Gelenkneurose
,
Gelenkneur
algie oder
hysterisches Gelenkleiden (Arthroneuralgia), eine eigentümliche, besonders häufig
im Hüft- und Kniegelenk vorkommende Gelenkaffektion, welche das
Bild einer schweren
Gelenkentzündung vortäuschen kann, während
sie ihrem eigentlichen Wesen nach mit einem ernsthaften Lokalleiden nichts zu thun hat und lediglich
als Teilerscheinung der
Hysterie (s. d.) aufgefaßt werden muß. Die
Krankheit, die sich vorwiegend bei blutarmen und nervösen
jungen Mädchen und Frauen der höhern Gesellschaftsklassen, bisweilen aber auch bei anscheinend gesunden Männern vorfindet,
äußert sich in außerordentlich heftigen, bohrenden oder reißenden
Schmerzen in dem ergriffenen
Gelenk,
krampfartigen Zusammenziehungen der benachbarten
Muskeln,
[* 2] die oft schon durch leises Berühren der
Haut
[* 3] hervorgerufen werden
und gewöhnlich auffallende falsche
Stellungen des
Gelenks zur Folge haben, und in einer großen lähmungsartigen Schwäche
in der betreffenden Extremität, welche den
Kranken nicht selten monatelang an das
Bett
[* 4]
¶
mehr
fesselt. Bei alledem ergiebt die objektive Untersuchung nicht die geringste anatom. Veränderung. Von auffallendem Einfluß ist die Stimmung des Kranken auf die Intensität des Leidens; wahrend Ablenkung und Zerstreuung, eine interessante Unterhaltung u. dgl. den eben erst unerträglichen Schmerz oft außerordentlich schnell besänftigen, pflegen eine ängstliche und verzärtelnde Umgebung hingegen das Übel sehr zu verschlimmern. Der Verlauf ist gewöhnlich ein sehr langwieriger, schließlich aber doch meist günstiger. Unter den örtlichen Heilmitteln sind energisches Massieren, kalte Begießungen und Douchen des Gelenks mit nachfolgenden Abreibungen des Gliedes, der länger fortgesetzte Gebrauch kurzer kalter Seebäder und die Anwendung der Elektricität am wirksamsten. Das Hauptgewicht bei der Behandlung ist aber auf eine zweckmäßige psychische Beeinflussung des Kranken zu legen, ohne welche alle örtlichen Mittel erfolglos bleiben. -