Gewerbesta
tistik,
derjenige
Zweig der
Statistik, welcher sich auf die Verhältnisse der
Gewerbe bezieht
und zwar insbesondere der
Gewerbe im engern
Sinn
(Gewerbe der Stoffveredelung im
Gegensatz zu
Handel und
Urproduktion). In der
Praxis erstreckt sich die Gewerbesta
tistik meist auch auf
Handel und
Bergbau.
[* 2] Die Aufgabe der Gewerbesta
tistik besteht zunächst in Ermittelung der Zahl
der
Personen, welche das
Gewerbe betreiben, und der persönlichen Verhältnisse derselben, als
Geschlecht,
Alter,
Familienstand,
Stellung als Geschäftsleiter,
Gehilfe, Lohnarbeiter oder
Lehrling.
Dann hat sie Zahl, örtliche Verteilung, Größe und Art der Betriebe festzustellen, wobei die Zahl der beschäftigten Personen als Maßstab [* 3] zur Unterscheidung von Groß- und Kleinbetrieb dienen kann. Ferner hat sie sich Kenntnis zu verschaffen von Zahl und Art der verwandten mechanischen Kräfte (Motoren, Werkzeugmaschinen) sowie von Art und Menge der verbrauchten Roh- und Hilfsstoffe, der gewonnenen Erzeugnisse etc. Bei praktischen Aufnahmen ist freilich Beschränkung geboten, wie denn auch die Gewerbezählungen gewöhnlich nicht alle hierher gehörigen statistischen Verhältnisse und Thatsachen in den Bereich ihrer Untersuchungen ziehen.
Große Schwierigkeiten macht die Unterscheidung und Gruppierung der Gewerbe, weil dieselben nicht allein außerordentlich zahlreich und mannigfaltig, sondern auch sehr verschieden eingerichtet sind, bei gleichen oder ähnlichen Produktionsmitteln verschiedenen Zwecken dienen (Verarbeitung von Holz, [* 4] Metall, Leder) oder gleiche Zwecke mit Hilfe verschiedener Mittel erfüllen (Stühle aus Holz, Stühle aus Eisen). [* 5] Örtliche Gewohnheiten, Entwickelung von Verkehr und Handel können die verschiedensten Gliederungen und Vereinigungen gewerblicher Verrichtungen bewirken.
Infolgedessen wird auch die Unterscheidung zwischen Hauptgeschäft und Nebenbetrieb eine schwankende sein und jede Gewerbezählung je nach der Zeit, zu welcher sie vorgenommen wird, verschiedene Ergebnisse liefern, wie z. B. im Deutschen Reich die im Dezember 1875 in Verbindung mit der Volkszählung ausgeführte Gewerbezählung und die im Juli 1882 stattgefundene Berufszählung. Bei Vergleichung gewerblicher Verhältnisse verschiedener Zeiten und Orte ist deshalb große Vorsicht nötig, insbesondere aber, wenn es sich um Vergleichung verschiedener Länder mit ihren verschiedenen Begriffen und Benennungen handelt.
Nach der amtlichen Statistik des Deutschen Reichs, welche die Gewerbebetriebe in 20 Gruppen eingeteilt hat (näheres s. Gewerbe), zählte man 1875 in 3,230,311 Betrieben 6,470,630 Personen, worunter 2,945,084 Geschäftsleiter und 3,525,546 Hilfspersonen. Auf einen Betrieb kamen 2 beschäftigte Personen, auf 100 Personen 45,5 Geschäftsleiter und 54,5 Hilfspersonen. Mehr als 5 Gehilfen beschäftigten 84,195 Betriebe mit 2,311,399 Personen im ganzen. An Dampfmaschinen [* 6] waren 35,031 verwendet mit 885,582 Pferdekräften. 1882 wurden gezählt:
Betriebsarten | Erwerbthätige | Häusliche Dienstboten (nicht gewerbl.) | Angehörige, nicht od. nur nebensächl. erwerbthätig | |
---|---|---|---|---|
überhaupt | davon weibliche | |||
Land-, Forstwirtschaft, Tierzucht, Fischerei | 8236496 | 2534909 | 424913 | 10564046 |
Industrie, Bergbau, Bauwesen | 6396465 | 1126976 | 302561 | 9359054 |
Handel, Verkehr, Gast- und Schankwirtschaft | 1570318 | 298110 | 295451 | 2665311 |
Häusl. Dienstleistung, Lohnarbeit | 397582 | 183836 | 2189 | 538523 |
Staats-, Gemeinde- etc. Dienst, freier Beruf | 1031147 | 115272 | 164570 | 1027265 |
Ohne Beruf | 1354486 | 702125 | 135240 | 1027265 |
Zusammen: | 18986494 | 4961228 | 1324924 | 24910695 |
Vgl. folgende
Schriften von
Ernst
Engel: »Die
Reform der Gewerbesta
tistik« (Berl. 1872),
»Die Gewerbezählung vom und ihre Resultate« (das. 1878),
»Die industrielle Enquete im Deutschen Reich« (das. 1878),
»Die deutsche Industrie 1875 und 1861« (das. 1880),
»Das Zeitalter des Dampfes« (2. Aufl., das. 1881),
und die vom kaiserl.
Statistischen
Amt herausgegebene »Gewerbesta
tistik
nach der allgemeinen Berufszählung vom 5. Juni 1882«.