Genlis
(spr. schanglis),
Stephanie Félicité Ducrest de
Saint-Aubin, Gräfin von, franz. Schriftstellerin, geb. zu
Champcéri bei
Autun, genoß eine glänzende, aber ungeordnete
Erziehung und war vorzüglich für
Musik veranlagt; sie spielte
fast alle
Instrumente, besonders schön die
Harfe. Mit 16
Jahren an den
Grafen Bruslart de Genlis
verheiratet, gelangte sie als
Ehrendame
der Herzogin von
Chartres, der
Mutter des nachmaligen
Königs
Ludwig
Philipp, in das
Palais Royal und wurde
mit der
Erziehung der herzoglichen
Kinder beauftragt, einer Aufgabe, der sie mit großem
Eifer und praktischem
Geschick neun
Jahre lang oblag, und weswegen sie hauptsächlich verdient, in der Geschichte genannt zu werden.
Mit der Revolution sympathisierte sie, mußte aber dennoch Frankreich meiden, machte Reisen in die Schweiz [* 2] und Deutschland [* 3] und kehrte unter dem Konsulat nach Frankreich zurück. Napoleon bewilligte ihr eine Pension, und der Herzog von Orléans [* 4] gab ihr unter der Restauration einen Gnadengehalt; sie starb in Paris. [* 5] Ungemein schreiblustig und von einer wahren Manie besessen, andre zu belehren, hat sie eine Fülle pädagogischer Bücher geschrieben, von denen wir erwähnen wollen: »Le [* 6] théâtre d'éducation« (1779),
»Les veillées du château« (1784) etc., Werke, die ihre feine Beobachtung, getreue Schilderung sowie ihren fließenden und klaren Stil am besten zeigen. Für das Theater [* 7] schon von Jugend auf leidenschaftlich eingenommen, verfaßte sie auch eine Menge moralischer Lustspiele, in denen keine männliche Rolle und keine Liebesintrige vorkamen, die aber heute vollständig vergessen sind. Ihre historischen Schriften leiden an Ungenauigkeit und Parteilichkeit; am interessantesten sind noch ihre »Mémoires inédits sur le XVIII. siècle et la révolution française« (Par. 1825, 10 Bde.). Am meisten Ruhm erwarb sie sich durch ihre auch ins Deutsche [* 8] übersetzten Romane, welche mehr als 100 Bände füllen.
Ihr 1802 veröffentlichter Roman »Mademoiselle de Clermont« gilt als ihr bestes Werk, ist jedoch schon in ziemlich hohem Grad von einer Sentimentalität erfüllt, die ihre spätern Werke fast ungenießbar macht. Nächst diesem sind zu erwähnen: »Les chevaliers du cygne, ou la cour de Charlemagne« (Hamb. 1795, 2 Bde.);
»Les souvenirs de Félicie L***« (1804);
die historischen Romane: »La duchesse de la Vallière« (1804),
»Mademoiselle de La Fayette« (1813) u. a. Unter der Restauration traten die Schwächen und Fehler ihrer Manier deutlicher zu Tage;
die Eleganz der Form vermochte nur selten noch die Schalheit des Inhalts zu verdecken.
Sie starb als eifrige Parteigängerin streng katholischer Richtung und ausgesprochene Gegnerin Voltaires.
Vgl. Bonhomme,
Madame de Genlis
(Par. 1885).