(spr. scherohm),Léon, franz.
Maler, geb. zu
Vesoul, arbeitete von 1841 bis 1844 in
Paris
[* 2] bei
Delaroche,
dem er auch nach
Italien
[* 3] folgte, und widmete sich mit besonderm
Eifer dem
Studium des nackten
Körpers. Davon
legte sein erstes
Bild: ein junges griechisches
Paar einem Hahnenkampf zusehend (1847), bereits
Zeugnis ab.
Auch betrat er mit diesem
Bild zugleich das Gebiet, auf welchem er später einen Teil seiner Erfolge davontragen sollte, die
Schilderung des
Privat- und Volkslebens im
Altertum mit einem starken Zusatz von sinnlichem, oft frivolem
Reiz.
Die folgenden
Bilder:
Anakreon, der
Bacchus und
Amor tanzen läßt, das griechische Frauengemach und das
Zeitalter des
Augustus, letzteres ein Historienbild mit lebensgroßen
Figuren, für welche die
Kraft
[* 4] von Gérôme jedoch nicht ausreichte,
bewegen sich in derselben
Richtung. Ein neues Stoffgebiet eröffnete er sich 1855 durch eine
Reise nach
Ägypten,
[* 5] wohin er noch 1857 und 1864 zurückkehrte,
zugleich
Arabien,
Syrien und
Palästina
[* 6] besuchend, und aus diesen beiden
Elementen, dem orientalischen und
antiken, setzte sich GérômesKunst zusammen. Er ist eine durchaus kühle, mit mäßiger
Phantasie begabte
Natur und sucht
daher mehr durch
Wahl pikanter
Stoffe, eine sorgsame, fein abgedämpfte malerische Behandlung und geistreiche
Zeichnung zu wirken
als durch geniale
Erfindung.
(spr. schĕróhm), Jean Léon, vielseitiger und viel gepriesener
franz. Maler, dessen Hauptfach das Sittenbild des Altertums und des Orients ist. Geb. zu
Vesoul als Sohn eines Goldschmieds, lernte er in seiner Vaterstadt die Anfangsgründe der Kunst, kam 1841 nach Paris, wurde
Schüler der École des beaux-arts und trat ins Atelier von Delaroche, den er nebst einigen andern Schülern 1844 nach
Rom begleitete, wo er ein Jahr eifrig studierte und zeichnete.
Nach Paris zurückgekehrt, arbeitete er eine Zeitlang unter Gleyre, dann wieder unter Delaroche. Das erste Bild, womit er
Aufsehen erregte und das Gebiet der antiken Sittenschilderung betrat, war ein griechischer Hahnenkampf (1847, lebensgroß),
der schon vielen Beifall fand. Nachdem er dann 1848 einen Anakreon mit Bacchus und Amor hatte folgen
lassen, stellte er 1851 ein griechisches Lupanar aus, das schon die mannigfaltige Mischung seines Talents bekundete und in
geschickter Weise das Frivole des Gegenstands durch eine gewisse strenge Behandlung der Formen und eine kühle Ausführung
zu verdecken suchte.
Ein ähnliches zweideutiges Bild trug den unschuldigen Titel: «Idylle»
(1853). Einen unglücklichen Versuch in der wirklichen Historie machte er auf der Ausstellung von 1855, als er in lebensgroßen
Figuren das Zeitalter des Augustus schildern wollte. Viel besser gefiel ein in Rußland gemaltes Genrebild
von russischen Soldaten, die sich an Tanz und Musik vergnügen, und noch schlagender war die Wirkung
eines Bildes, das uns vollständig in die Gegenwart versetzt: das Ende des Maskenballs (1857), auf dem sich ein Pierrot und
ein Harlekin eben duelliert haben, und wiederum gleichzeitig mit diesem die den Orient höchst getreu charakterisierenden
ägyptischen Rekruten, von albanesischen
Soldaten durch die Wüste eskortiert. So teilte er seine Thätigkeit
zwischen Orient, Abendland und klassischem Altertum, mochte aber wohl einsehen, daß ihm aus letzterm mehr Lorbeeren erwuchsen.
Dieser Art ließ er nämlich zunächst folgen: die Ermordung Cäsars, die wiederum lüsterne Scene der Gemahlin des Kandaules
und das höchst ergreifende Bild des Vitellius, der im Cirkus von den Gladiatoren begrüßt wird («Ave,Cæsar, morituri te salutant»),
die alle drei zuerst 1859 erschienen;
ebenso die an Frivolität jener Gemahlin des Kandaules
gleichkommende Phryne vor ihren Richtern (1861), die Begegnung der beiden lachenden Auguren und Kleopatras Besuch bei Cäsar.
Dann wandte er sich wieder eine Zeitlang dem modernen Orient zu und brachte 1863 einen Gefangenen auf
einem Nilschiff, einen türkischen Metzger in Jerusalem, eine halbnackte orientalische Tänzerin, Arbeiter beim Abendgebet
(1865), die Thür der Moschee El Assaneyn in Kairo mit den Köpfen von hingerichteten Beis (1866), Sklavenmarkt und brettspielende
Arnauten (1867), während dazwischen auch andre aus der Geschichte Frankreichs fallen, z. B.
das Frühstück Ludwigs XIV. und Molières vor den neidischen Hofleuten und der Empfang der siamesischen Gesandten vor Napoleon
in Fontainebleau.
Schon bedeutend geringer zeigte sich seine Schöpfungskraft gegen das Ende des verflossenen Decenniums, aus welchem wir nur
den rextibicen (Friedrich d. Gr.), die graue Eminenz (1874) und ein Santon
an der Thür einer Moschee hervorzuheben haben. In allen diesen orientalischen Scenen zeigt er eine auf seinen Reisen in Ägypten
erlangte genaue Kenntnis der Örtlichkeiten und der Details, namentlich auch in der äußern Erscheinung der Gestalten. In
den Scenen aus dem klassischen Altertum dagegen bringt er moderne Menschen in antikem Kostüm oder moderne
ins Altertum übersetzte Lüsternheit, was dann freilich in Widerspruch tritt mit dem antiken Beiwerk. Seine Formengebung
ist überall von höchster Sorgfalt und Gediegenheit, sein Kolorit nicht brillant, aber von großer
¶
mehr
Harmonie und meisterhafter Behandlung der Wirkungen des Lichts. Neuerdings versuchte er sich auch in der Skulptur und brachte
auf die internationale Ausstellung von 1878 zwei Gruppen: Gladiatoren, und Anakreon, Venus und Amor. Zahlreiche Ehrenbezeigungen
und Auszeichnungen wurden ihm zu teil. 1867 erhielt er das Offizier- und 1878 sogar das Kommandeurkreuz
der Ehrenlegion.