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die glatten nur noch als Kartätschgeschütze zur Grabenverteidigung verwendet.
Geschütze der europäischen Armeen.
Die gezogenen Geschütze der deutschen Artillerie sind Hinterlader mit gepreßter Geschoßführung, d. h. die Geschosse, [* 3] mit Ausnahme der Kartätschen, haben auf dem cylindrischen Teil ihrer Oberfläche eine Ummantelung von Blei, [* 4] Hartblei oder Kupferringe. Durch das Einpressen der ringförmigen Bleiwülste in die Züge des Rohrs wird der Spielraum zwischen Geschoß und Seelenwand aufgehoben. Die Geschosse sind Granaten, [* 5] Schrapnells und Kartätschen. In Deutschland [* 6] sind 8, 9, 12, 15, 17, 21, 24, 26, 28 und 30,5 cm Kaliber im Gebrauch, unter denen 9, 15 und 21 cm Mörser, 8, 9, 12 und 15 cm Kanonen aus Bronze, [* 7] seit 1878 Hartbronze (in Österreich [* 8] Stahlbronze genannt) gefertigt werden.
Die Züge sind bei allen von gleicher Einrichtung, 1,3-2,6 mm tief, hinten 16-18 mm breit, vorn 3-5 mm schmäler. Man nennt sie ihrer ungleichen Breite [* 9] wegen Keilzüge; deren Zweck ist, den Widerstand der Geschoßführung auf die ganze Rohrlänge zu verteilen. Parallelzüge sind vorn und hinten gleich breit. Die zwischen den Zügen stehen gebliebenen Teile heißen Felder. Die Anzahl der Züge steigt mit dem Kaliber von 12 bei der 8 cm bis zu 36 bei der 28 cm Kanone. Krupps [* 10] 40 cm Kanone hat 96 Züge.
Die Ansteigung der Züge (Drallwinkel) liegt zwischen 2½- 4½ Grad. Die Dralllänge ist das Maß für die einmalige Umdrehung der Züge, man pflegt sie in Anzahl Kalibern auszudrücken; sie muß abnehmen mit dem Wachsen der Ladung und der Länge des Geschosses und zwar um so mehr, je kleiner das Kaliber ist; sie beträgt bei Krupps Kanonen etwa 28-45 Kaliber, erstere bei 9 cm, letztere bei 40 cm Kanonen. Der hintere Teil der Seele, der Ladungsraum, ist glatt, bei neuern Geschützen gezogen (Züge von etwa der halben Tiefe der gezogenen Seele), dient zur Aufnahme des Geschosses und der Pulverladung und hat deshalb einen größern Durchmesser als die Seele in den Zügen; er muß sich in Rücksicht auf Pulververwertung zur Länge des Ladungsraums wie 1:3-4,5 verhalten, wächst also, wenn man die Ladung desselben Kalibers steigert.
Dieses Verhalten des erweiterten Ladungsraums ist wissenschaftlich noch nicht erklärt. Vom Ladungsraum zum gezogenen Teil führt der Übergangskonus. Die Seele wird hinten durch den Verschluß geschlossen, der seiner Konstruktion nach entweder Kolben- oder Keilverschluß ist. Ersterer ist älterer Art (9 cm) und besteht aus dem Verschlußkolben a [* 1] (Fig. 1), in der Seelenachse liegend, der seine Führung in der Verschlußthür b erhält. Senkrecht zur Seelenachse wird durch das Rohr und den Verschlußkolben der Quercylinder c gesteckt, der dem Stoß der Pulverladung Widerstand bieten muß.
Die Handhabung geschieht mittels der
Kurbel
[* 11] d. Der Keilverschluß ist entweder Doppel-
[* 12] oder Einheitskeil. Ersterer ist die
ältere
Konstruktion; sein Konstruktionsprinzip ist folgendes
[* 1]
(Fig. 2): Zwei rechtwinkelige
Keile a und e liegen mit den
schrägen
Flächen aneinander, so daß Vorder- und Hinterfläche parallel laufen. Je nachdem man nun die schrägen
Flächen
von- oder übereinander schiebt, vermindert oder vermehrt sich der
Abstand der parallelen Vorder- und Hinterfläche und gestattet
das Herausziehen und Hineinschieben des Verschlusses oder das Öffnen und Schließen des
Rohrs. Die Knebelschraube i
begrenzt das Herausziehen, so daß die Ladeöffnungen
k in die
Seele treten. Bei den Panzergeschützen
mußte der Doppelkeilverschluß
seiner ungenügenden Widerstandsfähigkeit wegen durch den Kruppschen Einheitskeil, nach Form der hintern Keilfläche Rundkeil,
bei einigen aptierten
Geschützen Flachkeil genannt, ersetzt werden. Er
[* 1]
(Fig. 3) ist ein ungeteilter prismatischer
Körper a aus
Stahl, dessen vordere
Fläche i senkrecht, dessen hintere k aber schräg zur Rohrachse steht.
Eine gleiche Form hat das Keilloch. Der
Keil erhält seine
Führung durch Führungsleisten und
Nuten auf der obern und untern
Keil- und Keillochfläche, die parallel der hintern schrägen Keilfläche laufen, wodurch es möglich ist, nach geringer
Lockerung den Verschluß aus dem
Rohr zu ziehen. Das Bewegen und Feststellen des
Keils geschieht durch eine
Kurbel b, die eine
Schraubenvorrichtung von eigentümlicher
Konstruktion, aus der Verschlußschraube
f und der
Spindel c bestehend, in Drehung
setzt. Bei den Panzergeschützen
wird der Verschluß seiner
Schwere wegen (der 28
cm Verschluß wiegt 675 kg)
im
Rohr durch eine
Transportschraube bewegt.
Um die Seele vollständig gasdicht abzuschließen, bedarf man eines besondern Liderungsmittels. Beim Kolbenverschluß dient hierzu der Preßspanboden, ein flaschenbodenähnlicher Napf aus mehrfachen Lagen sehr fester Preßspanpappe. Beim Keilverschluß ist in die Stahlplatte eine Kupferliderung [* 1] (Fig. 2: m
[* 1] ^[Abb.: Fig. 1. Kolbenverschluß.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 2 Doppelkeilverschluß.]
[* 1] ^[Abb.: Fig. 3. Einheitskeil.] ¶
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in der Stahlplatte h), deren Querschnitt ein rechtwinkeliges Dreieck [* 14] bildet, so eingesetzt, daß eine Kathete die Liderungsfläche bildet und in Funktion tritt, sobald die Pulvergase unter die Hypotenuse treten und die Kupferliderung heben. Die Kupferliderung setzt eine immer gleiche Lage des Vorderkeils im Rohr voraus, die bei Verschmutzungen nicht immer erreichbar ist; wegen der Weichheit ihres Metalls wird sie auch leicht unbrauchbar. Diese Nachteile sind durch den Broadwell-Ring beseitigt. Seine Konstruktion ist aus dem Durchschnitt [* 13] (Fig. 4) ersichtlich. Er sitzt im Rohr an der Mündungskante des Ladungsraums und wird durch die bei a eintretenden Pulvergase gegen die Stahlplatte des Keils gedrückt.
Alle neuen Geschütze [* 15] (auch Feldgeschütze) erhalten eine durch Beseitigung der sehr empfindlichen scharfen Kante b modifizierte Form [* 13] (Fig. 5), Liderungsring [* 16] C/1873. Weil derselbe im Rohr sitzt, ist die gleiche Lage des Keils im Rohr bei jedem Schuß nicht geboten. Aber auch dieser Liderungsring erfordert eine so außerordentlich aufmerksame und sachverständige Behandlung zur Erfüllung seines Zwecks, daß die gegen seine Kriegsbrauchbarkeit laut werdenden Bedenken sich mehren.
Major Wille hält deshalb die Annahme von metallenen Kartuschhülsen, nach Art der Gewehrpatronenhülsen, für Geschütze, die sowohl die Pulverladung aufnehmen, als die Liderung bewirken, nur noch für eine Frage der Zeit. Der Verschluß wie die Bedienung der Geschütze würde dadurch vereinfacht und die Gebrauchsfähigkeit des erstern nicht durch Ausbrennungen beschränkt werden. Solche von Lorenz in Karlsruhe [* 17] gepreßte Kartuschhülsen für Feldgeschütze befinden sich im Versuch.
Die deutschen Feldgeschütze C/1873 sind aus dem Bestreben hervorgegangen, den Geschossen eine möglichst große Anfangsgeschwindigkeit zu geben (s. Flugbahn), weshalb sie nach den Prinzipien der »künstlichen« Metallkonstruktion (S. 219) als Ring- [* 18] (Mantel-) Rohre gefertigt wurden. Einige der wichtigsten Geschütze der deutschen Artillerie nebst den Lafetten sind auf beifolgenden Tafeln »Geschütze I u. II« abgebildet.
Die russische Feldartillerie hat ihre bronzenen 4 und 9pfündigen Kanonen, deren Leistungen im russisch-türkischen Krieg nicht befriedigten, zufolge Verordnung vom durch Kruppsche Stahlkanonen, die nur unerheblich von den deutschen Feldkanonen abweichen, ersetzt. Die nähern Angaben sind aus der Tabelle S. 219 ersichtlich. Die Kanonen von 10,67 cm Kaliber heißen Batteriekanonen, die 8,7 cm der Fußartillerie leichte, die der reitenden Artillerie Kavalleriekanonen.
Die Belagerungs-, Festungs-, Küsten- und Schiffsgeschütze sind, mit Ausnahme einer Anzahl 12 und 15 cm nach englischem System beschaffter Rohre, alle mit den preußischen gleicher Konstruktion und zum großen Teil von Krupp bezogen oder zum Teil auch in russischen Fabriken, in dem Obuchowschen Gußstahlwerk am Ladogasee, gefertigt. Man hat 6-, 8-, 9-, 12zöllige Gußstahlringkanonen, zum Teil mit französischem Schraubenverschluß oder Rundkeil mit Broadwell-Ring, sowie leichte und schwere Hinterladungsmörser aus Bronze und Stahl mit Rundkeil und Parallelzügen. Ebenso ist gegenwärtig in der belgischen Artillerie durchweg das preußische System vertreten.
In die französische Feldartillerie wurden, nachdem sie im Krieg 1870/71 fast ihr gesamtes Material verloren hatte, neue Feldgeschütze nach der Konstruktion des Generals Reffye eingeführt, gezogene Hinterlader aus Bronze von 7,5 und 8,5 cm Kaliber mit gepreßter Geschoßführung, benannt nach dem Gewicht ihrer Granaten canon de 5 und de 7. Sie hatten den in Frankreich gebräuchlichen Schraubenverschluß und am Boden der Kartusche eine kurze kupferne Hülse, [* 19] welche die Liderung bewirken sollte, sich aber nicht bewährte, weil sie sich festschoß und schwer ausziehen ließ.
Die Geschütze waren nur ein Übergangsmodell bis zur Herstellung von Gußstahlringgeschützen
nach der Konstruktion von Lahitolle.
Es wurde ein solches von 95 mm Kaliber als Einheitsgeschütz
eingestellt; als sich dasselbe zu schwer erwies,
traten 2 Kaliber von 80 und 90 mm für die eigentlichen Feldbatterien an seine Stelle, während die 95 mm Kanonen für Feldpositionsbatterien
bestimmt wurden. Nähere Angaben s. Tabelle S. 219. Die bis 1870 bestehenden Feld- und Gebirgskanonen aus Bronze waren gezogene
Vorderlader nach dem System La Hitte.
Um den Geschossen eine Drehung um ihre Längenachse zu geben, sind in die Seelenwand Züge mit ca. 7° Drallwinkel eingeschnitten. In das Geschoß (s. Granaten) sind Zinkwarzen (ailettes) zur Führung, daher Ailettenführung, eingesetzt. Die ältern französischen Festungs- und Belagerungsgeschütze sind nach demselben System gefertigt. Auch die ältern Marinegeschütze sind eiserne Hinterlader mit Ailettenführung, aus Gußeisen, am Bodenstück mit Stahlreifen umringt, die sich mit der Rohroberfläche vergleichen.
Die Zahl und Art der Züge ist 3, 5 oder 6, Rechts- oder Linksdrall. Die Valérie, welche 1871 als Beute vom Mont Valérien heimgebracht wurde und jetzt neben dem Zeughaus zu Berlin [* 20] ausgestellt ist, hat 21 cm Kaliber und 5 Linkszüge mit Progressivdrall, weshalb die hintern Ailetten halbmondförmig sind. Diese Geschütze haben den Schraubenverschluß [* 13] (Fig. 6). Die Verschlußschraube a hat ein Schraubengewinde, das in drei Sextanten bis auf die Spindel fortgenommen ist (b). In der Seele befindet sich die entsprechende Muttereinrichtung, so daß die Verschlußschraube,
[* 13] ^[Abb.: Fig. 4. Broadwell-Ring.]
[* 13] ^[Abb.: Fig. 5. Liderungsring C/1873.]
[* 13] ^[Abb.: Fig. 6. Schraubenverschluß.] ¶
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in das Rohr eingeführt, nach einer Rechtsdrehung um 60° in die Gewinde des Rohrs eingreift und hierin den Widerstand beim
Schießen
[* 22] findet. Beim Herausziehen aus dem Rohr gleitet sie auf den Schlitten d, mit welchem sie seitwärts um den Scharnierbolzen
c herumgedreht wird. Die Liderung wird durch einen kupfernen napfförmigen Ring am Kopf der Verschlußschraube
bewirkt. Später wurde das Liderungssystem des Obersten de Bange, welches auch in England mit dem Schraubenverschluß bei Einführung
der Hinterladung zur Annahme kam, besser befunden. Es besteht aus einem von zwei Metallplatten eingeschlossenen, vor dem Kopf
der Verschlußschraube liegenden Polster, einem Gemisch aus Asbest mit Hammeltalg, welches, beim Schießen
zusammengedrückt, die Seele abdichtet. 1872 wurde ein neues Geschütz
system eingeführt, von dem die Flotte 14, 19, 24, 27 und 32 cm
Kanonen erhielt.
Die Geschütze sind Hinterlader mit dem Verschluß
[* 21]
Fig. 6 und einer Art Broadwell-Ring. Die Rohre aus grauem Gußeisen sind mit
Ringen aus Puddelstahl bis vor das Schildzapfenstück bezogen. Bis auf etwa ⅓ Rohrlänge wird von
hinten eine Stahlseele, aus Bessemerstahl und in Öl gehärtet, eingezogen. Die Rohre haben 14-32 Züge mit Progressivdrall.
Das 14, 19, 24 und 27 cm Rohr wiegt 2655, 7896, 14,418, resp. 20,940 kg. Das 27 cm Rohr feuert mit 39 kg
Ladung eine Langgranate von 150 kg. Die Langgranaten sind 2,4
Kaliber lang, und alle Geschosse haben zwei flache Kupferringe. In die Festungs- und Belagerungsartillerie sind Kanonen von 120,
138, 155 und 220 mm, Hinterladermörser von 220 und 270 mm Kaliber eingeführt. Sämtliche Rohre sind Stahlringgeschütze
mit
Kernrohren aus Gußstahl, Ringen aus Martinstahl und dem Schraubenverschluß; die Geschosse haben hinten
kupferne Führungsbänder, vorn einen eisernen Zentrierwulst.
Die italienische Feldartillerie hat ihre frühern bronzenen Vorderladergeschütze
französischen Systems nach dem Vorgang Deutschlands
[* 23] durch Hinterlader ersetzt, deren Konstruktion sich ganz der der deutschen Feldgeschütze anschließt, wie aus der Tabelle S. 219 ersichtlich.
Die von Krupp gefertigten 8,7 cm Kanonen werden von den schweren, die 7,5 cm von den leichten Batterien geführt;
letztere Geschütze sind, wie die österreichischen, aus Hartbronze gefertigt.
Für die Belagerungs- und Festungsartillerie ist ein einheitliches Geschütz
system von gußeisernen beringten Hinterladern
mit französischem Schraubenverschluß in der Einführung begriffen. Die Küstenartillerie besitzt 24 und 32 cm
Rohre, hat 1886 auch 4 Kruppsche 35 Kaliber lange 40 cm Kanonen von je 120 Tonnen Gewicht erhalten und die Marine in den 100 Tonnen-Kanonen
der Armierung des Duilio und Dandolo die größten bis jetzt im Gebrauch befindlichen Geschütze.
Die Schweizer Feldartillerie führte gezogene Vorderlader nach dem La Hitte-System und Hinterlader verschiedener Kaliber, ähnlich dem ältern preußischen System, hat aber bei Krupp 8,4 cm Gußstahlrohre für die Feld- und 7,5 cm Gußstahlrohre für die Gebirgsbatterien beschafft, die den Kruppschen Rundkeilverschluß und Stahlblechlafetten haben.
Das ältere in der österreichischen Feldartillerie vertretene System (nach Lenk) gezogener Vorderlader ist aus dem Bestreben hervorgegangen, mit der Vorderladung eine feste, zentrale Geschoßführung zu verbinden. Es wurde durch Bogenzüge erreicht, deren Basis der Bogen [* 24] eines Kreises ist, dessen Mittelpunkt um die Zugtiefe seitlich der Rohrachse liegt [* 21] (Fig. 7). Die österreichische Feldartillerie führte 4 und 8pfündige Feld- und 3pfündige Gebirgskanonen dieses Systems, welches dem in Deutschland eingeführten Feldgeschütz C/1873 erheblich nachstand.
Nachdem man die Überzeugung gewonnen, daß Gußstahlgeschütze von befriedigender Güte durch die inländische Industrie nicht geliefert werden konnten, entschied man sich für solche aus Stahlbronze, nach dem von Uchatius angegebenen Verfahren im Arsenal zu Wien [* 25] hergestellt. Das Material der Festungs- und Belagerungs- ebenso wie das der Küsten- und Schiffsartillerie ist ganz nach deutschem System reorganisiert; jedoch sind vorwiegend unter den ältern gußeiserne (9, 12, 15 cm Kanonen, 17, 21 cm Hinterladermörser) vertreten, an deren Stelle in neuerer Zeit solche aus Stahlbronze traten, in der Küsten- und Schiffsartillerie sind gußstählerne Ringrohre vorhanden.
In England waren bis 1871: 13 Kaliber, teils glatte, teils gezogene, in der Feldartillerie vertreten, letztere für Hinterladung nach Armstrongs System. 1871 wurden für die Feldartillerie in Indien bronzene, in England gezogene Vorderlader eingeführt, die aus einem Kernrohr von Gußstahl mit einer Anzahl übergeschobener Ringe von Schmiedeeisen bestehen. Die Züge sind die sogen. Woolwich-Züge mit bogenförmiger Basis. Das Geschoß erhält seine Führung durch Ailetten (System Maxwell).
Die Zahl der Kaliber in den Geschützen der englischen Land- und Schiffsartillerie ist so groß, daß eine Auszählung hier unthunlich. Zur gasdichten Abschließung und Führung durch die Züge hat man am Boden der Geschosse schwerer Geschütze einen kupfernen Expansionsring (gas check) befestigt und erwartete, durch ihn die Vorteile der Kompressionsführung der Hinterlader auf die Vorderlader übertragen zu können. Der Erfolg entsprach diesen Erwartungen nicht.
Dieser Mißerfolg wie das Springen einer 38 Tons-Kanone auf dem Thunderer und sodann die außerordentlichen Erfolge Krupps bei den Schießversuchen Anfang August 1879 und 1882 haben die englische Behörde für die Annahme der Hinterladung definitiv bestimmt. Diese Rohre bestehen aus einer Seele von Martinstahl, die je nach der Größe des Kalibers eine oder mehrere Ringlagen haben. Man hat den französischen Schraubenverschluß gewählt. Die Versuche, das Bodenstück nach den Vorschlägen von Longridge mit Stahldraht oder Stahlband in großer Anzahl Lagen zu umgeben, hatten günstigen Erfolg in Bezug auf Widerstandsfähigkeit der Rohre. Eine Übersicht der Feldgeschütze der größern europäischen Staaten gewährt die Tabelle auf S. 219.
Die Anfertigung der Geschütze
geschieht in staatlichen Geschützgießereien oder Privatfabriken. Bronzene und eiserne Rohre werden gegossen, stählerne gegossen und geschmiedet. Für den Guß wird eine Form aus Lehm hergestellt, die, nachdem sie gebrannt ist, in eine Dammgrube senkrecht, mit der Mündung nach oben, eingesetzt wird. Die Rohre werden entweder voll oder über einen die Seele bildenden Kern und über der Mündung um 0,7-1 m länger gegossen, damit der obere Teil des Gußstückes, welcher in der Regel poröser ist, nicht einen Teil des Rohrkörpers bilde (der verlorne Kopf). Stahlrohre werden bei Krupp aus Tiegeln gegossen und