Geschlecht
stafel,
s. Stammtafel.
Geschlechtstafel
6 Wörter, 66 Zeichen
Geschlechtstafel,
s. Stammtafel.
(griech., Geschlecht
erkunde), im weitern Sinn die Ableitung eines Dinges von seinem Ursprung, so daß von
einer Genealogie der Wörter, Sprachen, Systeme, Begriffe, Pflanzen, Tiere etc. die Rede sein kann; im engern Sinn die Kenntnis des Ursprungs,
der Fortpflanzung und Verbreitung der Geschlechter (genera) sowohl in ihrer unmittelbaren Aufeinanderfolge
als in ihrem verwandtschaftlichen Zusammenhang. Muß hiernach die Genealogie als unentbehrliche Hilfswissenschaft der Geschichte angesehen
werden, so ist auf der andern Seite ihr Studium auch für den Rechtsgelehrten höchst notwendig, da sie bei Erbschaftsstreitigkeiten
etc. entscheidend ist.
Man unterscheidet einen theoretischen und einen praktischen Teil. Der erstere behandelt die Grundsätze, nach welchen bei der Auseinandersetzung der verwandtschaftlichen Verhältnisse zu verfahren ist; der zweite zeigt die Anwendung und weist die besondern Verhältnisse und die darauf beruhenden Gerechtsame nach. Die wissenschaftliche Behandlung der Genealogie beschränkt sich auf berühmte Familien, nämlich auf solche, welche außer den engern persönlichen Verhältnissen eine allgemeinere Wichtigkeit entweder für ganze Staaten oder für Teile derselben erlangt haben, wie z. B. die fürstlichen Familien. Um die verwandtschaftlichen Verhältnisse (s. Verwandtschaft) mit Leichtigkeit übersehen zu können, hat man genealogische Tafeln (Stammtafeln, Geschlechtstafeln), in welchen die Verwandten männlichen und weiblichen Geschlechts verzeichnet sind, doch nur den Namen nach und mit Angabe der Geburts-, Vermählungs- und Sterbetage, außerdem solcher Notizen, welche das einzelne Individuum kenntlich machen und es im wesentlichen von den übrigen Stammgenossen unterscheiden.
In den Successionstafeln werden die zur Succession berechtigten, in den historischen Stammtafeln nur die merkwürdigen Personen aufgeführt. Jetzt sind diese Tafeln gewöhnlich so eingerichtet, daß der Stammvater oben steht und durch Striche die Verhältnisse der Abstammung und Verwandtschaft angedeutet werden. Früher pflegte man diese Tafeln oft in Gestalt eines Baums einzurichten, daher der Name Stammbaum (arbor consanguinitatis). Vater und Mutter stehen an der Wurzel; [* 3] die Nachkommen verbreiten sich in die Zweige, doch so, daß jede Linie einen Zweig bildet. Man unterschied sodann die einzelnen Linien durch die Farbe. Angeheiratete Personen wurden angehängt. Eine besondere Art der Geschlechtstafeln sind die Ahnentafeln; s. Ahnen. ¶
Die Genealogie ist zuerst von den Deutschen in größerm Umfang bearbeitet worden. Seit dem Ende des 15. Jahrh. waren mehrere Gelehrte
bemüht, den Stammbaum berühmter Geschlechter auszumitteln. Gutmütige Leichtgläubigkeit und Nachsicht gegen herkömmliche
Vorurteile und Überlieferungen unterstützten die Eitelkeit der Großen, und die Forderungen ernster Forschung wurden von wenigen
beachtet; daher die Ableitung mancher Adelsfamilien von altrömischen Geschlechtern.
In diesem Sinn schrieben
Genealogie Rüxner sein mythenreiches »Turnierbuch« (Simmern 1527) und Heinr. Zellius eine »Genealogia
insignium imperatorum, regum et principum« (Königsb. 1563),
worin er den Ursprung fürstlicher Häuser von den Goten ableitete. Ihnen folgte Hier. Henniges, dessen »Theatrum genealogicum« in 5 Bänden, vollständig jetzt selten, zwar ohne Wert, doch fleißig ausgeschrieben ist. Berüchtigt wegen der Erfindungen ihres Verfassers sind die Schriften von Fr. de Rosière (um 1580), so daß es in Frankreich noch jetzt sprichwörtlich heißt: mentir comme un généalogiste. Eine gründlichere Darstellung erhielt zuerst die altrömische Familienkunde in dem Versuch von R. Strenius (gest. 1601) und in den gelungenern Arbeiten Glandorps. Auch Guilliman (gest. 1612) bewies in seiner Schrift »Habsburgica« urkundliche Treue, und Genealogie Bucelin hinterließ zahlreiche genealogische Werke, welche viel brauchbares Material enthalten. Das bedeutendste ist »Germania [* 5] topochronostemmatographica« (1655-78). Der richtige Weg kritischer Untersuchung wurde jedoch erst von A. du Chesne (gest. 1640) und vor allen von Pierre d'Hogier (gest. 1660) eingeschlagen, denen Anselm 1674, J. ^[Jean] de Laboureur 1683 und A. Lancelot 1716 in Frankreich, W. Dugdale 1675 in England folgten. In Deutschland [* 6] befolgten ein wissenschaftliches Verfahren zuerst Nik. Ritterhusius, welcher auf unverwerfliche urkundliche Beweise drang, und Philipp Jakob Spener, welcher Genealogie und Heraldik in ihrer Wechselwirkung verband. J. W. ^[Jacob Wilhelm] v. Imhof setzte das Werk des Ritterhusius nach dessen Grundsätzen fort, und ihm folgte J. D. ^[Johann David] Köhler. Die wichtigsten Werke des vorigen Jahrhunderts sind Hübners durch Vollständigkeit ausgezeichnete »Genealogische Tabellen« (Leipz. 1725-1733, 4 Bde.; neue Aufl. 1737-66),
denen Lenz »Erläuterungen« (das. 1756) und die Königin Sophia von Dänemark [* 7] »Supplementtafeln« (Kopenh. 1822-1824, 6 Lfgn.) hinzufügte;
Gebhardis »Genealogische Geschichte der erblichen Reichsstände in Deutschland« (Halle [* 8] 1776-85, 3 Bde.);
J. Ch. ^[Johann Christoph] Gatterers »Abriß der Genealogie« (Götting. 1788),
eine brauchbare wissenschaftliche Übersicht;
Kochs »Tables généalogiques des maisons souveraines de l'Europe« (deutsch, Berl. 1808).
Die besten neuern Werke sind Örtels »Genealogische Tabellen der germanischen und slawischen Völker im 19. Jahrhundert« (3. Aufl., Leipz. 1877),
Cohns »Stammtafeln zur Geschichte der deutschen Staaten und der Niederlande« [* 9] (Braunschw. 1871),
Grotes »Stammtafeln« (Leipz. 1877),
Hopfs »Historisch-genealogischer Atlas« [* 10] (Gotha [* 11] 1858-61, 2 Bde.) und Camill v. Behrs »Genealogie der in Europa [* 12] regierenden Fürstenhäuser« (2. Aufl., Leipz. 1870; dazu »Wappenbuch«, 1871). Einzelne Arbeiten in Beziehung auf Griechenland [* 13] und Rom [* 14] lieferten Steinbeck, Niebuhr, Huschke u. a.; für Deutschland J. G. ^[Johann Georg] v. Eckhard, M. E. v. Schließen, J. ^[Josef] v. Hormayr, Graf Stillfried-Rattonitz (Hohenzollern), [* 15] Frhr. v. Reitzenstein u. a. Für Frankreich sind Lesages (Las Casas) »Atlas historique généalogique, etc.« (Par. 1803, 1804, 1826) und »L'art de vérifier les dates, etc.« (das. 1820-1838),
für Italien [* 16] die Werke vom Grafen Pompeo Litta (gest. 1852) und dem Grafen Luigi Passerini zu nennen sowie die Arbeiten, welche das vom Cavaliere B. di Crollalanza in Pisa [* 17] seit 1874 herausgegebene »Giornale araldico-genealogico-diplomatico« enthält. Von den periodischen Werken sind die von Justus Perthes in Gotha jährlich herausgegebenen genealogischen Taschenbücher die wichtigsten, nämlich der in deutscher und französischer Sprache [* 18] erscheinende »Gothaische genealogische Hofkalender« (seit 1764),
mit dem das reichhaltige »Diplomatisch-statistische Jahrbuch« verbunden
ist, das »Genealogische Taschenbuch der deutschen gräflichen
Häuser« (seit 1825) und das der »deutschen freiherrlichen Häuser« (seit 1848). Ein »Genealogisches Taschenbuch der Ritter-
und Adelsgeschlechter«
erscheint seit 1876 in Brunn; für England sind die umfänglichern Jahrbücher von Burke (»Peerage and
baronetage of the British empire«, 48. Jahrg. 1886), Debrett und von
Lodge zu erwähnen.