nicht
¶
mehr
mehr erlebte. Inzwischen hatte er noch Aufträge für Gemälde von Azzo Visconti in Mailand [* 12] und Gero Pepoli in Bologna erhalten. In der Brera zu Mailand befindet sich das Altarbild einer Madonna mit Engeln, dessen Flügel mit Heiligen die Pinakothek zu Bologna besitzt. Für die Kirche San Francesco zu Pisa [* 13] schuf er ein Altarbild der Stigmatisierung des Heiligen, jetzt im Louvre. Außerdem haben sich noch von ihm verschiedene treffliche Darstellungen des Gekreuzigten erhalten, eine in Florenz, eine andere in Santa Felicita ebendaselbst, die schönste aber in San Marco.
Von Giotto
di Bondone
rühren ferner die Entwürfe zu der wahrscheinlich
von Gaddi ausgeführten Doppelreihe kleiner Bilder her, welche ehemals die Schränke der Sakristei der Minoritenkirche
zu Florenz schmückten, aber jetzt teils in der akademischen Galerie daselbst, teils in Berlin
[* 14] u. a. O. sich befinden. Giotto
di Bondone
starb und
wurde im Dom von Florenz beigesetzt. Benedetto da Majano führte seine Porträtbüste in Marmor daselbst aus.
Giotto
di Bondone
stand mit den größten Männern seiner Zeit, Dante, Petrarca und wohl auch Giovanni Pisano, im engern Verkehr. Er war der
eigentliche Begründer der italienischen Malerei, speziell der toscanischen Freskomalerei.
Sowohl in der Technik (er bediente sich dabei der Feigenmilch und des Eigelbs) als in der Farbengebung trat er als Neuerer auf; er verlieh den Farben Helligkeit und Klarheit und führte eine massige, breite, plastisch wirkende Licht- und Schattenverteilung ein. Obschon er in seinen Fresken den alten Grundsätzen der Einteilung treu blieb, zeichnete er sich doch durch glückliche Verwendung der gegebenen Räumlichkeiten sowie durch treffliche Komposition in den einzelnen Bildern aus. Er veredelte die Proportionen, gab den Figuren lebendige Bewegung und ausdrucksvolle Gebärden. An die Stelle der frühern byzantinischen Starrheit trat bei ihm lebendige Handlung und ein italienisch-nationaler Charakter. Auch die Schwerfälligkeit und Überladung der Gewandung früherer Zeit mußte bei ihm einem naturwahren, einfachen und doch großartigen Faltenwurf weichen.
Vgl. Dobbert in Dohmes »Kunst und Künstler« (Leipz. 1878);
Quilter, Giotto
(Lond. 1880).