Gewächshäuser
,
Gebäude zur
Kultur verschiedene
Gewächse, welche entweder unser
Klima
[* 2] überhaupt oder doch unsre Winterkälte
nicht vertragen, sowie solche, in welchen man mancherlei
Pflanzen in ungewöhnlicher
Jahreszeit zum Blühen oder zur
Reife bringt.
Die Gewächshäuser
sind entweder Glashäuser, mit einem
Dach,
[* 3] meist auch mit
Wänden von
Glas,
[* 4] oder sogen. Orangeriehäuser
oder Konservatorien mit nur einer Seite von
Glas, wohl auch nur mit hohen
Fenstern. Die Gewächshäuser
werden ferner teils nach der
Höhe
der darin unterhaltenen
Wärme,
[* 5] teils nach ihrer besondern Bestimmung unterschieden.
Allgemein angenommen ist nur die Einteilung in 1) Kalthäuser (Frigidarien) zur Kultur von Gewächsen, die im Winter eine Temperatur von 2-5° R. Wärme erfordern;
2) laue, gemäßigte oder temperierte
Häuser (Tepidarien) mit 6-8°, ausnahmsweise 10° R.; 3)
Warmhäuser (Kaldarien) mit
gewöhnlich 10-12°, jedoch auch 15-18° R. Die Wärmeangabe bezieht sich nur auf künstliche Winterwärme, nicht auf
Sonnen-
und Luftwärme.
Grundsatz ist, in allen Gewächshäusern
, besonders in warmen, die
Temperatur des
Nachts
um 2-3° niedriger zu halten. Die Gewächshäuser
mit besonderer Bestimmung sind sehr mannigfaltig. Man hat in großen
Gärtnereien von Kalthäusern: die
Orangerie, worin
Pflanzen in
Gefäßen nur frostfrei durchwintert werden;
das Winterhaus (oft auch Konservatorium genannt), worin Pflanzen im freien Grund stehen, und welches im Sommer ganz oder teilweise abgebrochen wird;
das Grünhaus, auch Neuholländer oder Kaphaus genannt, worin vorzugsweise immergrüne Pflanzen aus dem südlichen Australien, [* 6] aus Neuseeland, vom Kap der Guten Hoffnung und aus Ländern von ähnlichem Klima gezogen werden.
Das temperierte Haus hat oft zwei Abteilungen mit 2-3° Unterschied, teils für besondere Vegetationsbezirke, teils um darin gewisse Pflanzen sowohl der Kalt- als Warmhäuser ¶
mehr
vereinigt ziehen zu können. Die Warmhäuser zerfallen in gewöhnliche Warmhäuser, niedrige Warmhäuser mit Bodenwärme, Treibhäuser und Vermehrungshäuser. In den vollkommensten Gärten hat man besondere Häuser für Pflanzenfamilien oder Arten mit vielen Sorten, als: Kakteen-, Kamelien-, Ericeen-, Agaven-, Sukkulenten-, Pelargonien-, Aroideen-, Orchideen-, Farn-, Palmen-, Wasserpflanzenhäuser etc. Die Treibhäuser im eigentlichen Sinn dienen zum Treiben entweder von Früchten und Gemüsen oder von Blumen.
Man hat Wein-, Pfirsich-, Pflaumen-, Erdbeer-, Ananashäuser, Bohnen-, Gurkenhäuser. Die Gewächshäuser
sind entweder einfache oder Doppelhäuser,
d. h. sie haben nur an einer oder an zwei Seiten Fenster (Gewächshäuser
mit Satteldach). Sie stehen entweder ganz über der Erde oder nur
wenig vertieft, oder es sind Erdhäuser, welche nur oben Fenster haben. Die letztern halten sich wärmer und gleichmäßiger,
sind aber als Kalthäuser oft zu feucht. Nach der Konstruktion sind die Gewächshäuser
meistens mit glatten, schiefen Dächern versehen,
die nach einer oder zwei Seiten, seltener nach vier Seiten geneigt sind; sehr große Häuser haben zuweilen
einen Kuppelbau mit Seitenflügeln oder die Form einer Basilika.
[* 8]
Der Neigungswinkel der Glasdächer schwankt zwischen 5 und 45°, doch sind Häuser mit 25-30° am häufigsten, sehr flache
Fenster unzweckmäßig. Die alten Gewächshäuser
hatten oft 75-80° Fensterneigung, was sie für die Wintersonne
am empfänglichsten macht. Die Gewächshäuser
sind entweder von Glas und Mauerwerk oder ganz von Glas und Eisen,
[* 9] nur
mit dem nötigen Unterbau. Als Baumaterial dient Holz
[* 10] oder Eisen oder auch beides vereinigt. Wegen geringer Haltbarkeit und
Teurung des Holzes wird der Eisenbau immer allgemeiner.
Die Lage der Gewächshäuser
richtet sich zunächst nach der Lokalität und dem Bedürfnis sowie nach der Bauart. Die
letztere muß sich oft der Örtlichkeit fügen. Allgemein ist für einseitige Gewächshäuser
die Lage nach Süden Regel, aber nicht unbedingt
nötig, für Doppelhäuser nach Osten und Westen (also von Norden
[* 11] nach Süden); aber Ausnahmen sind häufig. Alle Pflanzen bedürfen
zwar des Sonnenscheins, aber in sehr verschiedenem Maß. Gute Vorrichtungen zum Lüften, Beschatten und Decken
müssen in jedem Gewächshaus vorhanden sein.
Das Wichtigste der innern Einrichtung ist aber die Heizung.
[* 12] Sonst war die Heizung mittels eines sanft aufsteigenden Rauchkanals
allgemein. Dagegen ist jetzt die Dampf-, mehr noch die Wasserheizung beliebt, wobei die in den Häusern
verteilten Wasserreservoirs zum Heizen sowie auch die Gießwasserbehälter erwärmt werden. Große Pflanzen werden in den Gewächshäusern
unmittelbar auf die Erde oder auf niedrige Ständer gestellt, kleine auf Gestelle, Stellagen genannt, oder auch auf gemauerte
Hohlbeete, welche unterirdisch durch Wärmerohre, frischen Pferdemist oder Gerberlohe erwärmt werden (Warmbeete).
An den Fenstern werden 60-90 cm breite Fensterbretter über den Heizrohren angebracht, oft auch mehrere übereinander, sogar unter den schrägen Fenstern, was aber immer verdunkelt. Da das Lichtbedürfnis der Pflanzen verschieden ist, so kommt alles darauf an, sie passend aufzustellen, namentlich die zarten, weichblätterigen dicht an den Fenstern, sich ausbreitende ganz frei, während hartblätterige Pflanzen unter ihnen stehen können. Letztere stellt man sogar bei überfüllten Häusern unter die Stellagen.
Eine besondere Art von Gewächshäusern
sind die Wintergärten in und an Wohngebäuden und mit Restaurationslokalen verbunden.
Letztere haben
durch große Aktienunternehmungen, z. B. die Flora in Charlottenburg
[* 13] und in Köln,
[* 14] den Palmengarten in Frankfurt
[* 15] u. a., in neuerer Zeit eine besondere Bedeutung bekommen.
Vgl. M. Neumann, Glashäuser aller Art (4. Aufl. von J. Hartwig, Weim. 1875);
Wörmann, Der Garteningenieur, 5. Abt. (Berl. 1864);
Derselbe, Gewächshäuser
und Mistbeete (das. 1871);
de Puydt, Plantes de serres (Brüssel [* 16] 1868);
Field, The greenhouse as a wintergarden (New York 1870);
Pynaert, Die Fruchthäuser (Stuttg. 1874);
Bouché, Bau und Einrichtung der Gewächshäuser
(Bonn
[* 17] 1886).