die Mündung eines zum
Rösten oder
Schmelzen von
Erzen dienenden
Schachtofens sowie auch der
Raum um diese Mündung
herum. In ersterm
Sinn redet man von Gichtmantel, einem die Ofenmündung bis auf Chargieröffnung umgebenden
Cylinder aus
Blech
oder
Mauerwerk, in letzterm von Gichtplateau und Gichtgalerie, einer das
Plateau einschließenden Umfriedigung, sowie von Gichtbrücke,
einer das Gichtplateau mehrerer
Öfen
[* 2] verbindenden
Brücke.
[* 3]
Ferner bezeichnet Gicht die nach
Volumen oder
Gewicht abgeteilten
Portionen von
Erz und Brennmaterial, welche periodisch durch die Gichtmündung in den
Ofen gebracht (aufgegichtet) werden. Hierauf
beziehentlich die
Ausdrücke: Gichtenwechsel, Niedergangszeit der
Gichten im
Ofen, Gichtmesser und Gichtwecker,Signale, welche
angeben, daß die
Gichten so weit im
Ofen niedergegangen sind, daß frische aufgegeben werden müssen;
s.
Gichtaufzug. Bei Frischfeuern
(s.
Eisen,
[* 4] S. 410) heißt Gicht diejenige Seite des
Herdes, an welcher das einzuschmelzende Roheisen eingeschoben wird.
(Podagra,
Arthritis vera, A. urica, A. guttosa, franz. la
Goutte), eine schmerzhafte, in Anfällen auftretende
entzündliche Erkrankung der
Gelenke, namentlich der
Zehen und Fingergelenke, welche anatomisch durch die
Ablagerung harnsaurer
Salze in den
Gelenken und den sie umgebenden Weichteilen charakterisiert ist. Die echte Gicht wird gewöhnlich
als der
Ausdruck einer eigentümlichen Blutentmischung, nämlich der harnsauren
Diathese, angesehen, denn man findet bei der
Gicht die
Menge der
Harnsäure im
Blut vermehrt.
Worauf diese
Vermehrung beruht, ist noch nicht genügend ermittelt; allein es wird angenommen werden dürfen,
daß der gichtischen
Diathese eine eigentümliche
Störung des allgemeinen
Stoffwechsels zu
Grunde liegt. Es ist nachgewiesen,
daß bei der Gicht die erbliche
Anlage eine sehr große
Rolle spielt, denn dieselbe läßt sich wohl bei der Hälfte aller Kranken
konstatieren. Im Kindesalter kommt die Gicht gar nicht vor, bei
Frauen ist sie weit seltener als bei Männern.
Sie befällt nicht leicht jemand vor dem 30.-35. Lebensjahr und gilt mit
Recht für eine
Krankheit der wohlhabenden
Stände.
Sie befällt vorzugsweise solche
Personen, welche übermäßig reichliche
Mahlzeiten lieben, dem
Wein- und Biergenuß huldigen
und sich dabei wenig
Bewegung machen. Ein Gichtanfall tritt wahrscheinlich dann ein, wenn die im
Blut angehäufte
Harnsäure nicht genügend vollständig durch den
Harn ausgeschieden wird. Die
Ursache der ungenügenden
Ausscheidung scheint
darin zu liegen, daß die Harnkanälchen der Nierenpyramiden mit harnsauren
Niederschlägen verstopft sind.
Die
Harnsäure wird unter solchen Umständen an gewissen
Orten des
Körpers, vorzugsweise in den
Gelenken
der
Zehen
(Podagra), aber auch in andern
Gelenken, wie bei der Gicht der
Finger
(Chiragra), im Ohrknorpel etc., abgelagert. Bevor
ein Anfall eintritt, fühlen sich die Kranken schon abgespannt; ihr
Schlaf ist unruhig, ihre
Verdauung gestört, der
Appetit
vermindert; sie klagen über Beengung, schwitzen stark und sondern einen spärlichen, konzentrierten
Harn ab. Der Anfall selbst stellt sich trotzdem unerwartet und plötzlich, meist um
Mitternacht, mit heftigen bohrenden und
brennenden
Schmerzen in dem
Gelenk der großen
Zehe ein.
Die
Schmerzen erreichen bald eine fast unerträgliche
Höhe. Die
Haut
[* 5] über dem
Gelenk rötet sich und ist etwas geschwollen,
es tritt
Fieber hinzu. Gegen
Morgen macht sich ein starker
Nachlaß der
Schmerzen bemerklich. In der nächsten
Nacht erfolgt ein neuer, gleich heftiger oder etwas schwächerer Anfall, und so wechseln erträgliche
Tage mit schlechten
Nächten
ab, bis etwa nach
Ablauf
[* 6] einer
Woche der Kranke von seinen
Schmerzen befreit ist. DerPatient fühlt sich
nun sehr erleichtert und wohler als vor dem ersten Anfall. Nach
Monaten oder erst nach
Jahren tritt gewöhnlich die
Krankheit
von neuem in der gleichen Art hervor, die Anfälle folgen mit der Zeit schneller aufeinander; aber die kürzern freien Zwischenzeiten
sind nicht mehr
Perioden vollkommenen Wohlbefindens, sondern es bleiben leichte
Schmerzen und eine gewisse
Unbehaglichkeit für immer zurück. Es geht also mit der Zeit die akute in die chronische Gicht über.
Als chronische (irreguläre oder atonische) pflegt man diejenigen
Fälle zu bezeichnen, bei welchen den Anfällen längere
Zeit hindurch Vorboten, namentlich in Gestalt von
Verdauungsbeschwerden, vorausgehen, bei welchen die
Anfälle selbst weniger schmerzhaft und nur mit geringem
Fieber verbunden, dafür aber anhaltender sind, wochen- und monatelang
dauern, wobei nicht bloß die
Zehen-, sondern auch andre
Gelenke gleichzeitig oder eins nach dem andern ergriffen werden.
Gerade
bei der chronischen Gicht kommt
¶
mehr
die massenhafte Ablagerung von harnsauren Salzen in den Gelenken vor, welche manchmal selbst die Haut als steinartige Bildungen
(tophi) durchbohren. Das kranke Gelenk geht bei der chronischen Gicht nach einem Anfall nicht ganz in den Normalzustand zurück;
es bleiben harte Stellen, Gichtknoten, Verkrümmungen etc. zurück. Die Gelenke bleiben schließlich fast
anhaltend schmerzhaft, schwer beweglich und mißgestaltet. Die Kranken können nicht mehr gehen und sich ihrer Glieder
[* 8] frei
bedienen.
Hierzu gesellt sich ein andauerndes allgemeines Siechtum. Die Kranken magern ab, die Verdauung ist schwer gestört, es tritt
ein hoher Grad von Reizbarkeit und Verstimmung auf. Der Verlauf der Gicht ist sehr langsam und heimtückisch.
Der Ausgang in dauernde Genesung ist im ganzen selten, wahrscheinlich deshalb, weil die Kranken sich nicht eher zu einer gründlichen
Änderung ihrer Lebensweise entschließen, als bis die Krankheit fest eingewurzelt ist. Auch der Tod ist ein seltener Ausgang
der Gicht; die meisten Gichtkranken sterben an andern Krankheiten, von welchen sie zufällig betroffen werden.
Die Behandlung der Gicht muß die Regelung der Lebensweise vorzugsweise in das Auge
[* 9] fassen. Der zur Gicht. Geneigte muß eine strenge,
ganz mäßige Diät führen, sich bei seinen Mahlzeiten vorzugsweise an vegetabilische Substanzen, Suppe, Obst, Gemüse u. dgl.
halten, während der Fleischgenuß einzuschränken ist und nur einmal täglich gestattet werden darf.
Wein und Bier wird der Kranke am besten gänzlich vermeiden, auch vom Kaffee und Thee soll er sich fern halten. Dagegen soll
der Patient sich viel in der freien Luft bewegen, angemessene körperliche Leistungen verrichten und fleißig Wasser trinken.
(mediz.) oder Zipperlein (Arthritis urica, Urarthritis), eine Allgemeinkrankheit, die sich hauptsächlich durch
schmerzhafte Affektion der Gelenke kundgiebt und auf der Ablagerung harnsaurer Salze in den Gelenkknorpeln
und den umgebenden Weichteilen beruht. Sie geht von einem krankhaften Zustande der Verdauungswerkzeuge aus und wird in den
meisten Fällen durch die naturwidrige Lebensweise der höhern Stände (übermäßigen Fleischgenuß und Unmäßigkeit in dem
Genuß von Wein, Bier und andern Spirituosen) und durch Übermaß in sinnlichen Genüssen bei zu geringer
Körperanstrengung, mitunter auch durch Entbehrungen und gleichzeitigen Einfluß des Witterungs- und Temperaturwechsels herbeigeführt.
Das Alter vom 30. bis zum 60. Jahre, das männliche Geschlecht und starke, kräftige Konstitutionen sind am meisten dazu
disponiert; oft ist erbliche Anlage nachzuweisen.
Die hat eine akute und chronische Form. Die akute Gicht beginnt mit überaus heftigen bohrenden
oder stechenden Schmerzen in einem Gelenk, gewöhnlich zuerst im Gelenk der großen Zehe (daher auch Podagra, d. h. Fußschmerz,
Fußleiden, genannt), das mit den Zeichen der Entzündung anschwillt, dunkelrot, heiß und glänzend gespannt erscheint. Die
Schmerzen wiederholen sich in kurzen Zwischenräumen, erst stärker, dann schwächer und hören endlich
ganz auf. Denselben Verlauf haben das den Anfall begleitende Fieber und die
¶
mehr
Verdauungsbeschwerden, die meist dem Anfall schon vorausgehen, und in Zeit von 1 bis 2 Wochen ist der akute Gichtanfall in der
Regel zu Ende. Dabei findet sich in dem Blut der Kranken die Menge der Harnsäure beträchtlich vermehrt, weshalb man gewöhnlich
die Gicht als den Folgezustand einer besondern Art der Blutentmischung und einer eigentümlichen
Störung des allgemeinen Stoffwechsels, der sog. harnsauren Dyskrasie, betrachtet. Die chronische, irreguläre oder atonische
Gicht besteht darin, daß diese Anfälle mehrere, oft viele Jahre hintereinander besonders im Frühjahr und Herbst wiederkehren,
gewöhnlich mit geringen Schmerzen und ohne Fieber, aber länger andauernd.
Die sog. verlarvte Gicht ist derselbe Krankheitszustand, spricht
sich aber nicht in den Knochen,
[* 16] sondern in andern Körperteilen durch Verdauungsbeschwerden, Hautausschläge u. s. w. aus. Gewöhnlich
befällt die Gicht die kleinern Gelenke, die Zehen, Finger, das Knie u. s. w., bei unregelmäßigem Verlaufe jedoch
auch die Kopfknochen, das Rückgrat und die Kreuzgegend; auch zieht sie von einer Stelle zur andern. Die
chronische hat oft Ablagerungen fester, hauptsächlich aus harnsauren Salzen bestehender Massen zur Folge, entweder in den Gelenken
(die sog. Gichtknoten) oder äußerlich an den Knochen und den Ohrknorpeln, oder in innern Teilen, dem Herzen, den Häuten der
größern Gefäße, zuweilen auch Nieren- oder Blasensteine. Bisweilen bricht die entzündete Haut über
einem gichtischen Gelenk auf, und es bildet sich so ein Gichtgeschwür, aus dem sich mehr oder minder reichlicher, mit weißen
mörtelartigen Massen vermischter Eiter entleert.
Bei der Behandlung der Gicht muß der Arzt hauptsächlich dieselbe vom Rheumatismus (s. d.) zu unterscheiden wissen
und mehr die Verhütung weiterer Anfälle berücksichtigen, als etwa den Anfall, der eine Art Krisis bildet,
durch starke entzündungswidrige Mittel in seinem Laufe hemmen wollen. Während des Anfalls selbst lagere man das erkrankte
Glied
[* 17] mäßig erhöht, bestreiche das entzündete und geschwollene Gelenk reichlich mit einem milden Fett oder Öl und umwickle
es mit gewärmter Watte, Flanell oder Werg; dabei genieße der Kranke nur eine schmale stickstoffarme Kost
(am besten Wassersuppen, Gemüse, getrocknetes Obst), trinke viel Selters- oder Sodawasser und sorge durch Klystiere oder milde
Abführmittel für regelmäßige Stuhlentleerung; bei großer Schmerzhaftigkeit und Schlaflosigkeit ist das Morphium oft nicht
zu entbehren.
Die eigentliche Kur muß erst nach vollendetem Anfall beginnen, und hierzu ist besonders der Gebrauch
einiger Mineralbäder, wie Aachen,
[* 18] Teplitz, Wiesbaden,
[* 19] Gastein, Wildbad, Karlsbad, Marienbad, Kissingen und Homburg, auch der
Sol- und Dampfbäder zu empfehlen. Jedoch gelingt es selten, die Krankheit vollkommen zu heben, da, wie schon die Erblichkeit
derselben zeigt, ihr eigentlicher Keim sehr tief im Körper wurzelt. Ohne eine gründliche und dauernde
Änderung seiner Lebensweise kann der Kranke nicht hoffen, von weitern Gichtanfällen verschont zu bleiben; eine einfache
und mäßige Diät, besonders große Mäßigkeit im Genuß stickstoffreicher und fetter Nahrungsmittel
[* 20] (Fleisch, Eier,
[* 21] Käse)
und alkoholreicher Getränke, fleißiges Wassertrinken, angemessene körperliche Bewegung im Freien und
bei kräftigem Atmen sind hierzu ganz unerläßlich erforderlich. Von den Arzneimitteln werden das Colchicum sowie das Piperacidin
am meisten empfohlen. Gegen die zurückbleibende
Gelenksteifigkeit erweist sich die methodische Anwendung der Massage (s. d.)
nützlich. –
Vgl. Pagenstecher, Gicht und Rheumatismus (3. Aufl., Lpz. 1889);
Ebstein, Die Natur und Behandlung der Gicht (Wiesb. 1882);
ders., Das Regimen bei der Gicht (ebd. 1885);
Diruf,
Die Lebensweise für Gicht- und Steinkranke (Kissing. 1891).