Geissel
,
Johannes von, Kardinal und Erzbischof von Köln, [* 3] geb. zu Gimmeldingen in der Rheinpfalz als Sohn eines armen Winzers, wurde 1815 in das Mainzer Klerikalseminar aufgenommen, 1818 zum Priester geweiht und erst als Kaplan in Hambach, dann als Lycealprofessor in Speier [* 4] angestellt. Hier beschäftigte er sich lebhaft mit der belletristischen Tageslitteratur, dichtete selbst und war ein beliebter Gesellschafter; daneben trieb er auch ernstere Studien, von denen zwei Monographien zeugen: »Der Kaiserdom zu Speier« (Mainz [* 5] 1826-1828, 3 Bde.) und »Die Schlacht von Hasenbühl und das Königskreuz bei Göllheim« (1836);
1837 wurde er deshalb zum korrespondierenden Mitglied der Münchener Akademie ernannt.
Nachdem er 1826 zum
Kanonikus, 1836 zum Domdechanten befördert worden, erfolgte 1837 seine
Berufung auf den bischöflichen
Stuhl von
Speier, den er bis 1841 verwaltete.
Seiner gemäßigten
Haltung wegen wurde er 1841 als
Koadjutor nach
Köln berufen,
um an
Stelle des in freiwilliger
Verbannung lebenden
Erzbischofs
Clemens August die
Diözese zu leiten und den kirchlichen
Frieden wiederherzustellen; 1846 wurde er
Erzbischof von
Köln. Die
Regierung kam seinen
Wünschen bereitwilligst entgegen, und
Friedrich
Wilhelm
IV.,
dem er in mancher Hinsicht geistesverwandt war, schenkte ihm seine
besondere
Gunst; er verlieh ihm auch den
Schwarzen
Adlerorden. So gelang es Geissel
mit
Hilfe des
Staats schnell,
von den Unterrichtsanstalten, namentlich der theologischen
Fakultät in
Bonn,
[* 6] alle freisinnigen
Lehrer hermesianischer und Güntherscher
Richtung zu entfernen; von fanatischen Papisten wurden nun die jungen
Kleriker in jesuitischem
Geist zu knechtischer Unterwerfung
erzogen.
Unter Geissels
Leitung versammelten sich 1848 die deutschen
Bischöfe in
Würzburg
[* 7] und forderten und erlangten
Unabhängigkeit der
Kirche von der
Staatsgewalt. Zur Belohnung erhielt Geissel
von der römischen
Kurie 1850 den
Kardinalshut.
[* 8] Das
Dogma von der unbefleckten
Empfängnis verkündete er 1854 mit großem
Pomp. Auf dem 1860 von ihm abgehaltenen Provinzialkonzil
wurde auch die
Infallibilität des
Papstes für eine
Lehre
[* 9] der
Kirche erklärt. Die Klöster und geistlichen
Unterrichtsanstalten mehrten sich in erstaunlicher
Weise.
Die
Jesuiten erlangten eine Macht, die Geissel
selbst oft unbequem wurde, und dabei wußte Geissel doch noch
freisinnig zu erscheinen und das gute Einvernehmen mit dem
Staat bis zu seinem
Tod aufrechtzuerhalten. Er starb Unter
seinem Nachfolger
Melchers ist die
Saat, die Geissel
gesäet, aufgegangen. Seine
Biographie von F. X. Remling
(Speier 1873) ist eine ultramontane Verherrlichung.
Vgl.
»Schriften und
Reden von
Johannes
Kardinal
v. Geissel«
, herausgegeben von
Dumont
(Köln 1869-76, 4 Bde.),
der auch die
»Diplomatische
Korrespondenz über die
Berufung des
Bischofs J.
v. Geissel«
(Freiburg
[* 10] 1880) herausgab.