Ghibérti
,
Lorenzo, ital. Goldschmied, Erzgießer und Bildhauer, geb. 1378 zu
Florenz,
[* 2] Sohn des
Cione di
Ser Buonaccorso, lernte die
Goldschmiedekunst
[* 3] bei dem zweiten Mann seiner
Mutter,
Bartolo Ghibérti
, und daneben
die
Malerei, da er 1400,
vor der
Pest fliehend, nach
Rimini ging, wo er für Pandolfo
Malatesta Freskogemälde
auszuführen begann. Im J. 1401 eilte er auf die Nachricht hin, daß eine
Aufforderung an die ersten italienischen Bildhauer
ergangen sei, sich durch eine Probearbeit um den Auftrag zu der nördlichen Bronzethür am
Baptisterium in
Florenz zu bewerben, nach seiner Vaterstadt zurück. Ghibérti
trug den
Sieg über
¶
mehr
fünf Mitbewerber (darunter Quercia und Brunellesco) durch eine Probearbeit, das Opfer Isaaks (Museum des Bargello in Florenz), davon und erhielt den Auftrag. Erst 1424 war die Arbeit beendigt, an deren Ausführung eine Anzahl der geschicktesten Bildhauer und Goldschmiede mitwirkte. Die 20 Hauptfelder enthalten neutestamentliche Darstellungen; unten sind die vier Evangelisten, weiter oben die vier Kirchenlehrer angebracht, und Friese [* 5] und Simse zeigen einen reichen Schmuck von Ornamenten und Köpfen.
Nebenbei lieferte Ghibérti
1414 für Nischen an der Kirche Or San Michele die Bronzestatue Johannes des Täufers, 1419-22 die des Matthäus
und des Stephanus. Aus jener Zeit rühren auch die Bronzereliefs für das Taufbecken von San Giovanni in
Siena mit der Taufe Christi und Johannes vor Herodes (1427) sowie die Grabmäler des L. Dati in Santa Maria Novella und des L. degli
Albizzi in Santa Croce zu Florenz her. Auch als Architekt war in diesem Zeitraum thätig und wurde 1426 Brunellesco als
zweiter Dombaumeister beigegeben.
Bald nach Beendigung der ersten Bronzethür (1424) erhielt er den Auftrag zu einer zweiten, an welcher er und zuletzt sein
Sohn Vittorio bis 1452 arbeiteten (s. Tafel »Bildhauerkunst
[* 6] V«,
[* 7] Fig. 11). Dies herrliche Werk, von dem Michelangelo sagte, es
sei würdig, die Pforte des Paradieses zu schmücken, enthält in zehn Feldern Szenen aus dem Alten Testament
und in den Einrahmungen derselben zahlreiche Figuren und Köpfe, darunter die Ghibertis
und seines Sohns, nebst einer trefflichen,
den Stil der italienischen Frührenaissance vorbereitenden Ornamentik.
Als Bronzegießer fertigte Ghibérti
ferner den Reliquienkasten des heil. Hyacinth (1428, Museum des Bargello, Florenz),
den mit Reliefs verzierten Sarkophag
[* 8] des heil. Zenobius im Dom zu Florenz (1440) und 1445 zwei kleine Glocken für die Sakristei.
Er zeichnete auch Entwürfe zu Glasfenstern, welche im Dom zu Florenz und im Dom zu Arezzo ausgeführt worden sind. Ghibérti
starb in
Florenz. Während die frühern Werke des Künstlers noch wesentlich, zumal im Faltenwurf, das Gepräge
des strengen, von den Pisani beeinflußten Stils tragen, zeigen die spätern, die Reliefs der zweiten Thür, den Einfluß der
Antike und der ihm gleichzeitigen Florentiner
[* 9] Realisten, wie Donatellos Eleganz der Umrisse und der Komposition, hohe Schönheit
und Anmut der Gestalten und eine vielseitige ornamentale Begabung zeichnen dieselben aus.
Doch ging in seinem Streben, das Relief von der bloß andeutenden Darstellungsweise, die er noch in seiner ersten Thür einhielt,
zu befreien, über die Grenzen
[* 10] des plastischen Stils zu vollkommen malerischer Behandlung und Wirkung hinaus. Die Reliefs seiner
zweiten Thür sind daher mehr plastische Gemälde, welche auf die Folgezeit verführerisch eingewirkt
und zu manchen Ausschreitungen, namentlich in der Barockperiode, verleitet haben. Er war auch schriftstellerisch thätig;
Manuskripte von ihm befinden sich noch in der Biblioteca Magliabechiana zu Florenz; interessant darunter sind namentlich seine
Mitteilungen über Florentiner Künstler und sich selbst. Hagens »Künstlergeschichten, oder die Chronik
seiner Vaterstadt vom Florentiner Lorenz Ghibérti«
(Leipz. 1833, 2 Bde.)
sind nicht von Ghibérti
selbst geschrieben, sondern ein Roman, worin die bei Vasari zerstreuten Notizen zu einem ansprechenden Ganzen
verbunden sind. - Sein Sohn, der erwähnte Vittorio, geb. 1418, wurde 1447 »Konsul der niedern Zünfte«, zeichnete 1454 das
Muster für einen Teppich der Rednerbühne vor
dem Palast der Signori, goß 1478 für den Dom einen bronzenen Reliquienkasten
und starb 1496.
Vgl. Perkins, Ghibérti
et son école (Par. 1885).