Geige
,
jetzt insbesondere Name der Violine, im weitern Sinn (wie schon im 16. Jahrh.) der Streichinstrumente überhaupt, besonders der Verwandten der Violine: Bratsche, Cello und Kontrabaß. Das Wort stammt vom französischen Gigue (s. d.) und bezeichnete im 13. Jahrh. die Fidel mit lautenartigem, unten gewölbtem Schallkörper, zum Unterschied von den um jene Zeit auftretenden verbesserten Instrumenten mit plattem Schallkörper und Seitenausschnitten (vgl. Streichinstrumente und Viola).
Der
Körper der heutigen Geige
ninstrumente besteht zunächst aus einer in der Mitte ausgeschweiften Resonanzdecke
(Dach,
[* 2] Resonanzboden, Oberplatte), dem obern und wichtigsten Teil der Geige
, auf dessen
Beschaffenheit das meiste für die
Güte
des
Tons ankommt; dann aus dem eigentlichen
Boden (Unterplatte), der wie jener leicht gewölbt und von gleicher
Größe ist.
Die Unterplatte wird von Ahornholz, der Resonanzboden von völlig ausgetrocknetem Fichtenholz verfertigt.
Diese beiden Hauptteile des Körpers sind durch Zargen, dünne, auf der Kante stehende Späne von Ahornholz, miteinander verbunden. Zwischen den für die Bewegungen des Bogens notwendigen Ausschweifungen dieser Teile befinden sich in der Decke [* 3] einander gegenüber die F-Löcher (vgl. Schalllöcher), zwischen diesen der Steg (s. d.), unter dessen einem Fuß (unter der E-Saite) die Stimme (Seele, Stimmstock) zwischen Ober- und Unterplatte eingeschoben ist, ein rundes Stäbchen aus hartem Holz, [* 4] das den Zweck hat, Transversalschwingungen des Resonanzbodens zu verhindern sowie die Übertragung der Molekularvibrationen seitens des Stegs auf den Resonanzboden zu begünstigen.
Auch die unter dem einen Fuß des Stegs querlaufend unter die Oberplatte geleimte Rippe hat den Zweck, der Bildung von Transversalschwingungen entgegenzuwirken. Die schmale massive Verlängerung [* 5] des Schallkörpers heißt der Hals; derselbe ist unten gerundet, um ein bequemes Gleiten der das Instrument zwischen Daumen und Zeigefinger haltenden Hand [* 6] zu ermöglichen; auf der oben abgeplatteten Seite ist das Griffbrett aufgeleimt, über welches die Saiten laufen. Diese sind nicht wie bei der Guitarre am untern Ende im Resonanzboden selbst befestigt, sondern in einem besondern Saitenhalter, der an der untern Zarge gefesselt ist und über dem Resonanzboden frei schwebt. Am obern Ende des Griffbrettes ist der Sattel angebracht, ein etwas hervorstehendes Holzleistchen mit Einschnitten, in welchen die Saiten laufen, damit sie nicht auf dem Griffbrett aufliegen und ihr Schwingen nicht gehindert werde.
Der
Kopf, der am Ende des
Griffbrettes anfängt, ist etwas rückwärts gebogen, in der
Mitte wie ein Kästchen ausgestochen
und an den Seitenwänden mit runden Löchern versehen, worin sich die
Wirbel befinden, an denen die
Saiten
befestigt und aufgespannt werden. Dieser hohle Teil des
Kopfes heißt der
Lauf, Wandel- oder Wirbelkasten. Im allgemeinen ist
von Geigen
mit zu dünner
Decke nichts zu hoffen, sie werden immer schlechter. Man soll daher auch mit dem Ausschaben nicht
zu schnell sein; auch darf am
Rande der
Decke und des
Bodens die Einlegung eines schmalen
Streifens von schwarzem
oder anderm
Holz nicht fehlen.
Ohne diese Einlage, etwa nur mit einem
Strich von schwarzer
Farbe, heißen die Geigen
Schachtelgeigen. Die
Instrumente werden
zuvor gebeizt, ehe der
Lack ausgestrichen wird; Bernsteinlack ist der beste,
weil er den Einflüssen der
Luft am meisten widersteht,
Feuchtigkeit aber die
Elastizität hindert. Früher (zum Teil bis ins 16. Jahrh.) wurden die Geige
ninstrumente
in ganz andrer Gestalt angefertigt; die jetzt gebräuchlichen
Formen finden sich zuerst in
Prätorius'
»Syntagma musicum« (1619)
abgebildet. Berühmte Geige
nbauer sind: Gasparo di
Salo (1560-1610),
Giovanni
Paolo Maggini (1590-1640),
die
Amati in
Cremona (um 1670),
Antonio
Stradivari (gest. 1737) und Giuseppe
Guarneri (1725-45). Unter allen sind die
Instrumente
des
Stradivari (s. d.) die berühmtesten und ausgezeichnetsten; alle
Nachahmungen vermochten bis jetzt das
Original nicht zu
erreichen.
Vgl. Otto, über den Bau der Bogeninstrumente (3. Aufl., Jena [* 7] 1886);
Abele, Die Violine, ihre Geschichte und ihr Bau (2. Aufl., Neuburg [* 8] 1874);
Welcker, Über den Bau der Saiteninstrumente (Frankf. 1870);
Wettengel, Lehrbuch der Geigen-
und Bogenmacherkunst (2. Aufl., Weim. 1869);
Diehl, Die Geige
nmacher der alten italienischen
Schule (2. Aufl., Hamb. 1865);
Schebeck, Der Geigenbau
in
Italien
[* 9] und sein deutscher Ursprung
(Prag
[* 10] 1874);
Hart, The violin, its famous makers and their imitators (Lond. 1875);
Vidal, Les instruments à archet (Par. 1876-78, 3 Bde. mit Abbildungen);
Rühlmann, Geschichte der Bogeninstrumente (Braunschw. 1882, mit Atlas). [* 11]