Gemüt
drückt einmal die
Erregbarkeit zum Fühlen, das andre
Mal die Art, wie, und die
Summe dessen, was gefühlt wird,
aus. Im
Gegensatz zum
Geist als dem Denkenden und zum
Charakter als dem Wollenden bedeutet Gemüt
das Fühlende, im engern
Sinn das
Mitfühlende im
Menschen, dessen Anwesenheit ihn gemütvoll
, dessen
Abwesenheit ihn gemütlos
erscheinen
macht. Herrschen dabei die angenehmen
Mitgefühle vor (gesellige Mit-, unschädliche
Schadenfreude), so entsteht die Gemüt
lichkeit
(die
Stimmung geselligen Genusses); dieselbe verschwindet sogleich, sobald ein unangenehmes
Mitgefühl
(Mitleid, boshafter
Neid)
die Oberhand gewinnt.
Bei dem Gemüt
smenschen tritt sowohl das
Denken nach logischen als das
Handeln nach praktischen
Grundsätzen zurück,
seine
Gedanken sind Einfälle, seine Entschließungen Regungen. Der Gefühlseindruck wirkt statt des
Grundes, die
Stimmung statt
des
Motivs; er hält dasjenige für wahr und wirklich, was ihn »anmutet«,
entschließt sich und handelt, je nachdem ihm eben »zu
Mute« ist. Allzuviel Gemüt
ist daher ebenso gefährlich wie dieses selbst
unentbehrlich. Das Augenmerk der
Erziehung muß dahin gerichtet sein, dasselbe zu dämpfen, wo es zu lebhaft,
zu wecken, wo es zu dürftig ist; jenes durch Vermeidung heftiger
Gemütsbewegungen
(Affekte), wo sie zu häufig, dieses durch
absichtliche Herbeiführung solcher, wo sie zu selten sind.
Ziel der Gemüt
serziehung ist Gemütsruhe
(Gleichgewicht),
[* 2] wobei Besinnung und Überlegung nicht aufgehoben
sind, nicht
Tod des Gemüts
(Vernichtung der
Gefühle). Nach der
Beschaffenheit der vorherrschenden
Gefühle läßt sich ein
sinnliches, ästhetisches, sittliches, religiöses etc. Gemüt
, nach dem
Grad seiner
Erregbarkeit und
Stärke
[* 3] (die wenigstens bei
den sinnlichen Gemütern
auch durch die leibliche
Organisation mit bedingt sind) lassen sich ähnlich
wie bei
Naturell (s. d.) und
Temperament (s. d.) reiches und armes, sthenisches und asthenisches, nach
dem Dasein oder Mangel sympathetischer
Gefühle selbstsüchtiges (egoistisches) und selbstloses (humanes) Gemüt
unterscheiden.
Vgl.
Gefühl.