Germanicus
,
Cäsar, geb. im Sept. 20
v. Chr., war der Sohn des Nero
Claudius Drusus Germanicus
, des
Bruders
des
Tiberius, und der jüngern
Antonia, einer Tochter des Triumvirs
Antonius. Nach dem Willen des
Augustus, der sogar daran gedacht
hatte, ihn zu seinem Nachfolger zu machen, adoptierte ihn 4 n. Chr. sein von
Augustus adoptierter Oheim
Tiberius, sodaß nun
sein voller
Name Germanicus
Julius
Cäsar war. Er stand diesem sodann im
Kriege gegen die Pannonier und Dalmatier
in den J. 7-9 n. Chr. mit solcher Auszeichnung zur Seite, daß ihm nach seiner Rückkehr
die
Insignien des
Triumphs verliehen wurden. Im J. 11 begleitete er den
Tiberius nach der
Niederlage des
Varus auf dem Heerzuge
nach dem Rhein, zur Sicherung der german. Grenzen.
[* 2]
Nachdem er in
Rom
[* 3] das
Konsulat im J. 12 verwaltet hatte, erhielt er den Oberbefehl über
Gallien und die acht
Legionen, die am
Rhein standen. Nach
Augustus'
Tode im J. 14 brach unter den
Soldaten der vier niederrhein.
Legionen, welche
Erhöhung des
Soldes
und
Abkürzung der Dienstzeit forderten und aus
Abneigung gegen
Tiberius den Germanicus
zum Nachfolger des
Augustus
ausrufen wollten, ein
Aufstand aus, den Germanicus
durch
Milde, sein Legat
Cäcina durch Gewalt unterdrückte. Germanicus
führte hierauf, um
seine
Soldaten zu beschäftigen (denn nach des
Tiberius' Wunsch sollte Germanicus
nur die Rheingrenze kräftig schützen, in
Germanien
[* 4] keine neuen Eroberungen machen), die
Legionen bei
Xanten im Okt. 14 über den Rhein, überfiel die
Marser zwischen
der obern und mittlern Lippe
[* 5] und
Ruhr bei einem nächtlichen Feste und zerstörte ihr berühmtes Heiligtum der
Tamfana.
Über
seine weitern Kämpfe in
Germanien s.
Arminius.
Nachdem Germanicus
im J. 17 nach
Rom zurückberufen worden war, sandte ihn
Tiberius mit ausgedehnten
Vollmachten
ab zur Ordnung der Angelegenheiten des
Orients; zugleich ernannte er den
Calpurnius
Piso zum
Statthalter von
Syrien, der aber,
sei es infolge geheimer
Aufträge des
Tiberius, sei es aus eigenem
Antriebe, dem Germanicus
überall entgegenwirkte. Germanicus starb bald nach
seiner Rückkehr von einer
Reise nach
Ägypten
[* 6] 9. Okt. 19 zu
Daphne in der Nähe von
Antiochia, wie er und seine Umgebung, schwerlich
mit
Recht, glaubten, von der Frau des
Piso, Plancina, vergiftet. Seine
Asche wurde zur Beisetzung im Grabmal des
Augustus von
seiner Gattin
Agrippina (s. d.) nach
Rom gebracht. Diese selbst und zwei ihrer
Söhne fanden später durch
Sejans
Intriguen einen elenden
Tod; ein dritter, Gajus
(Caligula), wurde verschont. Auch drei
Töchter überlebten ihn, darunter
Agrippina (s. d.).
Germanicus
besaß bedeutende litterar.
Bildung; als Redner wie als Dichter in lat. und griech.
Sprache
[* 7] wird er von Zeitgenossen wie
von spätern gerühmt. Eine freilich nicht sehr hoch anzuschlagende
Probe seiner dichterischen Thätigkeit
ist noch erhalten in den (mit Unrecht von manchen Gelehrten für ein Jugendwerk des Domitianus gehaltenen) «Aratea»
(«Phaenomena» und «Prognostica»,
letzteres nur in Bruchstücken),
einer freien Bearbeitung der astron. Gedichte des Aratus, welche im spätern röm. Altertum als Schulbuch benutzt worden ist (beste Ausgaben ¶
mehr
von Orelli als Anhang zu dessen «Phädrus», Zür. 1832, von Bährens in «Poetae latini minores», Bd. 1, Lpz. 1879, und, mit den reichhaltigen noch vorhandenen Scholien, von Breysig, Berl. 1867). -
Vgl. E. von Wietersheim, Der Feldzug
des Germanicus
an der Weser (Lpz. 1850);
Zingerle, De Germanico Caesare Druso filio (Trient [* 9] 1867);
Mommsen, Die
Familie des Germanicus
(im «Hermes»,
[* 10] Bd.
13, 1878);
Höfer, Der Feldzug des Germanicus
im J. 16 n. Chr. (Bernb.
1884);
Knoke, Die Kriegszüge des in Deutschland [* 11] (Berl. 1887; Nachtrag dazu 1889).