Georgien
,
bei den Russen Grusien, bei den Eingeborenen Sakartwelo (Kartalinien), bei den Persern und Türken Gurdschistan, im Altertum Iberia, Landschaft im westl. Teil Transkaukasiens in der großen Einsenkung (60000 qkm), die von den Flußgebieten des Rion, Tschoroch, Ingur und der Kura gebildet, im N. vom Großen Kaukasus, im S. vom armenischen Hochland und dem Kleinen Kaukasus begrenzt und durch das Meschische Scheidegebirge in eine größere östliche, bis zur Vereinigung des Alasan mit der Jora reichende und eine kleinere westliche, ans Schwarze Meer grenzende Hälfte geteilt wird.
Sie bildet die Hauptbestandteile der Gouvernements Kutais und
Tiflis im russ. Generalgouvernement
Kaukasien und ist nach den
daselbst wohnenden
Georgiern (s. d.) benannt. In kirchlicher
Beziehung bildete das Land früher einen Zweig
der griech.-kath.
Kirche, die georgische oder grusinische
Kirche, an deren
Spitze der
Katholikos in Mzchet stand. Das 1836 errichtete
grusinische
Exarchat oder die grusinische Eparchie steht unter der Leitung des
Heiligen
Synod (s.
Synod) in
Petersburg
[* 2] und umfaßt
außer Georgien
noch das Gouvernement Jelisawetpol. An der
Spitze steht ein Erzbischof in
Tiflis mit drei Vikaren in Jelisawetpol,
Achalzych und für Imeretien. 1888 umfaßte die Eparchie 426169 griech. Katholiken, 13 Klöster, 1059
Kirchen, 770 Geistliche
und 565 Vorleser. - Vgl.
Leist, Georgien
(Lpz. 1885).
In der Geschichte G.s erscheint als erste chronologisch einigermaßen fixierbare Gestalt ein georgischer
König Pharnabazus zur Zeit
Alexanders d. Gr.; auf ihn wird von den georgischen Schriftgattungen
die sog.
Kriegerschrift zurückgeführt. Im 2. und 1. Jahrh.
v. Chr. scheint sich im
Georgischen
Reiche der Einfluß der Könige von
Parthien und
Pontus gekreuzt zu haben; im Mithridatischen
Kriege ist Pompejus als
Sieger nach Georgien
gelangt,
und von da an scheint eine Art von röm. Schutzherrschaft über das Land bestanden zu haben.
Im 3. Jahrh. kam eine sassanidische Dynastie auf den georgischen
Thron,
[* 3] deren erster
Vertreter Miriam durch die armenische
Missionarin Nune oder Nino zum
Christentum bekehrt sein soll. Im 5. Jahrh. ist der Hauptvertreter
der georgischen Macht Wachtang-Gurgaslan; er erobert Mingrelien, Ossetien und Abchasien, gründet das
Patriarchat in Mzchet
und die Stadt
Tiflis.
Vom Ende des 6. Jahrh. an regierte von
Tiflis aus, wohin inzwischen die Residenz verlegt worden war, die Dynastie der
Guramiden,
eines Zweiges der
Bagratunier (s. d.), deren erster, Guram, zugleich den byzant. Rang eines
Kuropalates innehatte. Seit 788 kommt mit Aschot I. der georgische Zweig der Bagratunierfamilie als Könige G.s empor. Unter
Bagrat IV. beginnen seit 1048 Verwüstungen G.s durch die
Seldschuken, die 1064
Tiflis erobern und erst unter
David III. um 1123 völlig
vertrieben werden. 1184-1212 regierte in Georgien
eine Königin Thamar, Tochter
Georgs III. und
Mutter
Georgs
IV., ebenso berühmt durch kriegerische Erfolge wie als Ausbreiterin des
Christentums und als Erbauerin von Monumenten, eine
Persönlichkeit, die sich in der
Erinnerung der
Georgier bis heute ebenso typisch eingeprägt erhält wie etwa Schah
Abbas in der
der
Perser.
Unter ihrer Herrschaft reichte Georgien
vom
Kaspischen
Meere bis nach
Trapezunt und schloß zeitweise noch Erzerum, Kars und
Ani ein.
Von 1222 an kam über Georgien
eine Reihe von Verheerungen durch die Mongolen, die ärgste durch
Timur 1393-94. Als im Anfange des 15. Jahrh.
das
Reich wieder aufzublühen begann, teilte es zu seinem Unglücke
Alexander I., Sohn
Georgs VII., 1424 unter
seine
Söhne als Imereth, Karthli und
Kachetien. Diese
Länder sahen sich bald (seit 1492) veranlaßt, einzeln den Schutz der
russ.
Zaren zu suchen, und das georgische Klientelverhältnis zu
Rußland ist dann nach manchen
Steigerungen und Zwischenpausen
die Übergangsstufe geworden zu der 1801 durch
Zar
Alexander I. vollzogenen Einverleibung
G.s in
Rußland. Es bestand damals
aus vier selbständigen Gebieten; dem eigentlichen grusinischen Königreich, Imeretien, Mingrelien und
Gurien. 1838 wurde
das Grusinisch-Imeretische Gouvernement errichtet, aus dem 1846 die Gouvernements Kutais und
Tiflis hervorgingen.
Vgl. Brosset, Histoire de la Géorgie depuis l'antiquité jusqu'au XIXe siècle (2 Bde., Petersb. 1850-59);