Georgier
,
im engern
Sinn die Bewohner des ehemaligen Königreichs Grusien, das größtenteils mit dem jetzigen Gouvernement
Tiflis des russ. Generalgouvernements
Kaukasien zusammenfällt. Sie nennen sich selbst nach ihrem Stammvater Karthlos Karthweli
oder Karthli; bei den
Russen heißen sie Grusinen (Grusiny), bei den Persern und
Türken Gurdschi, woraus
wahrscheinlich der in Westeuropa gebräuchliche
Name Georgier
im Mittelalter entstanden ist. Im weitern
Sinn versteht man unter Georgier
die
ganze sog. kartwelische Völkergruppe, die
Transkaukasien von der
Küste des
Schwarzen
Meers bis zur Mündung des
Alasan in
¶
mehr
die Kura bewohnt. Sie zerfällt in die eigentlichen Georgier
(etwa 310000), die Mingrelier (200000), die Imeretier
und Gurier (zusammen 380000), Kobulezen und Adscharen (zusammen 46000), die Chewsuren (s. d.), Pschawen und Tuschen (zusammen
2000). Dazu kommen noch die Swaneten (12000), die mohammedanischen Georgier
(Engiloi, d. h. Bekehrte, genannt) um Lagodechi (Kreis
[* 3] Sakatalv), die Mtiuli (d. h. Bergleute) am obern Lauf der Aragwa und die aus Grusien ausgewanderten am
obern Lauf des Terek angesiedelten Georgier.
Die Gesamtzahl dieser Völker, die zum Teil nur nach der Örtlichkeit benannt sind, beträgt
etwa 1 Mill. Sie sprechen alle die Georgische Sprache (s. d.) mit wenig Abweichungen.
Die Georgier
sind iran. Abstammung, wenn auch da und dort mit Semiten und Turanen vermischt, von Wuchs im allgemeinen
groß, mit edelgeformtem Schädel (dolichocephal), geradstehenden Kiefern und Zähnen, dunkeln Augen, dichtem, meist schwarzem
und gelocktem Haar,
[* 4] reichlichem Bartwuchs, weißer, durch die Sonne
[* 5] etwas gebräunter Hautfarbe. Die Frauen haben auffallend
regelmäßige Züge, aber meist ohne Ausdruck, und verblühen bald. Der Georgier
ist sehr gastfreundlich und
liebenswürdig, liebt fröhliche Gesellschaft beim Klang der einheimischen Musik (surna und sasandri) oder der Drehorgel bei
Tanz und Spiel, greift aber, vom Wein erhitzt, leicht zum Dolche (kinžal).
Das Kostüm
[* 6] der Männer und Frauen ist sehr kleidsam; letztere hüllen sich auf der Straße in weiße Laken,
die oft über den Kopf gezogen werden. Die frühern Erdhütten der Georgier
mit flachen Dächern (sakli), auf denen der birnförmige
Kamin aufgesetzt ist, und mit ihren Veranden werden mehr und mehr durch Häuser nach europ.
Art mit großen Balkons verdrängt. Die innere Einrichtung ist dürftig und meist unsauber. In gesellschaftlicher
Beziehung bestehen die Georgier
aus einem heruntergekommenen Adel und einem armen Bauernstand, wegen ihrer Trägheit können sie andern
Völkern des Kaukasus, namentlich den Armeniern gegenüber, nicht aufkommen.