Genußmittel
(hierzu Tafel »Genußmitte
lpflanzen«),
[* 2]
s. v. w. Nahrungsmittel, [* 3] dann speziell diejenigen Produkte des Pflanzenreichs, welche wir nicht, wie die eigentlichen Nahrungsmittel, zum direkten Ersatz der durch den Stoffwechsel verbrauchten Körpersubstanz, sondern entweder nur des Wohlgeschmacks halber oder zur Erzielung einer bestimmten Wirkung auf das Nervensystem in sehr verschiedenartiger Zubereitung genießen oder benutzen. Die Nahrungsmittel enthalten in mehr oder minder ähnlicher Form die Stoffe, aus welchen auch unser Körper besteht, und durch den Verdauungs- und Ernährungsprozeß werden diese Stoffe in Körperbestandteile umgewandelt.
Der
Wert der
Nahrungsmittel bemißt sich mithin in erster
Linie nach dem
Gehalt an
Bestandteilen, welche dieser Umwandlung fähig
sind (vgl.
Ernährung). Zu den meisten
Speisen fügt die
Kochkunst aber
Würzen hinzu, welche, wie
Fett und
Zucker,
[* 4] selbst
Nahrungsstoffe
sind oder, wie
Kochsalz und
Säuren, dem
Verdauungs- und Ernährungsprozeß mehr oder minder zugänglich
sind. Dagegen sind die
Gewürze ausschließlich zu den Genußmitteln
zu zählen; als Genußmittel im engern
Sinn bezeichnet man aber
jene
Substanzen, die nicht den
Speisen zugesetzt, sondern selbst zu besondern
Speisen oder
Getränken zubereitet oder in andrer
Form genossen werden.
Die
Gewürze wirken meist durch ätherische
Öle
[* 5] oder
Harze, die eigentlichen Genußmittel
dagegen enthalten in der
Regel gewisse narkotisch
wirkende
Stoffe, und es ist sehr merkwürdig, daß der
Mensch in den verschiedensten
Ländern eine
Reihe sehr verschiedener Pflanzenteile
als narkotische Genußmittel
benutzt, die einen und denselben wirksamen
Stoff, das
Thein oder
Kaffein, enthalten,
nämlich den
Kaffee,
Thee,
Paraguaythee, die
Guarana und die
Kolanuß; auch kann man den Kakao hinzurechnen, weil das in demselben
enthaltene
Theobromin dem
Kaffein sehr nahe steht. Das arabische
Kath und die Kokablätter enthalten dagegen kein
Kaffein. Diese
Genußmittel
sind sich in der
Wirkung wohl ziemlich ähnlich, und auch die
¶
Humulus Lupulus (Hopfen). [* 7]
Öldrüschen
weibl. Blüte
Nicotiana tabacum (Tabak). [* 9]
Erythroxylon Coca (Kokastrauch).
Ilex paraguayensis (Paraguaythee).
Thea viridis (chinesischer Thee).
Coffea arabica (Kaffeebaum).
Areca Catechu (Areka- oder Betelnußpalme).
Zum Artikel »Genußmittel«. ¶
mehr
Betelnuß mit dem Betelpfeffer sind zu dieser Gruppe zu rechnen, während der indische Hanf, das Opium und der Fliegenschwamm
als Berauschungsmittel wirken und der Tabak gleichsam den Übergang von der einen Gruppe zur andern bildet. Eine dritte Gruppe
bilden die geistigen Getränke, bei denen bisweilen auch narkotische Genußmittel
, wie der Hopfen, in Anwendung kommen.
Die Pflanzen, welche die eigentlichen Genußmittel
liefern, gehören ebenso vielen verschiedenen Pflanzenfamilien
an. Nur Hopfen (Humulus lupulus) und Hanf (Cannabis indica) stehen zusammen in der Familie der Kannabineen.
*Kaffee (Coffea arabica) gehört zu den Rubiaceen, *Thee (Thea spec.) zu den Ternströmiaceen, der *Paraguaythee (Ilex paraguayensis)
zu den Ilicineen, die Guarana (Paullinia sorbilis) zu den Sapindaceen, die *Kolanuß (Cola acuminata) zu den
Sterkuliaceen, der Kakao (Theobroma Cacao) zu den Büttneriaceen, der *Kokastrauch (Erythroxylon Coca) zu den Erythroxyleen, Kath
(Celastrus edulis) zu den Celastrineen, *Betelnuß (Areca Catechu) zu den Palmen,
[* 11] Mohn, welcher das Opium liefert (Papaver somniferum),
zu den Papaveraceen, *Tabak (Nicotiana spec.) zu den Solaneen und der Fliegenschwamm (Agaricus muscarius)
zu den Pilzen. Die oben mit * bezeichneten Genußmitte
lpflanzen sind auf beifolgender Tafel abgebildet.
Vgl. Bibra, Die narkotischen
Genußmittel
und der Mensch (Nürnb. 1855);
Moleschott, Physiologie der Nahrungsmittel (2. Aufl., Gießen [* 12] 1859);
Reich, Nahrungs- und Genußmittel
kunde
(Götting. 1860);
Wittstein, Taschenbuch der Nahrungs- und Genußmittel
lehre (Nördling. 1878);
König, Die
menschlichen Nahrungs- und Genußmittel
(Berl. 1880).