Titel
Gewölbe
,
Deck - Decke

* 2
Decke.
[* 1] über einem teilweise oder ganz von
Mauern umschlossenen
Raum aus keilförmigen
Steinen zusammengesetzte, frei
schwebende
Decke.
[* 2] Diejenigen Teile der Umfassungsmauern, auf welche der gesamte
Druck des Gewölbes
wirkt,
und welche durch ihre
Stabilität dem Seitendruck desselben entgegenwirken, heißen
Widerlager, die andern
Mauern dagegen, welche
von den anschließenden Teilen des Gewölbes
keinen Seitendruck erleiden,
Stirn- oder
Schildmauern.
Ein Gewölbe
besteht demnach aus zwei konstruktiv wesentlichen Teilen: den
Widerlagern und der eigentlichen Wölbung. Der in der
letztern entwickelte Seitendruck erfordert um so stärkere
Widerlager, je größer er selbst ist, und
je höher die letztern sind. Jener Seitendruck wird aber um so größer, je geringer die
Höhe des Gewölbes
im
Verhältnis
zu seiner
Spannweite und je größer sein eignes
Gewicht samt seiner Belastung ist. Dem in dem Gewölbe
entwickelten Seitendruck
muß die
Dicke in seinem höchsten Teil, dem
Scheitel, entsprechen, welche dem vom
Scheitel nach dem
Widerlager hin zunehmenden
Gewölbe
druck gemäß, wenigstens bei weiter gespannten Gewölben, ebenfalls zunehmen muß.
Stärke (natürliches Vo

* 3
Stärke. Teile der Gewölbe.
Die Keilsteine, welche die Gewölbe
bilden, nennt man
Wölbsteine. Die Zahl derselben ist in den meisten
Fällen ungerade;
der in dem
Scheitel des Gewölbes
befindliche
Wölbstein s
[* 1]
(Figur 1) heißt
Schlußstein, jeder der beiden untersten auf dem
Widerlager ruhenden
Wölbsteine a Anfänger. Die beiden rechts und links von der durch den
Scheitel des Gewölbes
gehenden
Lotrechten
befindlichen Teile g nennt man Gewölbschenkel. Die Innenfläche l des Gewölbes
heißt
Leibung, seine
Außenfläche
Rücken, seine vordere und hintere lotrechte Begrenzungsfläche
Stirn. Die geneigten
Flächen, womit die
Wölbsteine
sich berühren, nennt man Lagerfugen, die lotrechten Berührungsflächen derselben
Stoßfugen. Die Form und
Stärke
[* 3] der Gewölbe ergibt
sich durch deren innere und äußere Wölblinie, auf welch ersterer die Lagerfugen in den meisten
Fällen
senkrecht stehen. Die zu den
Widerlagern parallele Mittellinie des Gewölbes heißt
Achse.
Formen der Gewölbe. Ist die innere Wölblinie ein Halbkreis, so entstehen die Halbkreisgewölbe, ist dieselbe ein Kreissegment, die Segment- oder Stichbogengewölbe; ist dieselbe aus mehreren Kreissegmenten zusammengesetzt, so entstehen, wenn diese tangential ineinander übergehen, Korbbogengewölbe und, wenn diese im Scheitel einen Winkel [* 4] bilden, Spitzbogengewölbe. Gewölbe, deren innere Wölblinie eine Ellipse [* 5] bildet, heißen elliptische, solche, deren innere Wölblinie eine Gerade bildet, scheitrechte. Unter den Formen der Gewölbe, welche von einer gewissen Belastung derselben abgeleitet sind, z. B. bei gewölbten Brücken, [* 6] sind die Klinoidengewölbe hervorzuheben, deren Belastung gerade und zwar gewöhnlich horizontal abgeglichen ist. Über andre als die hier genannten Formen der innern Wölblinie s. Bogen. [* 7] Gewölbe mit ungleichen Gewölbschenkeln sind unsymmetrische, solche mit Einem Gewölbschenkel einhüftige.
[Arten der Gewölbe.]
Erhält ein Gewölbe zwei gleich hohe parallele Widerlager, so entsteht das Tonnengewölbe, dessen Leibung nach einem Halbkreis, Segmentbogen, Korbbogen, Spitzbogen, nach einer Ellipse oder nach einem andern Bogen geformt sein kann. Ein Tonnengewölbe ist gerade, wenn dessen Stirnflächen auf dessen Achse senkrecht, und schief, wenn sie zu dessen Achse geneigt sind. Im erstern Fall erhält das Tonnengewölbe einen rechteckigen, im letztern einen rautenförmigen Grundriß, wenn die Stirnflächen parallel, und einen paralleltrapezförmi-
Gewölbe (Arten der G.)

* 8
Seite 7.312.[* 1] ^[Abb.: Fig. 1. Teile des Gewölbes.] ¶
mehr
gen Grundriß, wenn dieselben nicht parallel sind. Wird ein Tonnengewölbe durch zwei lotrechte, über den beiden Diagonalen a d und b c [* 8] (Fig. 2) seines Grundrisses errichtete Ebenen geschnitten, so entstehen an den beiden Stirnseiten zwei sogen. Kappen K K und an den beiden Widerlagerseiten zwei sogen. Wangen oder Walme W W. Die erstern besitzen je ein Gewölbschild a b g und c d f, je eine Scheitellinie e g und e f und je zwei Widerlagspunkte a, b und c, d, die letztern je eine Widerlagslinie a c und bd und je einen Scheitelpunkt e. Die Durchschnittslinien a e d und bec jener senkrechten Ebenen mit der Leibung des Tonnengewölbes nennt man Gratbogen.
Werden die beiden Wangen jenes Tonnengewölbes durch zwei Kappen mit gleichem Gratbogen ersetzt [* 8] (Fig. 3), so entsteht das Kreuzgewölbe; werden die beiden Kappen jenes Tonnengewölbes durch zwei Wangen mit gleichem Gratbogen ersetzt [* 8] (Fig. 4), so entsteht das Klostergewölbe. Ein Kreuzgewölbe besitzt mithin vier Schildbogen agb, ahc, cfd, bid, zwei Scheitellinien gf und hi, vier Widerlagspunkte a, b, c, d und vier innen erhabene Grate a e, b e, c e, d e; ein Klostergewölbe einen Scheitelpunkt e, vier Widerlagslinien a b, b d, d c, c a und vier innen vertiefte Grate a e, b e, c e, d e. Schließt man die Enden eines Tonnengewölbes durch zwei halbe, ihm entsprechende Klostergewölbe ab, so entsteht das Muldengewölbe [* 8] (Fig. 5). Wird das Muldengewölbe unterhalb seiner Scheitellinie e e' durch eine wagerechte Ebene geschnitten, dessen Scheitellinie also durch eine wagerechte Fläche a' b' c' d' ersetzt, so entsteht das zur Plafondmalerei geeignetere Spiegelgewölbe [* 8] (Fig. 6). Das Kuppelgewölbe läßt sich als ein Klostergewölbe über polygonalem oder kreisförmigem Grundriß betrachten, indem es ebenfalls nur einen Scheitelpunkt und den ganzen Umfang seines Grundrisses zur Widerlagslinie hat. Wird ein Kuppelgewölbe mit kreisförmigem Horizontalschnitt über einem quadratischen Grundriß aufgeführt, so entsteht die Hängekuppel mit vier dreieckigen Zwickeln a h g, b g i, d l f, c f h [* 8] (Fig. 7) in den Ecken (Pendentifs, s. d.). Sehr flache Hängekuppeln nennt man böhmische Gewölbe. Ihre Form gleicht der eines an vier Zipfeln in gleicher Höhe festgehaltenen, nach oben aufgeblähten Tuches. Wird die Kuppel im Scheitel e nicht vollkommen geschlossen, sondern über der verbliebenen Öffnung ein oben besonders abgeschlossener Lichtschacht aufgeführt, so erhält man die Kuppel mit Laterne. Das Sterngewölbe [* 8] (Fig. 8 u. 9) erscheint als ein Kreuzgewölbe, worüber die einzelnen im Grundriß dreieckigen Gewölbeflächen nach demselben Prinzip überwölbt werden. Wird nämlich über einem solchen dreieckigen Gewölbefeld a b e [* 8] (Fig. 8) ein Scheitelpunkt i angenommen und aus den drei Eckpunkten Grate zweiter Ordnung a i, b i, e i nach demselben hingeführt, so entsteht ein weiteres Kreuzgewölbe. Durch Einschaltung solcher sekundären Kreuzgewölbe auch in die übrigen Gewölbefelder h, f, g entsteht die mehr oder minder gleichmäßige Sternform, welche diesem Gewölbe den Namen gegeben hat. Durch reichere Kombinationen der Gewölberippen entstanden die Netzgewölbe [* 8] (Fig. 10). Denkt man sich die vier Grate eines Kreuzgewölbes um vier durch ihre Widerlagspunkte ab cd [* 8] (Fig. 12) gefällte Lotrechte gedreht, so entstehen vier kelchartige Gewölbeflächen, welche einen in vier Spitzen auslaufenden Zwischenraum offen lassen. Werden nach jenen vier Flächen Gewölbe ausgeführt und jener Zwischenraum durch ein scheitrechtes Gewölbe geschlossen, so entstehen die sogen. Fächer- oder Trichtergewölbe [* 8] (Fig. 11 u. 12).
Die Gewölbe werden meist entweder in Hausteinen, in Backsteinen, in Bruchsteinen oder in Hausteinen in Verbindung mit einem der beiden letztern Mate-
[* 8] ^[Abb.: Fig. 2. Tonnengewölbe.
Fig. 3. Kreuzgewölbe.
Fig. 4. Klostergewölbe.
Fig. 5. Muldengewölbe.
Fig. 6. Spiegelgewölbe.
Fig. 7. Hängekuppel.]
Fig. 9. Sterngewölbe.]
Gewölbe - Gewürze

* 9
Seite 7.313.[* 8] ^[Abb.: Fig. 10. Netzgewölbe.] ¶
mehr
rialien, seltener in Gußmörtel ausgeführt. Sehr leichte Gewölbe stellt man aus Tuffsteinen oder hohlen gebrannten, sogen. Topfsteinen her (Tuffgewölbe, Topfgewölbe). In den erstgenannten Fällen werden die Lagerfugen der Wölbsteine meist senkrecht auf die innere Wölbfläche angeordnet. Tonnengewölbe bedürfen vor ihrer Schließung interimistischer Unterstützungen, der Lehrgerüste [* 10] (s. d.), während Kuppelgewölbe, deren einzelne Mauerringe in sich geschlossen sind, ohne Gerüst ausgeführt werden können.
Schiedsvertrag - Schie

* 11
Schiefe.Kreuzgewölbe werden entweder aus einfachem oder gemischtem Material und im letztern Fall mit Graten aus Haustein und Gewölbeflächen aus Back- oder Bruchstein hergestellt. Leichte und billige Gewölbe dieser Art, besonders zur Überdeckung von Kirchen und Kapellen, wo dieselben nicht zugleich als Fußboden, sondern nur als Decke dienen, lassen sich schon mit hohlen Backsteinen von 6 cm Stärke anfertigen, wenn sie durch 12/12 cm starke Gurte und Gratbogen verstärkt werden. Eine ähnliche Anordnung erhalten die Sterngewölbe. Schiefe [* 11] Tonnengewölbe werden teils in Haustein, Backstein und Bruchstein, teils mit Anfängern u. Stirnbogen aus Haustein u. mit Gewölbefeldern aus Back- oder Bruchstein ausgeführt. Man unterscheidet schiefe Gewölbe mit veränderlichem und unveränderlichem Lagerfugenwinkel. Über deren Konstruktion etc. s. Brücke, [* 12] S. 496. - Die Gewölbekonstruktion war schon den Ägyptern und Assyrern bekannt, wie neuere Untersuchungen ihrer Denkmäler ergeben haben, und wurde von den Etruskern in die Praxis des Abendlandes eingeführt.
Hier waren es besonders die Römer, [* 13] welche dieselbe weiter ausbildeten und auf die Herstellung der Tonnen-, Kreuz- und Kuppelgewölbe verwandten. Die höchste Ausbildung erfuhren die Kreuzgewölbe in der gotischen, die Kuppelgewölbe in der altchristlichen Baukunst [* 14] und Renaissance (s. Baukunst), die Tonnengewölbe im Brückenbau (s. Brücke).
Vgl. Scheffler, Theorie der Gewölbe etc. (Braunschw. 1857);
Schwedler, Theorie der Stützlinie (»Zeitschrift für Bauwesen«, Berl. 1859);
Derselbe, Die Konstruktion der Kuppeldächer (das. 1866);
Culmann, Graphische Statik [* 15] (2. Aufl., Zürich [* 16] 1875);
Dupuit, Traité de l'équilibre des voûtes (Par. 1870);
Ringleb, Lehrbuch des Steinschnittes der Mauern, Bogen, Gewölbe etc. (Berl. 1844);
Schubert, Theorie der Konstruktion steinerner Bogenbrücken (Leipz. 1847);
Breymann, Allgemeine Baukonstruktionslehre, Bd. 1 (5. Aufl., das. 1880);
Gottgetreu, Lehrbuch der Hochbaukonstruktion, Teil 1 (Berl. 1880);
Menzel-Heinzerling, Der Steinbau (Karlsr. 1885);
weitere Litteratur bei Brücken.
^[Abb.: Fig. 11. Trichtergewölbe.]