Germania
Germanen und Germanien

* 2
Germania.
[* 2]
(Germanien)
[* 3] hieß bei den
Römern erstens das Land im Norden
[* 4] der Donau und im
Osten des Rheins bis zur Weichsel,
welches die von ihnen nicht unterjochten
Germanen bewohnten (Germania
magna); zweitens das meist auch
von
Germanen bewohnte, aber seit
Augustus als eine militär. Grenzprovinz (Provincia Germania
) organisierte linke Ufer
des Rheins. Dieses zerfiel in Germania
superior mit Mainz
[* 5] und Germania
inferior mit Köln
[* 6] als Hauptort. An der Donau wurden
die röm.
Provinzen Rhätien, Noricum und Pannonien gebildet.
Germania (künstlerisch

* 8
Seite 57.864.
Das Land zwischen Rhein und Donau, das durch den
«Pfahlgraben» abgegrenzt und durch eine Postenkette an und hinter demselben
bewacht wurde, hatte Domitian an Kolonisten gegeben: es waren die
Agri decumates oder Decumatischen
Äcker (s. d.). Soweit
nicht röm. Kultur eindrang, sahen die
Römer
[* 7] Germania
als ein rauhes und sumpfiges Waldland an, das indessen
reich an Vieh und zum
Ackerbau nicht ungeeignet sei. Quer durch von Westen nach
Osten strich nach ihrer
Vorstellung der Hercynische
Wald
¶
mehr
(Hercynia silva), in dem die alten Geographen die Gabreta (Böhmerwald), das Asciburgische oder Vandalische Gebirge (Riesengebirge), die Sudeta (Erz-, Fichtelgebirge und Thüringerwald), den Teutoburgerwald, die Bacenis (Harz), den Taunus, die Abnoba oder den Marcianischen Wald (Schwarzwald) unterschieden. Von den Strömen kannten sie Rhein und Donau nebst den Nebenflüssen; aber auch die Ems [* 9] (Amisia), Weser (Visurgis) und Elbe (Albis) hatten die Kriege ihnen bekannt gemacht. Handelsbeziehungen brachten ihnen die Kunde von Oder und Weichsel, von der Ostsee und Skandinavien. (Hierzu Karte: Germanien im 2. Jahrhundert nach Christus.)
Im Mittelalter nannte man Germania
oft schlechthin das Land östlich vom Rhein, und bei Italienern (Germania
),
Engländern, Amerikanern (Germany) ist es noch heute die Bezeichnung des Deutschen Reichs.
Eine Hauptquelle unserer Kenntnis von den Germanen bildet die gewöhnlich «Germania»
genannte Schrift des Tacitus (s. d.),
deren
vollständiger Titel wahrscheinlich «De origine situ moribus ac populis Germanorum liber» war. Ihre Genauigkeit wird allerdings
durch den rhetorischen Ausdruck und die romantische Stimmung, die auf dem Ganzen ruht, getrübt. Die Ausgaben
sind zahlreich, ebenso die Erläuterungsschriften. Zusammenzufassen suchte sie Ant. Baumstark in «Urdeutsche Staatsaltertümer»
(Berl. 1874); ders., «Ausführliche Erläuterung des
allgemeinen Teiles der Germania»
(Lpz. 1875); ders., «Ausführliche
Erläuterung des besondern völkerschaftlichen Teiles der Germania
des Tacitus» (ebd. 1880). -
Vgl. Bergk, Zur Geschichte und Topographie der Rheinlande (Lpz. 1882);
Riese, Das rhein. Germanien in der antiken Litteratur (ebd. 1892).
(S. Germanen, Germanisches Altertum, Germanische Sprachen und die dort angeführte Litteratur.)