Geschichte.
Das O. R. wurde begründet durch den Ende des 12. Jahrh. aus Nordpersien ausgewanderten wenig zahlreichen Stamm der Oghusischen Türken, der über die bereits durch die Seldschuken (s. d.) dem Islam gewonnenen Bewohner Anatoliens seine Organisation als Kriegerstaat unter einem absoluten Herrscher ausdehnte. Ertogrul, der Sohn Suleiman Chans, erwarb sich Anfang des 13. Jahrh. Sitz im nordwestl. Phrygien. Sein Sohn Osman (1288–1326), nach dem das Reich den Namen führt, und noch mehr dessen Sohn Orchan (1326–59) dehnten ihre Herrschaft über ganz Bithynien und Mysien aus.
Letzterer machte Brussa zur Hauptstadt und bereitete durch Eroberung von Gallipoli an der europ. Seite des Hellespont weitere Unternehmungen gegen das oström. Kaiserreich vor. Sein Sohn Murad I. (1359–89), der Vollender der türk. Heeresverfassung, gründete den Soldatenorden der Janitscharen (s. d.), unterwarf im Westen Thrazien und im Osten die Gebiete mehrerer anatolischer Teilfürsten, gegen deren mächtigsten, den von Karamanien, er 1386 schwere Kämpfe zu bestehen hatte. Er verlegte den Schwerpunkt [* 2] des Reichs nach Europa [* 3] und nahm seine Residenz in Adrianopel, das er 1361 erobert hatte. Er fiel 1389 als Sieger in der auf dem Amselfelde (s. d.) den Serben gelieferten Entscheidungsschlacht.
Murads Sohn, Bajazet I. (1389–1403), zwang die Walachei und den griech. Kaiser Johannes V. zur Tributzahlung und durchzog Griechenland [* 4] bis zur Südspitze des Peloponnes. Ein Bündnis der christl. Mächte unter Sigismund von Ungarn [* 5] rief den Sultan in den Norden, [* 6] wo er der christl. Armee bei Nikopolis (1396) eine furchtbare Niederlage beibrachte. Nun aber erfolgte ein Rückschlag, indem Timur (s. d.) mit seinen Tataren in das türk. Gebiet einbrach. Bajazet stellte sich diesem bei Angora (1402) entgegen, wurde aber aufs Haupt geschlagen und geriet in Kriegsgefangenschaft, in der er im folgenden Jahre starb.
Nach einem langjährigen Zwist seiner vier Söhne riß 1413 Mohammed die Alleinherrschaft an sich und führte eine friedliche Regierung. Mohammeds Sohn, Murad II. (1421–51), eroberte Thessalonich, Korinth, [* 7] Patras und einen Teil Albaniens, hatte aber in letzterm Lande einen tapfern Gegner an Skanderbeg (s. d.). In seinen Kämpfen mit Johann Hunyady (s. d.), dem Fürsten von Siebenbürgen und Statthalter von Ungarn, wurden seine Heere 1443 bei Nissa geschlagen, aber bei Varna 1444 und in der zweiten Schlacht auf dem Amselfelde 1448 blieb er Sieger.
Sein Sohn und Nachfolger Mohammed II. (1451–81) vernichtete durch Eroberung Konstantinopels 1453 das Byzantinische Reich und machte Konstantinopel [* 8] zur Hauptstadt seines Reichs. Er ließ nicht nur das griech. Patriarchat bestehen, sondern errichtete auch ein armenisches; durch seine Gesetzgebung legte er den Grund zu dem noch jetzt größtenteils bestehenden türk. Rechtswesen. Er erweiterte das Reich nach allen Richtungen, verwandelte Serbien [* 9] 1459 in eine türk. Provinz, eroberte 1460 Morea, 1461 Trapezunt, 1462 Lesbos, 1463 den größten Teil Bosniens, verleibte 1466 Karamanien seinem Reich ein und zwang 1475 den Tatarenchan in der Krim [* 10] zur Vasallenschaft. 1480 landeten seine Truppen in Italien [* 11] und nahmen Otranto. Er starb 1481. Die Regierung seines Sohnes Bajazet II. (1481–1512) verlief dagegen fast thatenlos, und schon offenbarten sich Zerwürfnisse im Herrscherhause, denen Bajazets Sohn und Nachfolger, Selim I. (1512–20), seine gewaltsame Erhebung auf den Thron [* 12] verdankte.
Aber dieser Selim gab dem O. R. einen neuen Aufschwung. Er warf die Perser über den Tigris zurück und besiegte 1517 den letzten Mamlukensultan, dem er Syrien und Ägypten [* 13] abnahm. Hiermit ging auch das Schutzrecht der Heiligen Stätten des Islam in Mekka und Medina auf die türk. Sultane über, und Selim legte sich endlich auch den Titel eines Chalifen bei. Selims Sohn und Nachfolger, Suleiman II. (1520–66), eroberte 1521 Belgrad, [* 14] damals eine ungar. Grenzfestung, 1526 Peterwardein, vernichtete dann das ungar. Heer in der blutigen Schlacht bei Mohacs und nahm die Hauptstadt des Landes, Ofen, ein, die er freilich noch nicht behauptete, da Aufstände im Osten des Reichs ihn abriefen. 1529 setzte er das begonnene Werk mit noch größerm Nachdruck fort.
Ofen wurde abermals erobert, Ungarn bis auf die Nordkomitate unterworfen und zu einem Vasallenkönigreich unter dem siebenbürg. Fürsten Johann Zápolya (s. d.) gemacht. Durch die Einnahme Wiens gedachte Suleiman den Widerstand Ferdinands I. dauernd zu brechen und sich den Weg in den Westen Europas zu bahnen. Hier aber versagte sein Kriegsglück, und nach schweren Verlusten sah er sich zum Rückzug genötigt. In dem 1533 abgeschlossenen Frieden mußte er sich mit dem eroberten südl. Teil Ungarns begnügen und Ferdinand von Österreich [* 15] als König von Ungarn anerkennen. Gleich darauf eröffnete er den Krieg gegen den Schah von Persien, [* 16] der ihm 1534 die Länder am Wansee, Täbris und Bagdad abtreten mußte. 1541 kam es ¶
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zu einem neuen Krieg mit Österreich. Suleiman machte ganz Ungarn bis gegen Ofen, Stuhlweißenburg [* 18] und Gran [* 19] zur türk. Provinz. Die Kämpfe 1551–62 wurden um den Besitz Siebenbürgens geführt, das Suleiman unterworfen blieb. Nicht minder erfolgreich waren seine sonstigen Unternehmungen. 1522 entriß er den Johanniterrittern das heldenmütig verteidigte Rhodus, seine Admirale Cheir eddin und Horuk erwarben ihm die Oberherrschaft über die Barbareskenstaaten und eroberten mehrere Seefestungen der Venetianer im Archipel.
Die Raubzüge türk. Flotten verbreiteten Schrecken an allen Küsten des Mittelmeers [* 20] bis nach Spanien, [* 21] nicht minder ostwärts im Indischen Ocean. Nur Korfu [* 22] und Malta, jenes von den Venetianern, dieses von den Johanniterrittern verteidigt, widerstanden siegreich allen Angriffen. Suleiman starb 1566 auf einer Expedition nach Ungarn vor dem von Zrinyi (s. d.) heldenmütig verteidigten Sziget. Seine Regierung bezeichnet neben der höchsten Blüte [* 23] den Wendepunkt in der osman.
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, denn von ihm an datiert die Abschließung der Prinzen vom Verkehr mit der Außenwelt, infolge
deren es ihnen später an Kenntnissen und Einfluß fehlt. Um so mehr aber steigt die Macht der Großwesire; Günstlings- und
Haremswirtschaft nehmen überhand, und die Thronfolge wird immer mehr von der Willkür der Ulemas und Janitscharen abhängig.
Sein Sohn, Selim II. (1566–74), war ein energieloser Weichling, der zwar den Venetianern Cypern
[* 24] entriß
und das Herzogtum Naxos (s. d.) eroberte, aber auch in der Schlacht von Lepanto (s. d.) durch Don Juan d'Austria die erste
große Niederlage erlitt, die den Ruf der Unbesieglichkeit der türk. Waffen
[* 25] erschütterte.
Der eigentliche Regent des Reichs war sowohl unter ihm als auch während der ersten Zeit der Regierung seines Sohnes Murad III. (1574–95) der Großwesir Mohammed Sokolli, der die Geschäfte mit großer Kraft [* 26] und Gewandtheit führte, bis er 1579 ermordet wurde. Die nach seinem Tode gegen Österreich und Persien geführten Kriege verliefen freilich noch im allgemeinen günstig, indem Kars, Eriwan und Aserbeidschan erobert wurden, im Innern nahm jedoch die Zuchtlosigkeit der Janitscharen schon einen bedenklichen Charakter an. Auf Murad folgte sein Sohn, Mohammed III. (1595–1603), der 1596 selbst an der Spitze seines Heers nach Ungarn zog, wo er Erlau und Stuhlweißenburg zwar eroberte, aber einen weit hartnäckigern Widerstand fand als seine Vorgänger.
Auch im Osten waren die Verhältnisse schwieriger geworden. Die Perser erhoben sich unter dem gewaltigen Schah Abbâs I. (s. d.) und suchten die verlorenen Provinzen zurückzuerobern. Mohammeds Sohn und Nachfolger, Achmed I. (1603–17), bestieg den Thron 15 J. alt und schloß mit Österreich 1606 den ungünstigen Frieden von Sitvatörök, um gegen Persien freie Hand [* 27] zu gewinnen. Aber auch hier mußte er im Frieden von 1612 mehrere Landstriche zurückgeben. Nach Achmeds Tode bestieg 1617 sein blödsinniger Bruder, Mustapha I., den Thron, der kaum nach Jahresfrist wieder abgesetzt wurde, worauf Achmeds ältester Sohn, Osman II. (1618–22), 12 J. alt, anfangs unter der Leitung des Diwan, nach zwei Jahren aber selbständig die Regierung übernahm.
Volk und Janitscharen waren gleich unzufrieden mit ihm, Aufstände brachen aus, und nach vierjähriger Regierung wurde er ermordet. Nachdem der blödsinnige Mustapha auf ein paar Monate wieder auf den Thron gesetzt war, folgte Osmans zwölfjähriger Bruder, Murad IV. (1623–40), anfangs unter der Vormundschaft seiner Mutter, aber schon nach drei Jahren selbständig. Unter seiner tüchtigen, aber grausamen Herrschaft hob sich der Glanz der türk. Waffen wieder; er unternahm zwei Feldzüge gegen die Perser, die Georgien, Armenien und Bagdad erobert hatten, und nahm ihnen Bagdad wieder ab. Er starb kinderlos 29 J. alt.
Ihm folgte sein Bruder, Ibrahim I. (1640–48), der 1645 einen Krieg gegen die Venetianer um den Besitz von Kreta begann, dessen Ausgang er nicht mehr erlebte, da er 1648 von den Janitscharen abgesetzt und hingerichtet wurde. Unter traurigen Verhältnissen bestieg Ibrahims siebenjähriger Sohn, Mohammed IV. (1648–87), den Thron. Seine Großmutter Mahpeiker Kössem, die Mutter dreier Sultane, und seine Mutter Tarchan stritten sich um den Einfluß, während die Venetianer (1656) vor den Dardanellen erschienen und über die großherrliche Flotte einen glänzenden Sieg (6. Juli) davontrugen. In dieser bedrängten Lage ergriff der 75jährige Mehemed Kjöprili (s. d.) die Leitung der Regierung, und eine Reihe von bedeutenden Großwesiren folgte ihm, die den Verfall des O. R.s noch für einige Zeit aufhielten.
Kjöprili vertrieb die Flotte der Venetianer vom Hellespont und stellte mit rücksichtsloser Grausamkeit die Ruhe und Ordnung im Innern des Reichs her. Ihm folgte als Großwesir 1661 sein Sohn Achmed, der 15 Jahre lang die Geschäfte leitete und sich ebenso sehr durch Milde auszeichnete wie sein Vater durch blutdürstige Härte. Eine Intervention der Österreicher in Siebenbürgen rief ihn 1662 nach Ungarn, wo ihm Montecuccoli bei St. Gotthard an der Raab [* 28] eine empfindliche Niederlage beibrachte; dennoch aber gewann er mehrere Festungen, von denen Neuhäusel beim Friedensschluß von Vasvar im Besitz der Türkei [* 29] blieb. In den folgenden Jahren brachte der Großwesir Kreta, damals den Venetianern gehörig, unter die Botmäßigkeit der Pforte. Ein Aufstand der Kosaken, für die Kjöprili gegen ihre poln. Herren Partei nahm, rief einen Krieg mit Polen hervor, der Johann III. Sobieski nötigte, durch Abtretung Podoliens und eines Teils der Ukraine den Frieden von Zurawna zu erkaufen.
Achmed Kjöprilis Tod in demselben Jahre setzte dem Regierungsglück des schwachen und unfähigen Mohammed IV. ein Ziel. Der Kosakenhetman der Ukraine warf sich, nach völliger Unabhängigkeit strebend, den Russen in die Arme und wurde so die Ursache zu den verhängnisvollen Berührungen der Pforte mit Rußland. Zar Feodor III. schlug die Türken in drei aufeinander folgenden Feldzügen und zwang sie durch den Friedensschluß zu Radzin 1681 zu bedeutenden Abtretungen auf dem linken Dnjestrufer.
Im Einverständnis mit Ludwig XIV. unterstützte Kara Mustapha (s. d.), der nach Achmed Kjöprilis Tod Großwesir geworden war, den Aufstand des ungar. Grafen Tököly gegen die österr. Herrschaft. Tököly wurde von dem Sultan 1683 zum König von Mittelungarn ernannt, und noch in demselben Jahre erschien eine große türk. Armee vor Wien, [* 30] die jedoch nach etwa zweimonatiger Belagerung zum Abzug gezwungen und von den verfolgenden Deutschen und Polen noch zweimal auf ungar. Boden geschlagen wurde. Während Sobieski in die Moldau und Walachei eindrang und die Venetianer und Malteserritter Morea eroberten, ¶
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Dalmatien angriffen und die Ionischen Inseln von den türk. Truppen säuberten, nahmen die Österreicher unter dem Herzog von Lothringen (1684) Višegrad, Waizen (1685), Neuhäusel und die Landeshauptstadt Ofen ein, die 145 Jahre in türk. Besitz gewesen war. Eine neue Armee erlitt am Berge Harsán bei Mohacs von den Kaiserlichen abermals eine völlige Niederlage; Peterwardein, Erlau, Stuhlweißenburg wurden nacheinander erobert, und sogar Belgrad fiel den Christen in die Hände.
Der Verlust Ungarns kostete Mohammed IV. den Thron. Die Janitscharen meuterten, der Scheich ul-Islam erklärte ihn für abgesetzt, und sein ebenso unfähiger Bruder, Suleiman III. (1687–91), wurde zu seinem Nachfolger ernannt. Der festen Hand Mustapha Kjöprilis, der als Großwesir die Regierung übernahm, gelang es aber bald, Zucht und Ordnung wiederherzustellen. In einem neuen Feldzuge wurden die Kaiserlichen 1690 über die Donau und Save zurückgeworfen und büßten ihre Eroberungen, unter anderm Belgrad, Semendria und Vidin, wieder ein.
Als aber Mustapha im nächsten Jahre (1691) das Waffenglück weiter verfolgen wollte, erlitt er von den Österreichern unter dem Markgrafen Ludwig Wilhelm von Baden [* 32] 19. Aug. bei Slankamen eine entscheidende Niederlage, bei der er selbst den Tod fand. Kurz vor diesem Unfall war Suleiman III. gestorben und hatte seinen Bruder, Achmed II. (1691–95), zum Nachfolger, der nach einer kurzen thatenlosen Regierung die Krone auf seinen Neffen Mustapha II. (1695–1703), den Sohn Mohammeds IV., vererbte.
Dieser brach sofort in Ungarn ein, wo er noch 1695 einige Vorteile errang, während die türk. Flotte die Venetianer schlug und Asow erfolgreich gegen Peter d. Gr. von Rußland verteidigt wurde. Aber schon 1696 ging dieser Platz an den Zaren verloren, und als Mustapha II. 1697 wieder in Ungarn erschien, wurde er von dem Prinzen Eugen von Savoyen 11. Sept. bei Zenta an der Theiß geschlagen. Die Folge dieses Sieges war der Friede von Karlowitz, worin Siebenbürgen und Ungarn, mit Ausnahme der Stadt Temesvár und des Banats, vom Sultan dem Deutschen Kaiser abgetreten wurden; Rußland erhielt Asow und dessen Gebiet, Venedig [* 33] Morea und den größten Theil von Dalmatien; Polen wurde mit der Ukraine und Podolien entschädigt.
Erbittert über diesen Frieden setzten die Janitscharen Mustapha II. ab und erhoben seinen Bruder, Achmed III. (1703–30), auf den Thron, auf dessen Regierung sein Großwesir, der «weise» Hussein Kjöprili, den größten Einfluß ausübte. Unter Achmed erschien Karl XII. von Schweden, [* 34] nach seiner Niederlage bei Pultawa, als Flüchtling auf türk. Boden und wußte den Sultan zur Teilnahme an dem Kriege gegen Rußland zu bestimmen. Bei einem Einfall in die Moldau wurde Peter d. Gr. mit seinem Heer am Pruth von den türk. Truppen unter dem Großwesir Baltadschi-Mohammed (1711) eingeschlossen; durch Bestechung desselben gelang es Peter, sich zu retten und gegen Abtretung Asows 1711 den Frieden am Pruth zu erlangen.
Mehr Ruhm erwarben sich die Türken in Morea. Anfang 1715 griff der Sultan die Halbinsel an; viele Griechen kämpften gegen die Venetianer in den Reihen der Türken, und in acht Monaten wurde die Eroberung vollendet. Der Angriff auf Morea war eine Verletzung des Vertrags von Karlowitz gewesen. Österreich verlangte Genugthuung, und es kam darüber zu einem abermaligen Krieg, in dem der Prinz Eugen (1716) bei Peterwardein wiederum einen glänzenden Sieg davontrug. Temesvár, der letzte türk. Besitz auf ungar. Boden, und bald darauf Belgrad fielen infolgedessen den Kaiserlichen in die Hände.
Die Pforte sah sich zu dem Frieden von Passarowitz genötigt, worin sie das Banat mit Temesvár, einen Teil Serbiens mit Belgrad, die Walachei bis zur Aluta und einen Teil Bosniens an Österreich abtrat, aber, gegen eine der Republik Venedig in Dalmatien gewährte Entschädigung, im Besitz von Morea blieb. Die Anarchie in Persien (s. d.) sich zu nutze machend, sandte die Pforte hierauf ihre Heere in den Osten, welche Eriwan, Täbris und Hamadan dem Sultan unterwarfen.
Aber der meuterischen Soldateska hatte der Sultan schon zu lange regiert; ein Aufstand stürzte ihn und hob seinen Neffen Mahmud I. (1730–54) auf den Thron. Unter ihm gingen die pers. Eroberungen wieder verloren. Die Russen fielen in die Krim ein, eroberten Asow und nahmen Chotin in Bessarabien sowie Jassy in der Moldau, dagegen wurden die Österreicher in den Feldzügen 1737–39 geschlagen und mußten sich zu dem Friedensschluß von Belgrad verstehen, worin sie Belgrad und Orsova, Nordserbien und die Kleine Walachei wieder an die Türkei abtraten.
Rußland gab Chotin heraus und behielt Asow nur mit geschleiften Festungswerken. Auf Mahmud I. folgte sein Bruder Osman III. (1754–56), der den Thron auf seinen Vetter, Mustapha III. (1756–74), einen Sohn Achmeds III., vererbte. Während der ersten Hälfte seiner Regierung dauerte der äußere Friede fort, und im Innern brachte der Großwesir Raghib Pascha Ordnung in die Provinzialverwaltung, vollendete die Unterwerfung Ägyptens durch Vernichtung der Macht der Mamlukenbeis, stellte das Gleichgewicht [* 35] in den Finanzen her und wußte die Janitscharen im Zaum zu halten. Unter seiner Sorge gelangte das O. R. in einen Zustand der Blüte, zu dem es sich später kaum wieder erhoben hat.
Die Intriguen, durch die Katharina II. von Rußland das Polnische Reich gänzlich von ihrem Willen abhängig zu machen bemüht war, erfüllten den Diwan mit Besorgnissen. Aufstände der Montenegriner und der Walachen, die Rußland angestiftet haben sollte, reizten den Zorn der Pforte, und als die sog. Konföderierten von Bar, die Gegner Stanislaus Poniatowskis (s. d.), des von Rußland begünstigten poln. Königs, sie um Hilfe ansprachen, entschloß sie sich zum Kriege gegen Rußland. Im Frühjahr 1769 zog eine zahlreiche türk. Armee gegen die russ. Grenze, wurde aber am Dnjestr geschlagen, worauf die Russen wieder Chotin nahmen. 1770 siegten die Russen am Pruth (18. Juli) und am Kagul (1. Aug.) und eroberten die Moldau und Walachei; eine russ. Flotte erschien im Archipel und vernichtete die türk. Seemacht 16. Juli auf der Reede von Tschesme. Im Feldzug von 1771 eroberte Fürst Dolgorúkij die Krim. Im Juni 1771 wurde ein Waffenstillstand abgeschlossen; aber die in Focşani und Bukarest [* 36] 1772 und 1773 eröffneten Friedensverhandlungen blieben erfolglos, und der Krieg begann von neuem und verlief wieder ungünstig für die Türken. Das O. R. schien der völligen Auflösung entgegenzugehen. In Akka hatte ein Beduinenscheich, Daher, einen unabhängigen Staat ¶