Titel
Gerste
(Hordeum), wichtige Getreidepflanze, angebaut zur Nahrung für Mensch und Vieh und zur Malzbereitung für Brennereien und Brauereien, Pflanze der gemäßigt warmen Gegenden, am besten gedeihend im Weinklima, angebaut in allen Weltteilen, nicht in den Tropen und wärmeren Zonen, aber von deren Grenze an bis zum 70.° n. Br. und im Himalaya und in Peru bis an 2800 m hoch, überall da noch, wo ein kurzer, aber warmer Sommer den Anbau ermöglicht, in solchen Lagen jedoch nur in der kleinen vierzeiligen Varietät.
Für unsre Kultur wird das Saatgut am besten je aus südlicherer Lage bezogen; die ursprüngliche Heimat ist Mittelasien. Man kennt angebaute Varietäten („Crithe“) und wildwachsende (Hordeastrum und Hordelymus), und zwar:
1) Gemeine G. (H. vulgaris), vierzeilig, weniger geeignet zu Malz als zur Ernährung, von der Linie der Rebe an nordwärts, als Winterfrucht auch noch südlicher;
2) Sechszeilige G. (H. hexastichon), nur in wärmeren Lagen, Winter- und Sommerfrucht;
3) Zweizeilige G. (H. distichum), vorzüglich zu Malz; nur Sommerfrucht, vom gemäßigten Klima bis an die warme Zone; 4-8) Pfauen-, Gabel-, Mäuse-, Roggenartige und steife G., ohne Bedeutung für die Kultur. -
Gerstenzucker - Getrei

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Seite 21.155. Die G. gedeiht am besten im Weinklima, auf
Boden mittlerer Beschaffenheit, aber in guter Kraft und Reinheit, nicht bei Nässe,
Bündigkeit, häufigem Wechsel des Wetters und schroffen Extremen, besser in zweiter, als in frischer
Düngung und nur bei sehr sorgsamen Anbau. Saatzeit zur Entwicklung der Äpfelblüte, in nördlicheren Lagen noch im Mai,
im Süden schon im Februar. Vegetationszeit der vierz. G. 63-98, der zweiz. G. 100-159, der Wintergerste
280-322 Tage. Den
Ertrag gefährden besonders Trockenheit und Nässe, Spätfröste, Zweiwüchsigkeit, Notreife, Schlagwetter
(Abbrechen der Ähren), Lagern, Flugbrand, Getreiderost,
Mutterkorn, Unkraut, verschiedne Feinde aus der Tierwelt, besonders
Vögel. Man erntet beim beginnenden Neigen der Ähren, vor dem Hartwerden der Körner. Die angebauten Varietäten kennt man
in vielen Sorten, unterschieden durch Feinhülsigkeit, Mehlreichtum, Größe, Farbe und Bruch der Körner, Feinheit und Größe
der Halme, Anspruch an
Boden und Klima etc. Ertrag pro ha der vierz. G. 15-25, der Wintergerste
46-56,
der zweiz. G. 13-40 hl, je nach Sorte,
Boden, Lage etc. 20-70 Ztr. Stroh. - Die G. wird hauptsächlich
in Form von
Malz zu
Bier, in geringerem Grade, als
Mehl zum Brodbacken, gewöhnlicher in der Form der
Graupen
und der
Grütze,
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mehr
zum Teil als Kaffeesurrogat und überwiegend als Malz dem Menschen, geschroten und ungeschroten, gemalzt und ungemalzt dem Vieh, besonders bei der Mast, nutzbar. In Nordafrika und Arabien ist die G. das Futter der Pferde, bei uns nur für Geflügel Haupt-, sonst Beifutter. Das Stroh findet hauptsächlich als Futter, die Spreu, der langen Grannen wegen, wenig Verwertung. -
Europa erzeugt über 200 Mill. hl, am meisten Rußland; der Anbau schwankt in den einzelnen Ländern zwischen 4% (Italien)
und 32% (Dänemark) des Getreides überhaupt. Die östlichen Länder sind die ausführenden, besonders Rußland, Österreich,
der Nordosten Deutschlands und Bayern; die größte Einfuhr brauchen England, dann Holland, Schweden-Norwegen,
Portugal. Frankreich bezieht viel Gerste
aus Algier. Die V. St. von Nordamerika verzehren etwa 8 Mill. hl, das Deutsche Reich
erbaut etwa 50 Mill. Ztr. und bedarf 3-5 Mill. Ztr. Mehreinfuhr. 1 Faß
G. rechnet man in Hamburg zu 34 kg, 1 Schiffslast in Amsterdam zu 1600-1750 kg; ein Neuscheffel wiegt
29,12-31,85 kg, ein hl also 58,24-63,7 kg. -
Zoll s. Tarif im Anh. Nr. 9 b; Malz Nr. 9 c; Graupen, Grütze und Mehl Nr. 25 q 2. Gebrannte G. als Kaffeesurrogat Nr. 25 m 1.