Titel
Geographische
Forschungsreisen. Nachstehende Zusammenstellung verfolgt die Ergebnisse der neuesten Forschungsreisen in den beiden wichtigsten Forschungsgebieten: Afrika und Asien. Die Anordnung des Stoffes ist dieselbe wie in den vorausgehenden Berichten in Band 17 (S. 9 u. 54), die teilweise auch noch eine Ergänzung in der unten folgenden Übersicht der neuern geographischen Litteratur finden.
I. Forschungsreisen in Afrika.
[Der Norden.]
Aus Ägypten, der Libyschen Wüste, Tripolitanien etc. hat im vergangenen Jahre und schon längere Zeit nichts von größern Reiseunternehmungen verlautet. In der algerischen Sahara hat F. Foureau 1890 die Landschaft Mader und das Tademait-Plateau erforscht und den Nachweis geliefert, daß von Biskra bis In-Salah dem Eisenbahnbau keine bedeutenden Hindernisse entgegenstehen. In Marokko beschäftigte sich de la Martinière, der Verfasser eines mit gut ausgeführten Kartenaufnahmen geschmückten Reisewerks über dies Land, neuerdings mit Untersuchungen über die Reste der Römerherrschaft in Mauretanien.
Dagegen ist weiter im Süden der durch seine abenteuerliche Reise in der westlichen Sahara bekannt gewordene Camille Douls auf einer neuen Reise nach Timbuktu von seinen Tuaregführern ermordet worden (seit anderthalb Jahrzehnten der 20. Reisende, welcher sein Leben für die Erforschung der Tuaregländer hat lassen müssen). Die That geschah im Februar 1889 an der Westgrenze von Tidikelt. Die Küste der Sahara zwischen Wed Dra und Kap Bojador bereisten 1888 die belgischen Offiziere Lahure und Fourcault, um zu untersuchen, ob sich die englische Handelsfaktorei am Kap Dschuby zu einem Sanatorium für Beamte des Congostaates eigne.
[Der Nordwesten.]
Französischer Besitz. Durch die neuesten Grenzabmachungen ist dieser Teil Afrikas von Kap Blanco bis zur britischen Goldküste hin, von einzelnen Enklaven abgesehen, französischer Besitz geworden, welcher landeinwärts bis zum mittlern Niger und Tsadsee reicht, und den die Franzosen durch eine Eisenbahn, den sogen. Transsaharien, mit Algerien in Verbindung zu bringen vorhaben. Ein Teil dieses großen Gebiets, der sogen. Soudan français zwischen Senegal, Gambia und Niger, ist in den Jahren 1886-88 unter Leitung des Oberstleutnants Gallieni durch eine ganze Schar von Offizieren und Militärbeamten (Levasseur, Liotard, Lefort, Levaillant, Fortin, Pichon, Quiquandon, Bonaccorsi, Péroz, Oberdorf, Martin, Reichemberg, Vittu de Kerraoul, Famin, Rouy, Fournier, Vallière, Plat, Audéoud und Radisson) mit einem so dichten Netze von Routen überzogen worden, daß er in den Hauptsachen für erforscht gelten kann. Die Reisen von Plat und Audéoud brachten die nötige Verbindung zwischen dem durch Forts gesicherten obern Niger und der Meeresküste bei Benty, dem Bezirk Rivières du Sud. Besagte Forts wurden im Winter 1888/89 durch Rittmeister Archinard verproviantiert, wobei durch detachierte Kolonnen die typographischen und politischen Resultate der Vorjahre gesichert wurden.
Andre Reisen wurden unternommen von Dubreka an der Meeresküste nach Futa Djallon, nach der Landschaft Bambuk und nach Wassulu östlich vom obern Niger, während im Herbst 1889 Leutnant Jaime auf dem Dampfer Mage Koriume, einen Hafenort von Timbuktu, erreichte. Im Frühling 1890 trat der britische Kommissar Garrett von Sierra Leone eine Reise nach Wassulu an, um mit dem dortigen Almamy Samory, dem Schutzbefohlenen Frankreichs, zu unterhandeln. Ebendahin entsandte die französische Regierung von Kap Palmas aus den Kapitän Monteil, während Kapitän Ménard von Groß-Bassam aus nach Kong reiste, um Bingers Unternehmungen fortzusetzen. Die dortigen britisch-französischen Grenzen werden augenblicklich durch Kommissionen beider Staaten an Ort u. Stelle festgestellt.
Ober-Guinea. Von großem Interesse ist das Wenige, was von L. Wolfs letzter, durch seinen Tod unterbrochenen Reise jüngst bekannt geworden ist. Dieselbe ging von der von ihm gegründeten Station Bismarckburg in Togoland in nordöstlicher Richtung nach der Landschaft Borgu oder Barbar am westlichen Ufer des Niger, um von dort in südlicher Richtung schließlich Dahomé zu erreichen. Die zweite Hälfte dieses Planes auszuführen, hinderte ihn der Tod, der ihn in Dabari (10° nördl. Br.) ereilte.
Sein Nachfolger in der Leitung der Station ist Leutnant Herold, dem als Gelehrter der Botaniker Büttner beigegeben ist. Ersterer hat bei Agome Tongbe die neue Station Misahöhe errichtet und von dort aus schon verschiedene Reisen in die Gebiete von Kpandu und Kunja Ga unternommen. Die inzwischen beigelegte Verwickelung zwischen Frankreich und Dahomé hatte einige kleinere Reisen in letzterm Gebiet zur Folge: so die Befahrung des Grenzflusses Wheme durch Ballot im Kanonenboot Esmeraude im November 1888 bis über die Hauptstadt Abome hinaus, und die Reise Bayols nach Abome selbst, welchem es dort freilich nicht gelang, die Zwistigkeiten zu beseitigen, der aber die Lage des Ortes zum erstenmal genau fixierte.
Wenig verlautete aus dem Gebiete des Niger und des Benuë. Erstern befuhr zu Anfang 1889 der deutsche Konsul v. Puttkamer bis Bida stromaufwärts. Ein Dampfer der Royal Niger Companie ging den Benuë und dessen Nebenfluß Majo-Kebbi so weit hinauf, bis er nicht mehr wenden konnte; die durch H. Barths Erkundigungen auf unsre Karten gekommene Verbindung von Benuë und Schari durch den Tuburisumpf scheint danach nicht zu existieren. Eine französische Expedition zu kommerziellen Zwecken unter Leutnant Mizon, deren letztes Ziel der Tsadsee ist, wurde im Oktober 1890 bereits am untern Niger durch Kämpfe mit den Eingebornen gehemmt, hat aber seitdem ihre Fahrt wieder aufgenommen.
[Westäquatorialafrika.]
Camerun. Im östlichen Hinterlande haben der inzwischen verstorbene Leutnant Tappenbeck und sein Nachfolger, Leutnant Morgen, in geographischer wie handelspolitischer Hinsicht wichtige Erfolge erzielt, welche noch in das Jahr 1889 fallen. Schon Tappenbeck hatte im Mai das große, nördlich von der deutschen Jaundestation gelegene Dorf des Ngila erreicht, wo sich schon sudanische Einflüsse bemerkbar machen, und seine Erkundigungen sich mit denen Flegels von Norden her berührten. Noch im selben Jahre vollführte Leutnant Morgen binnen zwei Monaten den Marsch von der Küste nach der Jaundestation, zum Ngila und dann westwärts längs des großen Mbamflusses nach der Küste zurück, indem er so die Existenz dieses seit 40
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Jahren auf unsern Karten eingezeichneten Flusses nachwies und zugleich die Sperre der den Zwischenhandel zwischen den Binnenvölkern und der Küste monopolisierenden Stämme durchbrach. Im Mai 1890 begab sich Morgen nach der Station zurück und gedachte von dort einen Vorstoß nach Nordosten in das Quellgebiet des Benuë zu unternehmen, von welchem er gegen Ende 1890 nach der Küste zurückzukehren hoffte. An der Küste von Camerun nahm der deutsche Kreuzer Habicht Vermessungen vor; das Camerunbecken selbst und seine Zuflüsse nahm 1885-90 der Bauinspektor Schran auf.
Nach Vollendung seiner großen Reise von Camerun über die Wasserscheide nach dem Benuë war Dr. Zintgraff nach Deutschland zurückgekehrt, um einige seiner Resultate zu verarbeiten. Doch schon reiste er mit Leutnant v. Spangenberg nach Camerun zurück, um die von ihm auf der Wasserscheide errichtete Balistation zu besetzen. Im Oktober hatte er die Barombistation, welche Dr. Preuß leitet, glücklich erreicht.
Französischer Congo. Erst jetzt sind die Resultate der eingehenden Untersuchungen ans Licht getreten, welche der französische Ingenieur Jacob 1887 bis 1888 in betreff der Schiffbarmachung des Kuilu-Niadi und des Baues einer Eisenbahn durch das Thal desselben nach dem mittlern Congo angestellt hat; die Frage ist von großer Wichtigkeit hinsichtlich der schnellern Erschließung des nordwestlichen Congobeckens. A. Fourneau unternahm zu Anfang 1890 in Gesellschaft von P. Dolisie eine nur zwei Monate währende Reise vom untern Ogowe aus in das Quellgebiet des Rio Campo, an dessen Mündung er die Küste wieder erreichte. Im September erforschte er die Quellen des in den Gabun mündenden Bokowe. Crampel hat zu Anfang Juli 1890 sich mit einer zahlreichen Expedition auf dem Congo nach dem nördlichsten Bogen des Ubangi (Uëlle) begeben, um von dort in möglichst gerader Richtung nach dem Tsadsee durchzudringen. Dort angelangt, wird sich die Expedition teilen, indem die eine Hälfte auf dem Benuë zur Westküste zurückkehren, die andre aber durch die Sahara Algerien zu erreichen suchen wird.
Congostaat. Ziemlich zahlreich waren in letzter Zeit die Expeditionen im unabhängigen Congostaat, ohne daß sie indessen Bedeutendes in der Erforschung oder Kartierung des Landes geleistet hätten. Nachzutragen ist, daß 1889 die Ausnahme des letzten noch unbekannten, untersten Stückes des Kassai durch Mense ans Licht getreten ist. Ohne wissenschaftliche Resultate blieb die Durchkreuzung des ganzen Gebietes von Westen nach Osten 1889 durch den französischen Kapitän Trivier, der nur auf schon betretenen Wegen zog.
Den unterhalb der Fallsstation mündenden Lomami befuhr im Winter 1888/89 A. Delcommune und stellte seine Identität mit dem von Cameron entdeckten gleichnamigen Flusse fest; dasselbe wiederholte im November 1889 der Generalgouverneur Janssen und im Sommer 1890 Hodister, welcher in den vorhergehenden Jahren wiederholt den nördlichen Congozufluß Mongala und dessen Quellströme befahren und erforscht hatte. Vom Lomami aus erreichte er zu Lande den bekannten Handelsplatz Njangwe am Lualaba, fuhr dann letztern bis Ribariba hinab und ging wiederum zu Lande zum Lomami zurück. Da die Schiffahrt auf dem Lualaba durch Schnellen erschwert wird, so führen diese Reisen vielleicht zur Eröffnung eines bequemern Handelswegs nach Njangwe, nämlich auf dem Lomami.
Der Kapitän van Gèle befährt und erforscht seit dem Sommer 1889 den Ubangi (Uëlle), den er nach den letzten Nachrichten bis zur Seriba Abdallahs, Junkers fernstem Punkte, befahren und mit einzelnen Stationen besetzt hat. Die Gegend im Süden des Stanley Pool und am mittlern Kassai erforschte van de Velde, das Gebiet zwischen Sankuru und Lomami Le Marinel, den Lokepo, einen Zufluß des Mbura, Leutnant Bodson. Zu magnetischen Beobachtungen und astronomischen Bestimmungen im Congostaat bewilligten die belgischen Kammern 30,000 Frank; die betreffenden Arbeiten haben unter Leitung von Del porte und Gillis am untern Congo begonnen.
Landreisen zwischen dem mittlern Congo und dem Uëlle unternahmen rasch hintereinander Kapitän Roget, welcher an letzterm Flusse, unweit von Junkers schon erwähntem fernsten Punkte, bei der Seriba des Djabbir, eine Station gründete, und Kapitän Becker, welcher von Jambuja am Aruwimi ausging. Den zwischen Ubangi und Likuala in den Congo einströmenden Sanga hat der französische Beamte Cholet bis 4° nördl. Br. befahren, d. h. bis in das Hinterland der deutschen Kolonie Camerun; der Fluß sammelt wahrscheinlich die von Flegel erkundeten Ströme des südlichen Adamaua. In Ausführung begriffen sind augenblicklich drei Unternehmungen nach der kupferreichen Landschaft Katanga oder Garenganse: die eine führt im Auftrag der Kompanie du Congo A. Delcommune (s. oben), begleitet von Håkanson, Briart, Santschow, de Roest u. a., den Lomami aufwärts, soweit derselbe schiffbar ist, dann zu Lande zum obern Lualaba. Vom Süden, dem Nyassasee her, traf in Garenganse der erfahrene englische Afrikareisende Joseph Thomson in Begleitung von Grant ein; seine Aufgabe scheint eine politische zu sein, obwohl jenes Land bisher unbestritten zum Congostaat gerechnet worden ist. Endlich ist eben dorthin der Engländer Sharpe (s. unten) unterwegs.
[Südafrika.]
Deutsch-Südwestafrika. Außer der 1889 erschienenen Routenkarte des Freih. v. Steinäcker über das Hereroland ist hier nur die Reise von E. Hermann von Angra Pequena bis Keetmannshoop und Okahandja zu nennen. Schon zum Teil in britisches Gebiet fällt der Zug des Hauptmanns K. v. François im Januar 1890 vom Damaraland nach dem Ngamisee.
Britisches Südafrika. Im J. 1888 unternahm Rev. A. H. Stocker die Besteigung einer Anzahl der höchsten Gipfel im Kahlambagebirge, welches die Grenze zwischen Natal und Basutoland bildet, und trug dadurch viel zur Berichtigung der Karte bei. Infolge der Annexion ist das Land der Matabele und Maschona ein beliebtes Ziel britischer Reisender, Goldsucher etc. geworden. Im Gebiet des Mazoëflusses reiste 1889 der in jenen Gegenden schon weit herumgekommene Selous, in demjenigen des Hanjani der Bischof Knight Bruce; eine neue Karte jener Gebiete verdanken wir den Arbeiten und Reisen von Maund und Ellerton Fry. Nördlich des Sambesi und westlich vom Nyassasee, in jetzt gleichfalls von Großbritannien beanspruchtem, bisher nie betretenem Gebiet, reiste Sharpe, zuerst 1889, dann zu Anfang 1890; das letzte Mal gelangte er bis zum untern Loangwa, einem nördlichen Zufluß des Sambesi, und befuhr den erstern im Boote.
[Ostäquatorialafrika.]
Portugiesisch-Ostafrika. Am Neujahrstag 1889 hat der schottische Missionar R. Cleland von seiner Station Tschiradzulo aus den Westabhang des 2800 m hohen Milandschigebirges bis zu einer Höhe von 2300 m erstiegen. Auch sind 1890 die Ergebnisse von J. T. Lasts
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großer Expedition nach dem Namuligebirge, welche er 1885-87 auf Kosten der Londoner Geographischen Gesellschaft unternommen hatte, erschienen. Im Auftrag der portugiesischen Regierung hat sich der Ingenieur Angelvy in das Gebiet zwischen den Flüssen Rovuma, Msalu und Ludschenda begeben, um weiter nach Steinkohlen zu suchen, deren Existenz er schon im J. 1884 dort nachgewiesen hat.
Deutsch-Ostafrika. Von August bis Oktober 1888, also noch vor Ausbruch der Feindseligkeiten mit den Arabern, hat der Zoolog F. Stuhlmann die Landschaften Ukuëre, Useguha, Nguru oder Ungu und das südliche Usambara durchzogen und wertvolle topographische und geologische Beobachtungen gemacht. Im Sommer 1889 haben zwei Engländer, der Konsul H. H. Johnston und Kerr Croß, das östliche Ende des Rikwa- oder Leopoldsees besucht und festgestellt, daß sich derselbe, zuletzt 1882 von Kaiser gesehen, viel weiter nach Süden und Osten erstreckt, als man bisher angenommen hatte.
Der ganz abflußlose See war seit einigen Jahren infolge Regenmangels in starkem Rückgang begriffen und sehr salzig; in seinem zum Teil von hohen Bergen umgebenen Becken herrschte arge Hitze, und die früher zahlreichen Elefanten hatten sich gänzlich von dort zurückgezogen. Anfang Januar 1890 begab sich O. Baumann im Auftrag der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft nach Deutsch-Ostafrika und hat dort 8 Monate lang an der Küste zwischen Wanga und Pangani, in Usambara und Pare bis zum Kilima Ndscharo hin, sowie im nördlichen Ungu geographische Aufnahmen gemacht. Im Frühling d. J. trat Emin Pascha in deutsche Dienste und begab sich mit einer militärisch organisierten Karawane, zu welcher auch der oben genannte Stuhlmann gehört, nach dem Victoria Nyanza, an dessen westlichem Ufer in Bukoba er eine deutsche Station errichtete; die Ausnahme seiner Route von der Küste bis Tabora ist bereits in Berlin eingetroffen. Ehlers, welcher Geschenke des deutschen Kaisers an den Häuptling Mandara in Moschi (Kilima Ndscharo) überbracht hatte, machte Anfang März 1890 den leider mißlungenen Versuch, von dort zu dem bisher nur erkundeten Natronsee Manjara vordringen; in Aruscha zwangen ihn die Eingebornen und die Erkrankung einiger Begleiter zur Umkehr.
Britisch-Ostafrika. In ihrer ersten Hälfte auf jetzt britischem, in ihrer zweiten auf deutschem Gebiet verlief die Expedition Peters', welche ihren eigentlichen Zweck, Emin Pascha in Wadelai Hilfe zu bringen, freilich ganz verfehlte. In Band 17 hatten wir dieselbe bis in die Gegend des Kenia begleitet. Hier, am obern Tana, wo sie in Oda Borru Ruwa eine Station errichtete, hatte sie unerforschtes Gebiet gekreuzt; weiterhin aber bewegte sie sich seit November 1889 durchweg auf schon bekanntem: sie zog vom Baringosee nach Uganda, fuhr an der Westküste des Victoria Nyanza hin bis zu dessen Südspitze und zog dann durch Unjamwesi, Ugogo und Deutsch-Ostafrika nach der Küste. Am traf der Reisende in Sansibar ein.
Die Britisch-Ostafrikanische Gesellschaft sandte 1889 unter Swayne und Jackson Expeditionen nach dem Baringosee aus, welche aber ihr Ziel nicht erreichten, jedoch eine Anzahl Punkte zu Stationen auswählten. Auf einer zweiten Reise, seit August 1889, erreichte Jackson Uganda. Im Dienste derselben Gesellschaft reiste Pigott 1889 am mittlern Tana und zur Küste zurück durch Ukamba und Ulu, hauptsächlich zu Handelszwecken und um Verträge mit den Eingebornen abzuschließen.
[Nordostafrika.]
Somalgebiet. Von Obia an der Ostküste aus unternahm der Ingenieur L. Bricchetti-Robecchi eine größere Reise, welche in Halule an der Nordküste, unweit des Kaps Guardafui, ihr Ende erreichte; es ist das die erste größere derartige Unternehmung im Osten des Somallandes. Im April und Mai 1890 machte der italienische Hauptmann Baudi de Vesme einen Ausflug von Berbera in das Innere des Somalgebiets, welcher ihn noch über den fernsten Punkt der Brüder James (1884) hinausführte. Auf dem Rückweg schlug er eine östlichere Richtung ein, als jene Engländer vor ihm.
Abessinien. Die Zeit vom September 1885 bis November 1888 erfüllte die Reise von Jules Borelli im südlichen Äthiopien, deren Resultate unlängst erschienen sind. Von Obok aus ging er nach Ankober und Antotto, dann nach Harar, schließlich nach den Gallaländern im Südwesten von Schoa, wo er den Omofluß bis etwa 7° 22' nördl. Br. verfolgte. Derselbe ergießt sich schließlich in den von Teleki und Höhnel entdeckten Rudolfsee. Diejenigen Gebiete, wo Borelli Neues bietet, liegen südöstlich von den Routen d'Abbadies und Cecchis.
[Inseln.]
Madagaskar. Die von der französischen Regierung entsandte Expedition des Marinearztes Catat und des Ingenieurs Foucart (vgl. Bd. 17, S. 13), denen sich Maistre anschloß, während Foucart später ausschied, hat 2. Jahre lang, 1889-90, die Insel durchzogen, namentlich die östliche Hälfte, von der Bai Antongil im Norden an bis Fort Dauphin im Süden, also fast in ihrer ganzen Erstreckung. Auch kreuzten sie die ganze Breite der Insel, indem sie die Westküste in Modschanga berührten. Sie haben namentlich wichtige geographische Entdeckungen, naturwissenschaftliche und ethnographische Beobachtungen gemacht. Endlich unternahm der englische Missionar F. O. Mc Mahon im J. 1888 zwei Reisen zu dem Sakalawenstamm der Betsiriry im westlichen Madagaskar durch bisher ganz unerforschte Gebiete; doch waren beide, wissenschaftlich wie vom Missionsstandpunkt aus, erfolglos.
II. Forschungsreisen in Asien.
[Sibirien.]
Unlängst beendete J. Makerow seine zweijährigen geologischen Forschungen im Sajanischen Gebirge, dem Grenzgebirge zwischen Sibirien und der Mongolei, wobei er sein Augenmerk besonders auf das Goldvorkommen gerichtet hat. Im Sommer und Herbst 1889 bereiste Jelissejew das russische Ussuriland und Teile der benachbarten Mandschurei zu anthropologischen Zwecken und namentlich zur Untersuchung knochenführender Höhlen. Im Ussurigebiet fand er über 16,000 russische Ansiedler, meist Kleinrussen aus den Gubernien Poltawa und Tschernigow, die sichtlich gedeihen. - Die Bestrebungen, einen Seeweg nach der sibirischen Nordküste zu eröffnen, sind 1890 erfolgreich gewesen; die von England ausgefahrenen Schiffe haben den Jenissei erreicht.
[Kaukasien.]
Hier wird der Hochgebirgsforschung, wie sie jüngst namentlich von englischen und einzelnen magyarischen und italienischen Alpinisten in Angriff genommen worden ist, seit 1886 kräftig von den offiziellen Mappeuren unter General Shdanow vorgearbeitet, nachdem die Fehlerhaftigkeit der ältern Karte (in 1:210,000) im Hochgebirge erkannt und eine Neuaufnahme seitens des Generalstabs angeordnet worden war. Die Aufnahmen (in 1:42,000) umfassen bis jetzt die südlichen und östlichen Abhänge des Elbrusmassivs, das nördliche Gebiet des gletscherreichen obern Bessingithals mit den mächtigen
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Graniterhebungen des Koschtantau und Dychtau. N. Kusnezow unternahm im Sommer 1889 u. 1890 wieder botanische Reisen am Nordabhang des Kaukasus; er untersuchte zuerst 1889 die Steppenflora, dann die Waldregion am nordöstlichen Kaukasus, zuletzt verschiedene Gletscher am Elbrus. Im südlichen Transkaukasien (und im nördlichen Persien), namentlich in Karabagh, der östlichen, bisher fast unbekannten Vorstufe Hocharmeniens, reisten und sammelten 1890 Radde und Valentin und brachten reiche Ausbeute (6000 Exemplare Pflanzen, 300 petrographische Handstücke) heim. 1890 untersuchte ferner Krasnow die Gletscher des Kasbek und war botanisch thätig, während Olderogge in Swanetien und Wyinbof an der Nordseite des Gebirges anthropologische Untersuchungen vornahmen.
[Westturkistan.]
In der Kirgisensteppe untersuchten 1889 die beiden Geologen P. Wenjukow und Levinson-Lessing und der Zoolog Polejaew das Mugodschargebirge, das sich als südliche Fortsetzung des Urals erwies und im Airjuk zu etwa 600 m ansteigt. Im selben Jahre bereiste auch Professor E. Petri die Kirgisensteppe, um ethnologisches und archäologisches Material zu sammeln und den Einfluß des Russentums auf die Kirgisen festzustellen. Er fand, daß letztere ihre Eigenart zu bewahren im stande sind.
Vom April bis Juni 1889 waren im Auftrag der Russischen geographischen Gesellschaft A. Semionow zu zoologischen und Antonow zu botanischen Zwecken im transkaspischen Gebiet längs der Eisenbahn von Usun-ada bis Tschardschui thätig; auch meteorologische Beobachtungen brachten sie zurück. Zu derselben Zeit reiste Pokotilo mit einem Topographen im zentralen Bochara und in Darwas und machte dort graphische und statistische Erhebungen. Um die Sprachen und Sitten der Solonen, Dunganen etc. zu studieren, hat Professor W. Wasiljew im Auftrag der St. Petersburger Akademie der Wissenschaften eine Reise über Omsk nach Tschugutschak und Kuldscha angetreten, die ihn auf dem Rückweg nach Wjernoje, Taschkent und Samarkand führen wird.
[Hochasien.]
Nicht weniger als fünf russische Expeditionen, welche sich zum Teil noch daselbst befinden, bereisten Hochasien. Im April 1889 brachen die beiden Brüder Grum-Grshimailo nach dem östlichen Tienschan auf, um dort eine Verbindung zwischen den Aufnahmen Prschewalskijs im S. und Potanins im N. zu bewerkstelligen. Sie entdeckten dort im Quellgebiet des Chorgos einen mächtigen Berg, den Doeß-meghene-or, welchen sie auf 6600 m Höhe schätzten, bestiegen den Bogdo-ola, besuchten Turfan und gingen von da auf dem geradesten Wege quer durch die Gobi nach dem Lob-Nor. Diesen vermochten sie indessen nicht zu erreichen; sie mußten umkehren und begaben sich dann von Pitschan längs des Südfußes des Tiënschan nach Chami.
Die große, anfänglich von Prschewalskij, jetzt von Pewzow befehligte russische Expedition nach Tibet traf in Jarkand ein, wo ihr geologisches Mitglied, Bogdanowitsch, wieder zu ihr stieß, welcher eine Seitentour nach dem Tschatyr-kul, Kaschgar und dem Gebirge Musdag-ata ausgeführt hatte. Hierbei hat er die von Stoliczka entdeckte vulkanische Zone am Südabhang des Tienschan und den geologischen Bau der Ostkante des Pamirhochlandes untersucht und endgültig festgestellt, daß dort eine meridionale Erhebung, wie sie A. v. Humboldt annahm, nicht existiert.
Die größte Sommerhitze verbrachte die Expedition im nahen Gebirge, in welchem zahlreiche Ausflüge unternommen wurden, und wo Professor Bogdanowitsch einen Vorstoß nach S. bis zum Oberlauf des Flusses von Jarkand in bisher ganz unbekanntes Hochgebirgsland unternahm, und ging dann ostwärts über Chotan und Keria nach der Oase Nia, wo sie Winterquartiere bezog. Im März 1890 machte das Mitglied Leutnant Roborowski von Nia eine Reise nach O. längs des Randes der Sandwüste nach Tschertschen und ging von da am Tschertschen-Darja aufwärts bis zu dem Punkte, welchen er 1886 mit Prschewalskij von O. her erreicht hatte. Am 24. April verließ dann die ganze Expedition Nia, um durch den glücklich von ihr ermittelten Paß Idjelik-Chanum das die Wüste Gobi südlich begrenzende Randgebirge zu überschreiten und in Tibet einzudringen.
Erst im September wollte er wieder nach N. zum Lob-Nor hinabsteigen. Eine Ende Oktober in St. Petersburg eingetroffene Depesche meldete, daß die Expedition bereits die Rückreise angetreten habe. Seine 1885 begonnenen Reisen in Hochasien setzte Br. Grombtschewski 1889 fort, indem er Mitte Juli von Margilan in Ferghana durch Karategin und Darwas zog. Sein Vordringen durch Schugnan wurde durch die Afghanen vereitelt, welche gerade diese Landschaft unter entsetzlichen Verwüstungen sich unterwarfen. So ging er den Fluß Wandsch aufwärts und über den Taghdumbasch-Pamir und den Paß Ilisu nach dem Raskem-Darja, einem rechtseitigen Zufluß des Jarkand -Darja, wobei er mit außerordentlichen Schneeverhältnissen, welche viele Pässe ungangbar machten, zu kämpfen hatte.
Von da aus besuchte er die Quellen des Tisnaf, also dasselbe Gebiet, was kurz zuvor (s. oben) Professor Bogdanowitsch erforscht hatte; so konnte er hier seine Aufnahmen mit denen der Pewzowschen Expedition in Verbindung bringen, wie einige Zeit vorher am Mustagpaß im Karakorumgebirge mit denen des engl. Leutnants Younghusband, was ihm 1888 nicht geglückt war. Dann stieg er über den Paß Kugart nach Schahidulla am Karakasch und an diesem mitten im Winter aufwärts nach SO., wo er in einer Höhe von 5000 m zwölf Tage lang ohne Wasser und Brennmaterial bei großer Kälte reiste und die meisten seiner Pferde und viele seiner Sammlungen einbüßte.
Hierauf stieg er nach Chotan hinab, traf dort mit Bogdanowitsch zusammen und begleitete ihn nach Nia zu Pewzow, mit welchem er Verabredungen über die weitern Reisen in Tibet traf. Ihm fiel die Erforschung des Westens zu, und so reiste er zurück nach Polu (südlich von Kiria, am nördlichen Rande des tibetischen Hochlandes), wo sich jedoch die Chinesen seinem weitern Vordringen ernstlich widersetzten. Er kehrte sich aber nicht daran und drang 17. Mai ohne Führer und mit unvollkommener Ausrüstung nach S. in die Einöde vor.
Doch zwangen ihn Kälte und Unwirtlichkeit sehr bald zur Umkehr; Ende Oktober traf er wieder auf russischem Gebiet ein. Jadrinzew, der bekannte Sibirienforscher, reiste 1889 zu archäologischen Zwecken in der nördlichen Mongolei; er fand an der Tola und namentlich am Orchon mannigfache Ruinen von Städten und Schlössern, Inschriften etc. aus der Blüte der Mongolenherrschaft und bestätigte die bisherige Annahme, daß die Ruinen von Kara-balgassun der alten Mongolenhauptstadt Karakorum entsprechen. 1890 sandte ihn die russische Regierung von neuem in jene Gegenden, indem sie ihm zwei Fachgelehrte, den Archäologen Clemens und den Sinologen Koch, beigab. Außerdem hat Katarow ethnographische Forschungen in der nördlichen Mongolei angestellt. Der schon erwähnte englische Leutnant Younghusband war im Sommer 1889 aufgebrochen, um einige der
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Pässe zwischen Kaschmir und Chinesisch-Turkistan zu erforschen. Er besuchte das Schimsalthal nordwestlich vom Mustagpaß, ging auf einem neuen Wege nach Hunza, traf auf dem Taghdumbasch-Pamir mit Grombtschewski (s. oben) zusammen und stieg über den Kandscherabpaß nach Kundschut und Gilgit. Seine zweite Reise in dieselben Gegenden unternahm 1889 der Franzose Dauvergne, der Leiter einer Teppichfabrik in Kaschmir. Über den Karakorumpaß erreichte er Kilian in Chinesisch-Turkistan und stieg von da zum Pamirhochland hinauf, indem er bis zum Thal des Serafschan oder obern Jarkand-Darja nicht weniger als zwölf Pässe von 3600-4500 m Höhe zu überschreiten hatte.
Dann erforschte er das Thal des Tung, eines Zuflusses des Serafschan, in welchem er arische Bevölkerung antraf, gelangte nach Taschkurgan und zu den aus drei großen Gletschern entspringenden Quellen des Oxus und entkam glücklich den Nachstellungen der Afghanen, indem er unter schweren Mühsalen den Hindukusch mit seinen Gletschern und Schneemassen überschritt; in Gilgit erreichte er wieder britisches Schutzgebiet. Bonvalot und Prinz Heinrich von Orléans waren im September 1889 von Kuldscha aufgebrochen; sie überschritten den Tiënschan, berührten den Lob-Nor, kreuzten das Altyntaggebirge und den Tschamen-Tagh auf einem andern Wege als vor ihnen Prschewalskij und Carey und drangen in Tibet ein. Gerade südlich durch ganz vegetationslose und menschenleere Einöden maschierend, erreichten sie den Tengri-Nor, zogen dicht bei Lhassa vorüber und gingen über Tatsiënlu und durch Jünnan nach Tongking. Es war die erste Durchkreuzung Tibets und ganz Asiens von NW. nach SO. Betreffs der Reise des Amerikaners Rockhill 1889-90 (vgl. Bd. 17, S. 58) ist nachzutragen, daß derselbe vom Kuku-Nor und der Sumpflandschaft Tsaidam her in tibetischer Verkleidung Lhassa zu erreichen suchte.
Als ihn aber das Gerücht erreichte, daß eine russische Expedition in Lhassa eingetroffen sei, gab er seinen Plan auf und reiste bei den Quellseen des Hoangho vorbei durch das östliche Tibet nach dem Dretschu, dem Oberlauf des Jangtsekiang, den er vor Dschje-kundo (Kegudo) überschritt. Der Versuch, Tsiamdo zu erreichen, scheiterte an der feindseligen Haltung der tibetischen Lamas, so daß er der geraden, von zahlreichen Theekarawanen belebten Straße nach Tatsiënlu folgte, welche zum Teil 1879-82 schon der indische Pandit A-K- mit großer Genauigkeit aufgenommen hatte. Einen Fehlschlag kann man diese Reise Rockhills um so weniger nennen, als er in sprachlicher Hinsicht viel Neues und Richtigeres als der Pandit ermittelt hat.
[China, Korea und Japan.]
Weder aus China noch aus Japan ist diesmal von einer bedeutendern Reise zu berichten, dagegen von einigen Unternehmungen in Korea. Der durch seine afrikanischen Reisen bekannte Chaillé-Long besuchte 1888 vom Hafen Pelto aus die nahe Hauptstadt der Insel Quelpart, Tjyonsong oder Tjiei-tjyu, wo er indessen nur eine Nacht verweilen und mit Mühe einige Photographien aufnehmen durfte. Im Auftrag des französischen Unterrichtsministers bereiste Charles Varat Korea, um ethnographische Studien zu machen und zu sammeln.
Nachdem er das nördliche Japan und China besucht hatte, ging er nach der koreanischen Hauptstadt Seul und von da nach Fusan im S., weiter nach Sibirien, China, Tongking, Anam, Siam und Indien. Ein russischer Generalstabsoffizier, Webel, reiste 1889 von der russisch-koreanischen Grenze südwärts an der Ostküste entlang bis Gensan, dann zur Westküste hinüber und weiter bis Sëul, stets mit topographischen Aufnahmen beschäftigt. Auf der durchreiste Strecke machten sowohl Land als Volk auf ihn einen trübseligen Eindruck; ersteres ist waldlos und von steinigen Bergketten erfüllt, das Volk zwar zahlreich, aber arm und ohne Industrie; das Handwerk wenig mannigfaltig, Viehzucht nur im N. vertreten. Noch in die Jahre 1885 und 1886 fällt die Reise des russischen Kaufmanns Delotkewitsch, welcher besonders über die Handels- und die gewerblichen Verhältnisse Koreas berichtet hat.
[Hinterindien.]
Etwas hoffnungsreicher hat sich die Frage betreffs der Schiffbarkeit des Songka oder Roten Flusses in Tongking gestaltet: am ist es dem ersten, besonders zu diesem Zweck erbauten Dampfer gelungen, den Songka bis Laokai an der chinesischen Grenze zu befahren und dabei die für unpassierbar gehaltenen Schnellen von Tankwan zu überwinden. Doch sind noch mancherlei Felssprengungen erforderlich, ehe ein regelmäßiger Verkehr zwischen dem Delta und der chinesischen Grenze möglich sein wird.
Auch die Versuche, den Mekhong zu erschließen, werden fortgesetzt: im August und September 1889 gelang es Leutnant Heurtel wiederholt, mit kleinen Dampfern die Stromschnellen von Prea-Pratang zu forcieren;
er glaubt, dadurch Laos dem europäischen Handel geöffnet zu haben. Im Frühjahr 1890 ist C. W. Rosset von einer dreijährigen ethnographischen Sammelreise in Hinterindien nach Berlin zurückgekehrt und hat namentlich aus dem zuerst durchwanderten Mekhonggebiet reiche Schätze heimgebracht. 1888 und 1889 wandte er sich dann dem Donnai im südlichen Anam und seinen Moi-Anwohnern zu und kehrte 1889-90 nochmals an den obern Mekhong zurück, wo er die ethnologischen Verhältnisse auf beiden Ufern des Stromes auf weite Strecken hin feststellte.
Taupin reiste 1887-88 von Angkor zu Lande durch das Siam tributpflichtige Laos bis zum Flusse Mun und machte dann von Ubon aus eine Reihe von Vorstoßen nach N. Eine britische Kommission unter Ney Elias hat die nördliche Grenze von Siam im Gebiet der Schanstämme aufgenommen, während anderseits die französische Regierung eine Kommission unter A. Pavie ernannt hat, um die siamesische Grenze gegen Tongking und Anam festzustellen. Pavie ist im April 1890 von Hanoi in Tongking nach Luang Prabang am obern Mekhong aufgebrochen und hat dabei den ganzen Schwarzen Fluß, den bedeutendsten Zufluß des Songka, erforscht. In Birma nehmen die Aufnahmen der Engländer ihren regelmäßigen Fortgang; so arbeitet Kapitän H. M. Jackson in den südlichen Schanstaaten, wo er bereits seit 1887 thätig ist, und gelangte mit einer militärischen Expedition an den Salwen, während in den nördlichen Schanstaaten der Feldmesser Faida Ali seine Vermessungen bis an den Salwen ausdehnte. 1889 unternahmen die Engländer von Tschittagong aus eine Expedition gegen die Luschai im nordwestlichen Birma, welche in geographischer und ethnographischer Hinsicht große Resultate gehabt hat; namentlich wurde der Oberlauf des Koladyneflusses festgelegt und ein Areal von 5000 engl. QMeilen aufgenommen. Von großem Interesse sind die Nachrichten über die dortigen, zum Teil sehr unzivilisierten und barbarischen Gebirgsstämme der Tschin, Jindu, Tschinbon, Weltschung und Tschinbok, welche Leutnant Rainey gesammelt hat. Ende 1889 ging dann zugleich von W. und von O. die sogen. Tschin-Luschai-Expedition vor, welche zu einer genauern und systematischern Erforschung des wilden Berglandes
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zwischen Bengalen und Oberbirma geführt hat. Die beiden Quellflüsse des Irawadi, den Mehka und den Malika (oder Namkiu), suchte im Mai 1890 Kapitän Barwick aus dem Dampfer Pathfinder zu erforschen. 150 engl. Meilen von Bhamo entfernt erreichte er die bisher noch nicht besuchte Konfluenz beider Flüsse, konnte aber wegen Stromschnellen und ebenso wegen Mangels an Brennmaterial auf beiden nur eine kurze Strecke aufwärts dampfen. Am Zusammenfluß ist der Strom noch ca. 450 m breit.
[Ostindien.]
Schon ältern Datums ist die Reise des indischen Panditen R-N- (vgl. Bd. 17, S. 57), welcher 1885-86 unsre Kenntnis des Staates Bhutan ansehnlich erweitert und den größten Fluß desselben, den Kurutschu oder Lhobrak, entdeckt hat. Die offizielle Aufnahme Indiens, an deren Spitze Oberst H. R. Thuillier steht, beschäftigte 1888-89 nicht weniger als 25 Abteilungen, nämlich eine mit Triangulation, 3 mit topographischen, 4 mit Wald-, 7 mit Kataster-, 6 mit sogen. traverse-Aufnahmen, 3 mit geodätischen und Gezeitenbeobachtungen und eine mit geographischen Aufnahmen. Zu ethnographischen und Sammelzwecken reiste 1890 Adolf Bastian in Ostindien; den letzten Nachrichten zufolge war er nach einem längern Aufenthalt in der Gegend von Bombay in Madras eingetroffen.
[Ostasiatische Inseln.]
Im Frühjahr 1887 haben Freih. v. Brenner-Felsach und v. Mechel zum ersten Male die unabhängigen Battak-Länder im nördlichen Sumatra durchkreuzt und sind über den Tobasee gefahren; nach letzterm ist kürzlich auch der italienische Zoolog Modigliani aufgebrochen. Eine Expedition, welche der Geolog van Schelle im Dezember 1889 unternahm, um die vermuteten Zinngruben an der Südküste von Flores zu untersuchen, scheiterte infolge eines Überfalls durch die Eingebornen und der Verwundung des Reisenden.
Derselbe hat seinen Versuch im Sommer 1890 wiederholt, diesmal mit einer Eskorte von 400 Soldaten, aber die Truppen stießen auf heftigen Widerstand, und Zinn wurde nicht gefunden. Trotzdem wurde im September 1890 eine dritte Expedition von der Nordküste her nach jener Gegend unternommen. Die von der niederländischen Geographischen Gesellschaft veranstaltete Untersuchung der Kei-Inseln unter Planten wurde 1890 vollendet und die ganze Gruppe wenigstens in ihren Umrissen kartographisch aufgenommen.
In das Innere einzudringen hinderte der dichte Pflanzenwuchs. D. C. Worcester und F. S. Bournes von der Universität in Michigan haben eine auf zwei Jahre berechnete Reise nach den Philippinen angetreten, um die dortige Vogelwelt, die Korallen und die Blütenpflanzen zu studieren und Sammlungen heimzubringen. Schließlich sei erwähnt, daß Ende August 1890 Geographische Radde als Begleiter des Großfürsten Alexander Michailowitsch eine Reise nach Ostindien und dem Indischen Archipel anzutreten beabsichtigte.
[Iran.]
Die geologische Reise L. C. Griesbachs in Afghanistan, welche im Juli 1889 beendet wurde, hat zur Auffindung von Kupfer, Magnesit, Graphit, Eisen, Blei, Silber und namentlich eines großen, das ganze obere Surchabthal erfüllenden Kohlenbeckens geführt, Entdeckungen, welche für die Erschließung des Landes von großer Bedeutung sein werden. Griesbach hat sich dann zusammen mit Oldfield nach Belutschistan begeben, um auch dieses Land auf seine Mineralschätze hin zu untersuchen.
Die Vermessung des Zhobthals, 1884 von Leutnant Wahab begonnen, wird jetzt vom Oberstleutnant Holdich fortgeführt, wobei auch die Grenze zwischen Afghanistan und Britisch-Belutschistan genauer festgestellt werden soll. Das französische Ministerium hat die Herren A. Develay und Geographische Pisson mit einer Reise nach Persien und Afghanistan betraut, wobei dieselben namentlich die Gegenden zwischen Kaschan und Tebbes und zwischen Herat und Kabul untersuchen werden. Von besonderer Wichtigkeit ist aber, daß die britisch-indische Aufnahme über Belutschistan ausgedehnt wird; namentlich hat der Unteraufnehmer Ahmed Ali 1888-1889 etwa 19,000 engl. QMeilen im W. des Landes rekognosziert.
Aus Persien ist aus den Jahren 1886-87 die Reise von Bogdanowitsch nachzutragen, welcher die Gebirge Chorassans geologisch untersucht hat. Zu politischen Zwecken bereiste im Winter 1889/90 Geographische Curzon das Gebiet des kürzlich der Schiffahrt eröffneten Karunflusses, während H. F. B. Lynch das Bachtiarengebiet östlich davon erforschte und den Weg von Schuster nach Ispahan aufnahm. Leutnant Vaughan hatte sich die innere Wüste Persiens zum Forschungsgebiet erwählt und seine Route, welche von Lingah am Persischen Meerbusen in nördlicher Richtung über Jezd nach Semnan und dann östlich nach Badschistan zum Teil durch früher nie betretene Gebiete führte, sorgfältig aufgenommen. Das nördliche Persien endlich berührte im Sommer 1890 Radde (s. oben unter Kaukasus).
[Vorderasien.]
Über Bents Besuch auf den Bahreïninseln und seine Reise in Kilikien vgl. die Artikel »Bahreïninseln« und »Kilikien«. Die seit zwei Jahren mit Ausgrabungen in Sindscherli im nördlichen Syrien beschäftigten Orientreisenden F. v. Luschan und Koldewey haben aus ihren Reisen dorthin und zurück manche bisher unbekannte Strecke Syriens erforscht. Zu archäologischen Zwecken, um sogen. hetitische Denkmäler zu untersuchen, bereisten im Sommer 1890 der auf kleinasiatischem Boden sehr bewanderte Ramsay und Hogarth die kleinasiatischen Landschaften Pisidien, Kilikien und Kappadokien; wie immer, wird auch diesmal die Kartographie dabei nicht leer ausgehen. Geologisch thätig war zu derselben Zeit Geographische v. Bukowski im westlichen Kleinasien, auf der Grenze von Phrygien und Karien, namentlich im Chonas-, Tschökelez- und Baba-Dagh.