Gerichtsvo
llzieher
(franz.
Huissier), der mit der Ausführung von
Ladungen,
Zustellungen und gewissen
Vollstreckungen
bei den
Gerichten betraute Beamte. Im
Gegensatz zu den niedern
Organen der
Gerichte, den Gerichtsdienern,
hat der Gerichtsvo
llzieher eine selbständigere
Stellung. Er handelt unter eigner amtlicher Verantwortlichkeit innerhalb des ihm überwiesenen
Geschäftskreises. Die deutsche
Zivilprozeßordnung hat nämlich nach dem Vorgang der französischen
Gesetzgebung, welcher
sich zuvor auch schon die bayrische angeschlossen hatte, die
Zwangsvollstreckung (s. d.) in bewegliche
körperliche
Sachen wegen Geldforderungen, die
Pfändung von
Forderungen aus
Wechseln und andern begebbaren
Papieren, die zwangsweise
Inbesitznahme von beweglichen und unbeweglichen
Sachen, die Vollziehung der
Haft, der
Arreste und der einstweiligen
Verfügungen,
soweit solche in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten zulässig, dem Gerichtsvo
llzieher
übertragen.
Außerdem hat der in Zivilprozeßsachen ebenso wie in
Strafsachen die
Zustellungen
und
Ladungen zu besorgen.
Endlich fungiert der Gerichtsvo
llzieher als Vollstreckungsorgan im
Strafprozeß, insoweit es sich um die zwangsweise Beitreibung einer Vermögensstrafe
oder einer
Buße handelt. Die
Dienst- und Geschäftsverhältnisse der Gerichtsvo
llzieher sind in dem deutschen Gerichtsverfassungsgesetz vom im
einzelnen nicht geregelt. Es ist dies
Sache der Landesjustizverwaltungen. Nur die
Fälle bestimmt das Gerichtsverfassungsgesetz,
in denen der Gerichtsvo
llzieher von der Ausübung seines
Amtes ausgeschlossen sein soll.
Dies ist in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten dann der
Fall, wenn er selbst
Partei oder gesetzlicher Vertreter einer
Partei
ist oder zu einer solchen im
Verhältnis eines Mitberechtigten, Mitverpflichteten oder Schadenersatzpflichtigen
steht; ferner, wenn seine Ehefrau
Partei ist; endlich, wenn eine
Person
Partei ist, mit welcher er in gerader
Linie verwandt,
verschwägert oder durch
Adoption verbunden, in der Seitenlinie bis zum dritten
Grad verwandt oder bis zum zweiten
Grad verschwägert
ist, auch wenn die
Ehe, durch welche die
Schwägerschaft begründet ist, nicht mehr besteht. In
Strafsachen
ist ein Gerichtsvo
llzieher dann unfähig, wenn er selbst durch die strafbare
Handlung verletzt, wenn er der Ehemann der Beschuldigten oder
Verletzten ist oder gewesen ist, oder wenn er mit dem Beschuldigten oder Verletzten in dem
oben bezeichneten
Verwandtschafts-
oder Schwägerschaftsverhältnis steht.
Die
Gebühren der Gerichtsvo
llzieher sind durch
Reichsgesetz vom normiert und durch ein Nachtragsgesetz vom etwas
ermäßigt.
Vgl. Gerichtsverfassungsgesetz, § 155 ff.; Deutsche
[* 2]
Zivilprozeßordnung, § 674 ff.; Strafprozeßordnung, §
219, 426, 495; Gebührenordnung für die Gerichtsvo
llzieher vom mit den Änderungen vom
(Trier
[* 3] 1885);
Preußische Geschäftsanweisung und
Geschäftsordnung für Gerichtsvollzieher
vom bez. (das.
1885);
»Deutsche Gerichtsvollzieher
zeitung«
(Hanau
[* 4] 1881 ff.);
»Handbuch für
Gerichtsschreiber und Gerichtsvollzieher«
(2. Aufl.,
Trier 1883);
Walter, Der preußische Gerichtsvollzieher
(Berl. 1885);
Derselbe, Formularbuch für preußische Gerichtsvollzieher
(das. 1886).