Geschlecht
seigentümlichkeiten
(Geschlecht
scharaktere), die Kennzeichen, an welchen man bei
Tieren und
Pflanzen getrennten
Geschlechts das männliche und weibliche
Individuum voneinander unterscheiden kann. Sie sind nicht bloß auf
die Geschlecht
swerkzeuge und deren Hilfsapparate beschränkt (primäre Geschlechtseigentümlichkeiten
), sondern finden
sich auch an andern Teilen des
Organismus (sekundäre Geschlecht
seigentümlichkeiten). So haben bei manchen
Tieren die Männchen besondere Hautanhänge
(Hörner,
Bärte etc.), lebhaftere Färbungen (z. B. bei vielen
Vögeln und
Insekten),
[* 2] stärker entwickelte
Stimme
(Gesang der
männlichen
Vögel);
[* 3] bei andern sind die Weibchen mit eigentümlichen
Bildungen ausgestattet.
Beim Menschen zeigen sie sich zunächst darin, daß der Mann eine bedeutendere Größe als das Weib zu erreichen pflegt; außerdem ist der männliche Körper wegen der kräftigern Ausbildung seines Knochen- und Muskelsystems durch eckigere Formen charakterisiert, während beim Weib, wo das Unterhautfettgewebe reichlicher vorkommt, alle Körperformen runder sind. Das Weib hat verhältnismäßig einen längern Rumpf, der Mann längere Extremitäten. Bei letzterm ist der Gesichtsteil ¶
mehr
des Kopfes, namentlich der Unterkiefer, verhältnismäßig stärker entwickelt. Der Brustkasten des Mannes ist breiter und tiefer als der des Weibes, bei diesem dagegen ist der Unterleib relativ zum Brustkasten umfänglicher, auch sind die Hüften breiter. Das weibliche Becken ist breiter und weiter, aber niedriger als das des Mannes; hieraus folgt eine größere Entfernung der Hüftpfannen und die eigentümliche Stellung der Oberschenkel nach innen, der Unterschenkel nach außen hin (sogen. X-Beine). Im Anschluß hieran ist der Gang des [* 5] Weibes mehr schwankend und der Stand, besonders wegen der Kleinheit der Füße, unsicherer als beim Mann.
Das weibliche Individuum durchläuft seine verschiedenen Lebensstufen rascher als das männliche und wird
darum auch in manchen Ländern gesetzlich um mehrere Jahre früher mündig als das männliche. Ferner äußern sich beim Mann
Hunger und Durst viel dringender und geht die Atmung viel energischer vor sich als beim Weib; im Einklang hiermit sind Kehlkopf,
[* 6] Luftröhre, Lungen und Herz samt den Blutgefäßen geräumiger. Dagegen scheint die Blutbildung beim Weib
rascher stattzufinden, so daß Blutverluste von ihm leichter ertragen werden. Einen stark hervortretenden sekundären Geschlecht
scharakter
bieten die Haare
[* 7] dar: nur ausnahmsweise besitzt das Weib einen Bart, hat dafür in der Regel sehr lange Kopfhaare. - Das Nervensystem
ist im allgemeinen beim weiblichen Geschlecht viel reizbarer als beim männlichen;
daher sind manche Nervenkrankheiten (Hysterie, Veitstanz und Katalepsie) jenem fast ausschließlich eigen.
Auch psychische Geschlecht
seigentümlichkeiten finden sich vor. Beim Weibe behauptet
das Gefühl, das Gemüt, beim Mann dagegen die Intelligenz, das Denken, die Oberhand. Die Phantasie des Weibes ist lebhafter als
die des Mannes, erreicht aber selten die Höhe und Kühnheit wie bei letzterm. In Bezug auf die Schärfe
der Unterscheidung, auf die Tiefe des Urteils ist der Mann entschieden bevorzugt; er ist daher auch zu abstrakten Forschungen
mehr geeignet als das Weib. Den Mann charakterisiert ein gewisser Egoismus; das Weib ist geneigt zur Hingebung,
welche nicht selten bis zur Aufopferung des eignen Selbst geht.