Gehirnblutung
,
s. Schlagfluß.
Gehirnblutung
8 Wörter, 83 Zeichen
Gehirnblutung,
s. Schlagfluß.
(Encephalomalacia), Kollektivbezeichnung für sehr verschiedenartige Zustände, welche jedoch das Gemeinsame haben, daß dabei irgend ein Hirnabschnitt seine Textur eingebüßt hat und zu einer breiigen Masse erweicht ist. Man unterscheidet gewöhnlich nach einem rein äußerlichen Merkmal, nämlich dem Farbenunterschied, eine rote Gehirnerweichung, welche später zur braunen Gehirnerweichung werden kann, eine gelbe und weiße Gehirnerweichung 1) Die rote Gehirnerweichung entsteht jedesmal dadurch, daß Blut aus arteriellen Gefäßen austritt und sich in der weichen Substanz des Gehirns durch Zerreißung und Zertrümmern der nervösen Elemente seinen Raum verschafft.
Der so entstandene Blutherd gleicht einem roten Brei. Die Entstehungsursache der roten Gehirnerweichung kann in vielen Fällen auf eine äußere Gewaltwirkung, Quetschung oder Gegenschlag (contre-coup) zurückgeführt werden, wobei dann die Herde in der Rindensubstanz gelegen sind, oder sie kann in der Berstung erkrankter, aneurysmatisch erweiterter oder durch Blutgerinnsel (emboli) verschlossener Gefäße beruhen. Ist die Masse des ergossenen Bluts nicht so groß, daß augenblicklich der Tod in Form eines Schlagflusses erfolgt, so verfällt der rote Brei einer Rückbildung.
Das Blut wird aufgelöst, großenteils aufgesogen, zum andern Teil in Form von körnigem, seltener kristallinischem Pigment deponiert, wodurch der Herd in eine braune Erweichung umgewandelt wird. Die nervösen Bestandteile verfallen der Fettentartung und werden gleichfalls von den Lymphgefäßen fortgeführt; die Umgebung liefert ein sparsames durchfeuchtetes Bindegewebe, womit dann die Bildung einer gelbbraunen Narbe (plaque jaune der französischen Autoren) vollzogen, der höchste Grad der Heilung erzielt ist.
2) Die gelbe hat ihren Namen von der gelben Farbe verfetteter Teile der Gehirnsubstanz. Zuweilen ohne nachweisbaren anatomischen Grund, zuweilen bei schleichend verlaufenden Entzündungen, Verdickungen oder Verödungen von Gehirnarterien verfällt derjenige Bezirk, der in seiner Ernährung auf dieses Gefäß [* 3] angewiesen ist, dem langsamen Gewebstod (Necrobiosis). Die Funktion hört auf, die abgestorbenen Teile fallen der Fettmetamorphose anheim, und solange dieses Fett in Form von sogen. Fettkörnchenzellen an Ort und Stelle liegen bleibt oder benachbarte Hirnabschnitte mit in den Zustand chronischer Entzündung hineinzieht, spricht man von gelber Gehirnerweichung. Sofern sich eine Heilung anbahnt, wird das Fett resorbiert, es bleibt auch hier eine Narbe zurück.
3) Als weiße Gehirnerweichung bezeichnete man früher eine Auflockerung der sehr blassen Marksubstanz, welche die Gehirnhöhlen begrenzt, wenn diese letztern mit wässeriger Flüssigkeit (Hydrocephalus internus) stark angefüllt gesunden wurden. Diese Gehirnerweichung ist aber ein nach dem Tode durch Maceration entstehender Fäulniseffekt. Als wirklich krankhafte weiße Gehirnerweichung darf man wohl hin und wieder Erweichungsherde ansehen, welche ihrer Natur nach zu den gelben gehören, bei denen aber das Fett nicht so butterähnlich dicht, sondern mehr milchähnlich mit Wasser untermischt angeordnet liegt.
Die Symptome einer Gehirnerweichung hängen ganz und gar ab: a) Von ihrem Sitz. Ein Herd im Streifenhügel bedingt Lähmung, ein solcher im Sehhügel Erblindung, eine Gehirnerweichung der zweiten linken Schläfenwindung Verlust der Sprache, [* 4] Gehirnerweichung der Rautengrube lähmt zuweilen auf der Stelle Atmung und Herzthätigkeit, an andern Stellen entstehen Krämpfe, an noch andern Schmerzen und Verlust jeder Art höherer Seelenthätigkeit, welchem Gebiet der psychischen Leistung, dem Willen, der Erinnerung etc., sie dienen mögen. b) Von der Ausdehnung, [* 5] den die Zerstörung erreicht hat.
Eine kleine verletzte Stelle im linken Streifenhügel bedingt z. B. Lähmung der rechten Gesichtshälfte; ist der Herd links größer, so wird der Oberarm der rechten Seite, bei totaler Zertrümmerung der linken großen Ganglien die ganze rechte Körperhälfte gelähmt. Ferner kann eine kleine Erweichung weit leichter ausheilen als eine große; die Funktion der einen Region wird von einer andern mit übernommen, wie die experimentellen Untersuchungen der Physiologen bewiesen haben. c) Von großem Einfluß ist die plötzliche oder allmähliche Entstehung der Gehirnerweichung. Alle die zahlreichen Fälle, bei welchen durch Hineinfahren eines Blutpfropfes (embolus) in eine Gehirnarterie bei Herzkranken eine Zerreißung und eine momentane Zertrümmerung von Nervensubstanz zu stande kommt, werden wegen dieser jähen Wirkung als Schlaganfälle, Schlagflüsse bezeichnet. Man meint hiermit eben das plötzliche und ganz unvermittelt ¶
eintretende Sympton der Lähmung ohne Rücksicht auf den Umfang dieser Lähmung oder ihre Bedeutung für das Leben des Individuums, das vom »Schlage gerührt« worden ist. Im Gegensatz zu diesen ganz raschen, stürmischen Symptomen der embolischen roten Gehirnerweichung bilden sich die Lähmungen, Schmerzen oder die Seelenstörungen bei der gelben Gehirnerweichung ungemein schleichend aus. Es sind stets alte Leute, welche diesen Leiden [* 7] unterliegen; sie klagen über Kopfweh, über Unbesinnlichkeit, es gehen ihnen ganze Gruppen von Eindrücken verloren, ihre Züge werden schlaffer, Hände und Arme zittern stark und werden nach und nach gelähmt, bis endlich die Zentralstätten für die lebenswichtigen Thätigkeiten der Atmung und der Herzpulsation gleichfalls erlahmen und das kümmerlich flackernde Licht [* 8] erlischt.
Einer Behandlung bietet selbstverständlich keine Art der Gehirnerweichung einen direkten Angriffspunkt, es kann sich immer nur um die Herz- oder Gefäßkrankheiten handeln, welche das Grundübel bilden, um eine Verhütung fernerer Gehirnblutungen durch vorsichtigen Lebenswandel, Vermeiden aller Exzesse in Trank, Speise und körperlichen Anstrengungen sowie geistiger Erregungen und endlich um eine Heilung der Symptome, sofern diese der Sphäre des Bewegungsapparats angehören. Die Elektrizität [* 9] leistet hierbei zuweilen erstaunliche Dienste. [* 10]