Geschnittenes
Leder, s. Lederschnitt.
Geschnittenes Leder
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Geschnittenes
Leder, s. Lederschnitt.
Lederschnitt,
Verzierungsweise des Leders, bei welcher die Musterung nicht durch Pressung, sondern durch
Ein- oder Ausschneiden der obern Schicht des Leders hergestellt wird (geschnittenes
oder gerissenes Leder). Das Leder wird meist
durch heiße Dämpfe erweicht und dann das Muster einfach eingeritzt, wobei der Riß auseinander klafft und die Musterung in
einfachen Umrissen erscheint, oder die Zeichnung wird umrissen und der Grund, auf dem das Muster erscheinen
soll, mit Bunzen tief geschlagen, genarbt oder in ähnlicher Weise behandelt.
Auch wird die obere Lage der Haut [* 3] abgezogen, so daß das Muster in ganz flachem Relief erscheint. Seltener kommt ein förmliches Treiben in Leder vor, meist wird das Muster eingeritzt und das Relief durch Unterschieben und Unterlegen von Linsen, halben Erbsen etc. in verschiedener Höhe erreicht. Auch werden wohl umgekehrt die Bunzen, Filets oder Stanzen erhitzt und mittels derselben das Leder bearbeitet. Die in dieser Weise bearbeiteten Gegenstände haben den Vorteil, daß die Musterung nicht wie beim gepreßten Leder verschwindet.
Der Leder
schnitt findet sich schon früh im Orient; man verzierte hier allerlei Geräte in dieser Weise, selbst Pfeilköcher,
Pulverflaschen u. a.; aber schon im frühsten Mittelalter wurde auch in Europa
[* 4] der auf Futterale für heilige Gefäße, Kästchen,
Bestecke, vor allem aber Bucheinbände angewandt. Die ältesten Arbeiten zeigen nur umrissene Zeichnung, so ein Kasten aus dem
Dom zu Merseburg
[* 5] (11.-12. Jahrh.) im Kunstgewerbemuseum zu Berlin.
[* 6] Sodann folgt das teilweise Entfernen des
Grundes, später das Unterlegen. Die Kasten sind vielfach mit Metall beschlagen, welches das einfarbige Leder zu heben bestimmt
war. Mit
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der spätgotischen Zeit nimmt die Technik einen lebhaften Aufschwung; die Schmuckkästchen für vornehme Damen werden gern
in dieser Weise geziert, vielfach mit profanen Darstellungen, Liebesszenen, der Königin Minne etc. Nach dieser Periode scheint
der Leder
schnitt an vielen Orten zurückgetreten oder gänzlich erloschen zu sein; nur in Spanien
[* 8] und Portugal lebte
er fort und gelangte hier zu hoher Blüte.
[* 9] Taschen, Flaschenfutterale, vor allem aber Möbel- (Stuhl-) Bezüge wurden hier in
Mengen gefertigt, vielfach auch ausgeführt.
Von hier gelangte der Leder
schnitt zur Zeit seiner Blüte nach den spanischen und portugiesischen Kolonien, nach Südamerika,
[* 10] und während
er endlich auch im Mutterland, zuletzt in Europa, erlosch, lebte er in den Kolonien weiter bis in unsre
Tage. Mit Vorliebe verzierte man dort Sättel, Reitzeug, überhaupt Pferdegeschirr in dieser Technik. Derartige Arbeiten erschienen
auf den Weltausstellungen und veranlaßten das Wiederaufleben der Technik in Europa. Wunder in Wien
[* 11] erfand dieselbe selbständig
von neuem und brachte sie mehrfach zur Anwendung.
Vor allen andern haben aber Hulbe in Hamburg
[* 12] und Hupp in Schleißheim die alte Technik zu neuen Ehren geführt. Letzterer fertigt
mit Vorliebe Arbeiten in altem Charakter, ersterer moderne Gebrauchsgegenstände in der alten Technik von vollendetster Ausführung.
Die Technik wird jetzt vorzugsweise bei Bücher- und Albumdeckeln, Zigarrentaschen, Portemonnaies, Schreibmappen,
Handschuhkasten, Photographierahmen, Serviettenbändern u. dgl.
angewendet. Man verfährt jetzt so, daß die Vorlagen auf Pauspapier durchgezeichnet und von diesem auf das angefeuchtete
Rindsleder
übertragen werden.
Die in halber Dicke des Leders eingeritzten Umrisse werden durch Nachfahren mit einem stumpfen Stift erweitert. Der Grund um die
Zeichnung herum wird mit einem löffelartigen Instrument niedergedrückt. Bei hohem Relief wird das herausgedrückte
Leder hinten mit Wachs ausgefüllt oder mit Leim stark bestrichen. Die größte Sammlung alter geschnittener
Lederarbeiten besitzt
Friedrich Spitzer in Paris.
[* 13]
Vgl. Niederhöfer, Vorlagen für Lederschnittarbeiten (Frankfurt [* 14] a. M. 1887, mit ausführlicher Anleitung zur Erlernung der Technik);
Horn und Patzelt, Vorlagen für geschnittene
und gepunzte Lederarbeit (Gera
[* 15] 1887).