Gewerbefre
iheit,
die jedermann zuerkannte Befugnis, jedes beliebige
Gewerbe selbständig zu betreiben,
ohne
Erfüllung irgend welcher Vorbedingungen.
Speciell bedeutet Gewerbefre
iheit die
Freiheit von dem früher vorherrschenden Zunftzwange,
vermöge dessen niemand ein
Gewerbe treiben durfte, ohne der betreffenden Zunft anzugehören. Aber auch obrigkeitliche
Konzessionen,
Prüfungen und ähnliche beschränkende
Bedingungen für einen
Gewerbebetrieb stehen mit dem Princip der absoluten Gewerbefre
iheit im
Widerspruch.
Ebenso müssen mit der Gewerbefre
iheit die frühern
Beschränkungen der Freizügigkeit (s. d.) und des Verehelichungsrechts
aufhören. Der Hauptnutzen der Gewerbefre
iheit besteht darin, daß sie die individuellen Fähigkeiten und Kräfte
in der Wirtschaft am besten zur Entfaltung und Bethätigung bringt und daß der durch sie hervorgerufene
Wettbewerb die wirtschaftliche
Entwicklung weiter fördert und vor Stillstand bewahrt.
Ihre Nachteile liegen in der auflösenden, zersetzenden
Wirkung, welche sie auf die gesellschaftlichen Gruppen und Interessenverbände übt, sowie
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in der Förderung egoistischer Triebe und unlauterer Konkurrenz. Die Gewerbefre
iheit paßt daher wie jede Freiheit nicht für jede Kulturstufe
eines Volks. Sie setzt ein hohes Maß von Einsicht, Tüchtigkeit, Selbstbeherrschung und Aufopferungsfähigkeit des Einzelnen
voraus, welche Eigenschaften erst in allmählicher Entwicklung gewonnen werden können; daher nach Auflösung der Zünfte das
Konzessionssystem regelmäßig den Übergang zur Gewerbefre
iheit vermittelte. Aus den Wirkungen der Gewerbefreiheit
erklärt
sich auch das in neuester Zeit wieder schärfer hervorgetretene Bedürfnis des Zusammenschlusses gleichartiger Interessen
in Innungen (s. d.), Gewerkvereinen (s. d.)
u. s. w., sowie die Notwendigkeit, die in einzelnen Teilen durch die Gesetzgebung zu beschränken. (Weiteres s. unter Gewerbegesetzgebung.)