dasjenige
Fach der
Malerei, welches Individuen als
Typen einer bestimmten
Gattung zur
Darstellung bringt, im
Gegensatz zur
Historienmalerei, welche bestimmte geschichtliche Individuen vorführt, im weitesten
Sinn
jede
Darstellung aus dem
Leben irgend einer Zeitperiode, in welcher nichthistorische
Personen vorkommen. Im
Französischen bezeichnet
das
Wort genre jedes
Fach der
Malerei, so genre historique, genre du paysage etc., absolut gebraucht aber
jedes Gemälde mit menschlichen
Figuren, doch nicht mit solchen von historischer Bedeutung, auch
Tier- und Architekturstücke,
Blumen undStillleben.
Obwohl Genrebilder in der
Regel in kleinerm
Maßstab
[* 4] ausgeführt werden als historische
Darstellungen; die
meist lebensgroße oder selbst überlebensgroße
Dimensionen in Anspruch nehmen, so ist dies doch kein wesentlicher Unterschied,
sondern dieser wird einzig und allein durch den
Charakter der
Darstellung bedingt. Genrebilder malten bereits die alten griechischen
Maler, so Peiraikos Barbierstuben,
Antiphilos eine Weberwerkstätte etc., und in
Pompeji
[* 5] trifft man unter
den Wandgemälden verschiedene Genrebilder an. Zu einer selbständigen
Ausbildung gelangte die Genremalerei allerdings erst infolge
der
Erfindung der
Ölmalerei, und schon J. ^[Jan] van
Eyck malte Genrebilder. In steigendem
Maß folgte die nordische
Kunst dem
von ihm ausgehenden Anstoß, und nachdem bereits im 16. Jahrh. P.
Brueghel die niederländische Bauernwelt
trefflich geschildert, erreichte die Genremalerei im 17. Jahrh. ihren Höhepunkt.
In der italienischen
Malerei haben nur
Giorgione und später
Caravaggio Genrebilder im engern
Sinn geschaffen. Im 18. Jahrh.
wurde die in
Frankreich mit großem Erfolg durch
Watteau,
Lancret,
Pater,
Boucher,
Greuze u. a. kultiviert, und in
Spanien
[* 6] schufen
Velasquez und
Murillo Ausgezeichnetes. Der
Verfall der
Kunst im 18. Jahrh. machte sich natürlich auch in der
Genremalerei geltend, und erst in der neuesten Zeit hat dieselbe wieder, besonders durch den Einfluß der
DüsseldorferSchule, ihr
Terrain
erobert und schließlich die historische
Kunst vollständig überwuchert.
eigentlich Gattungsmalerei, d. h. Schilderung einzelner Volkstypen, Bilder
aus dem Volksleben, Sittenbilder ohne besonderen geschichtlichen Hintergrund, im Gegensatz zur Historienmalerei.
(spr. schangr-), dasjenige Fach der Malerei, das bei besonderer Bevorzugung
von Begebenheiten des täglichen Lebens die Menschen als Typen einer bestimmten Gattung zur Darstellung bringt im Gegensatz
zur Historienmalerei (s. d.), welche bestimmte geschichtliche
Individuen in einem bedeutungsvollen Zeitmoment vorführt. Im Französischen bezeichnet allerdings das Wort Genre jedes Fach
der Malerei, so Genrehistorique,Genredu paysage u. s. w., ohne einen dieser Zusätze aber jedes Gemälde mit menschlichen
[* 10]
Figuren, außer geschichtlichen Persönlichkeiten, dann auch Tier- und Architekturstücke sowie Stillleben.
Nach der Begriffsbestimmung der ältern Ästhetik entstand, wenn eine histor. Persönlichkeit in einer
nur ihr Privatleben berührenden Scene geschildert wurde, das historische Genrebild (s. auch Historisches
Genre); wurde der Verkehr der vornehmen und gebildeten Stände dargestellt, so hieß das Genrebild ein Konversationsstück.
In ähnlicher Weise kann man ein mythisches und landschaftliches Genre unterscheiden. Während aber bis
vor einigen Jahrzehnten ein Kunstwerk für fehlerhaft galt, das sich nicht in eine dieser Abstufungen einfügen ließ, werden
in der modernen Malerei diese rein äußerlichen Unterschiede nicht mehr so scharf hervorgehoben. Auch gilt für den Unterschied
zwischen der Genremalerei und Historienmalerei nicht mehr die Regel, daß Genrebilder meist in kleinerm Maßstab
ausgeführt werden sollen als geschichtliche Darstellungen, die in Lebensgröße oder überlebensgroße wiedergegeben wurden.
Die Genremalerei wurde bereits im Altertum gepflegt; von griech. Genremalern werden u. a. Peiraikos
und Antiphilos genannt, und auch unter den pompejan. Wandgemälden befinden sich verschiedene Genrebilder. Zu einer selbständigen
Ausbildung gelangte die Genremalerei aber erst in der Neuzeit im Norden,
[* 11] vor allem in den Niederlanden. Schon die
Brüdervan Eyck (s. d.) stellten in realistischer Weise, entsprechend dem wirklichen Leben, die Heiligen und Märtyrer dar, was
allmählich zur Darstellung aller Freuden und Leiden
[* 12] der Menschen führte. Im 16. Jahrh. war es besonders P. Brueghel
der Ältere (s. d.), der die niederländ.
Bauernwelt trefflich schilderte, bis im 17. Jahrh. die in Holland ihren Höhepunkt erreichte, während die deutschen oder
ital. Maler nichts Ebenbürtiges aufweisen konnten.
Die Richtung kam in Verfall durch die klassizistische Kunstauffassung, welche in der realen Darstellung des Lebens etwas Unideales
erblickte und sich ausschließlich der Darstellung mytholog. oder geschichtlicher Dinge zuwendete. Doch blieb
bei den Franzosen in Watteau,
Lancret, Boucher, Greuze, bei den Deutschen in Dietrich, Chodowiecki, bei den Engländern in Gainsborough,
Reynolds die Kunstart in veränderter, teils höfischer, teils spießbürgerlicher Form lebendig.
In der modernen Zeit aber wachsen die Kreise
[* 14] nach allen Richtungen. Unter den Engländern fand das Genre besondere Pflege bei
der unmittelbar an die Niederländer sich anschließenden Schule. Hogarth gab ihr einen satir. Inhalt, Wilkie bildete die modern
romantische Auffassung aus, Collins, Leslie, Mulready u. a. legten das Hauptgewicht auf malerischen
Inhalt, fielen aber in eine immer flacher werdende Darstellung von Unbedeutendem, oft Läppischem. Nach dem Vorgang von Hasenclever,
A. Schrödter, Th. Hildebrandt in Düsseldorf, F. E. Meyerheim und Menzel in Berlin hat die deutsche Genremalerei ihren
Höhepunkt erreicht in Knaus, Vautier, Defregger, Bokelmann, Grützner und vielen andern.
Eine eigentümlich abgeschlossene Gruppe, welche speciell das Wiener und niederösterr. Volksleben höchst charakteristisch
behandelte, vertraten in den dreißiger Jahren in Wien
[* 15] Fendi, Waldmüller, Danhauser, Schindler, Ritter
u. a. In Frankreich sind als Vertreter der Genremalerei zu nennen Millet, Breton, Marchal, Brion, Meissonier, die aber selten sich eines
tiefern allgemeinen oder malerischen Gedankens enthalten. Durch Courbet kam in die Genremalerei eine entschiedenere Tendenz, oft sogar
ein socialistischer Zug.
Sie wurde zur Darstellung des modernen Lebens von seiner ernstern, oft erschütternden,
ja widrigen Seite, entsprechend der naturalistischen Schule in der Dichtung. In ähnlichem Sinne arbeiteten Madox Brown, Holl,
Millais, Herkomer in England, Hermans, Israel, Luyten in den Niederlanden, die jüngste Schule in Deutschland. (S. die Tafeln
zur Kunst der einzelnen Länder.)