(spr. rschäschuw), Stadt in Galizien, am Wyslok und an der EisenbahnKrakau-Lemberg gelegen, Sitz einer Bezirkshauptmannschaft,
eines Kreisgerichts u. einer Finanzbezirksdirektion, hat ein Obergymnasium, eine Lehrerbildungsanstalt, ein Bernhardinerkloster,
ein altes Schloß, Fabrikation von Brettern, Öl, Knochenmehl und Leder, Handel, Pferdemärkte u. (1880) 11,166
Einw. (darunter 5820 Juden).
(spr. rschew-) Henryk, poln. Schriftsteller, geb. zu
Slawuta in Wolhynien aus einem alten Magnatengeschlecht, wurde in Petersburg
[* 4] erzogen und lebte von 1817 an meist im Ausland.
In Italien,
[* 5] wo er vier Jahre zubrachte, lernte er Mickiewicz kennen, der das schriftstellerische Talent
in ihm weckte. Seine erste Publikation waren die »Denkwürdigkeiten des Pan
[* 6] Severin Soplica« (Par. 1839, 4 Bde.;
umgearbeitet, Wilna
[* 7] 1844 u. 1845; deutsch von Löbenstein, Leipz. 1876), eine
Reihe das alte polnische Adelsleben verherrlichender Erzählungen, die als wirkliche Memoiren aufgenommen
und mit Entzücken gelesen wurden.
Nach seiner Rückkehr in die Heimat verwaltete Rzewuski das Wahlamt eines Adelsmarschalls im Kreise
[* 8] Shitomir, wandte sich dann, zu
schroff reaktionären Ansichten gelangt, der Journalistik zu, zuerst (1849) in Petersburg, dann in Warschau,
[* 9] wo er lange Jahre
hindurch den von der russischen Regierung unterstützten »Dziennik Warszawski« herausgab, und starb auf
seinem Gut Czudnowo im GouvernementShitomir. Von seinen Romanen ist »Listopad« (Petersb.
1845; deutsch von Bachmann: »Der FürstMein Liebchen und seine Parteigänger«, Berl. 1856) der beste. Seine übrigen Erzählungen:
»Das KrakauerSchloß« (deutsch, Berl. 1857),
»Adam Smigielski« (deutsch: »Kerkerwonne«,
das. 1858) etc. hatten nur geringen Erfolg. Unter dem Namen Jarosz Bejla schrieb er »Moralische Miszellen« (Wilna 1841-43).
Aus seinem Nachlaß erschienen die Fragmente einer Geschichte der Zivilisation unter dem Titel: »Probki historyczne« (»Historische
Proben«, 1868).
(spr. rschi-),Franz, Ingenieur, geb. zu Hainspach in Böhmen,
[* 10] besuchte bis 1851 die
technische Hochschule zu Prag,
[* 11] arbeitete dann beim Bau der Semmeringbahn und bei der Bahn über den Karst und zeichnete sich hier
bei der Ausführung schwieriger Tunnelbauten so aus, daß er 1856 zum Bau des Tunnels bei Czernitz nächst Ratibor
[* 12] berufen wurde. 1857 führte
er mit Knäbel mehrere Tunnels auf der Ruhr-Siegbahn aus. 1861 baute er den schwierigsten Teil der Bahn von
Kreiensen nach Holzminden und wandte dort zum erstenmal das von ihm erfundene Tunnelbausystem in Eisen
[* 13] mit Erfolg an. 1866 trat
er in braunschweigischen Staatsdienst, tracierte und baute mehrere Linien und verwaltete als Oberbergmeister die fiskalischen
Braunkohlengruben, bis dieselben hinreichend prosperierten, um verkauft werden zu können. 1870 tracierte er in Böhmen und
Sachsen,
[* 14] 1871-74 baute er als Unternehmer vier böhmische Bahnen, worauf er als Oberingenieur ins österreichische Handelsministerium
berufen ward. 1876 folgte er einem
Ruf als Professor an die technische Hochschule in Wien.
[* 15] Er schrieb: »Lehrbuch
der gesamten Tunnelbaukunst« (Berl. 1864-71, 2 Bde.);
»Eisenbahn-Unter- und Oberbau«, Separatausgabe des Wiener Weltausstellungsberichts (das. 1876).
Die von Rziha erfundene Tunnelbaumethode,
nach welcher statt der Holzauszimmerung ein eiserner Ausbau benutzt wird, wurde bei mehreren größern
Tunnels angewandt, und erst seit dem Erscheinen des oben genannten Werkes wird die Tunnelbaukunst an österreichischen und
deutschen technischen Hochschulen als selbständige Disziplin vorgetragen. Der jetzt im Bergbau
[* 18] so vielfach benutzte definitive
Ausbau mit Eisenbahnschienen wurde durch Rziha bei den Stollen zu Naensen und Ippensen 1862 zuerst angewandt.
(es) s ^[Binnen-s], s ^[Schluss-s], lat. S, s, der gewöhnliche dentale Reibelaut (Zischlaut), der wie alle Dentalen
je nach der verschiedenen Stellung der Zähne
[* 19] und der Zunge auf vier verschiedene Arten hervorgebracht werden kann (s. Lautlehre).
In Deutschland
[* 20] findet sich am häufigsten das dorsale s, das durch die Annäherung des etwas eingekerbten
Zungenrückens an das hintere Zahnfleisch der obern Schneidezähne und Anblasung eines Luftstroms gegen dieselben gebildet
wird; vielfach, besonders in norddeutschen Mundarten, wird aber auch das alveolare s gehört, das, ähnlich wie das gewöhnliche
r, einfach durch Emporhebung der Zunge und leichte Emporwölbung ihres äußersten Saums entsteht.
Beide Arten des s können entweder tönend (weich), d. h. mit Stimmton, oder tonlos (hart, scharf),
d. h. ohne Stimmton, gebildet werden. Das tönende s findet sich besonders im Inlaut zwischen
Vokalen, nach norddeutscher Aussprache auch im Anlaut, z. B. in Sohn, sein, wo es jedoch, wenigstens
geschichtlich, nicht berechtigt ist; die süddeutsche Aussprache kennt nur das tonlose s. Eine orthographische Schwierigkeit
entsteht für die heutige deutsche Schriftsprache durch das Nebeneinander der vier Zeichen s ^[Binnen-s], ß, ss ^[2mal Binnen-s],
s ^[Schluss-s], von denen nur s ^[Schluss-s] mit einiger Konsequenz das tonlose s am Schluß der Wörter und
Silben, s das tönende s zwischen Vokalen und im Anlaut (nach der norddeutschen Aussprache) bezeichnet.
Die neue Orthographie hat daher s ^[Schluss-s] auch in der Silbe »nis«, z. B. in Gleichnis, allgemein durchgeführt; freilich
findet sich am Schluß vieler andrer Wörter, wie z. B. Fuß, Schuß, auch das ß gebraucht. Der noch schlimmere
Übelstand, daß in diesen beiden und ähnlichen Wörtern die Länge oder Kürze des Vokals durch die Schrift gar nicht bezeichnet
wird, ist aber auch durch die neue Orthographie nicht beseitigt worden. Nur im Inlaut setzen wir seit Gottsched konsequent
ß zur Bezeichnung der Länge, z. B. Füße, ss ^[2mal Binnen-s] zur Bezeichnung der Kürze, z. B. Schüsse.
Ursprünglich war das ß ein von unserm jetzigen s ganz verschiedener Laut, welcher sich im Hochdeutschen im In- und Auslaut
aus älterm t, das sich noch jetzt im Niederdeutschen zeigt, entwickelt hatte, vgl. dat und daß, biten und
beißen. Schon vom 13. Jahrh. ab kam jedoch der Unterschied zwischen diesem und dem alten,
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auch in den andern germanischen und indogermanischen Sprachen vorhandenen s (z. B. in ist, engl. is, sanskrit.
asti, lat. est) in Vergessenheit, bis J. Grimm und seine Schule ihn wieder entdeckten und zur Bezeichnung des aus t entstandenen
s in mittelhochdeutschen Texten das Zeichen z einführten. Bei den Griechen hieß der Buchstabe s Sigma,
er war entstanden aus dem phönikischen Samech. Die romanischen, teilweise auch die slawischen Sprachen bezeichnen das weiche
s durch z.