Gebirge
(Gebirgssystem), eine Gesamtheit räumlich zusammenhängender, größerer oder kleinerer Unebenheiten der
Erdoberfläche, die sich nach Umgrenzung und Höhenentwicklung von ihrer Umgebung deutlich abheben.
Klar
hervortretende Einzelerhebungen heißen Hügel, wenn sie niedrig,
Berg, wenn sie einigermaßen hoch sind. Eine scharfe Grenze
zwischen beiden Erhebungsformen zu ziehen ist aber ebenso schwierig wie eine solche zwischen Hügelland und eigentlichem
Gebirge
, das auch Bergland genannt werden kann.
Grenzen der Hörbarkeit
![Bild 58.307: Grenzen der Hörbarkeit - Grenzfälschung [unkorrigiert] Bild 58.307: Grenzen der Hörbarkeit - Grenzfälschung [unkorrigiert]](/meyers/thumb/58/58_0307.jpeg)
* 2
Grenzen.
Innerhalb der Grenzen
[* 2] eines Gebirge
können auch räumlich beschränkte Ebenheiten in verschiedener
Höhenlage –
Tiefland,
Tiefebene; Hochland, Hochebene – vorkommen, sodaß dasselbe alle erdenklichen Formen des Reliefs
in sich enthalten kann.
Bilden die
Erhebungen auf längere Erstreckung hin eine linear verlaufende
Wasserscheide, so nennt man
diese Kamm (Gebirgskamm), der als Rücken, Grat, Schneide,
Egge
[* 3] ausgebildet sein kann, wie auch beim Einzelberg
alle Übergänge von der sanft abfallenden Kuppe bis zur
Nadel vorkommen.
Die Hohlformen zwischen einzelnen
Bergen
[* 4] oder Hügeln sind Eintiefungen, Sättel, Scharten, Pässe, diejenigen zwischen den
Kämmen oder größern Hochflächen
Thäler. Giebt man die Höhenlage irgend eines Punktes im G., wie auch sonst, über dem
Meeresspiegel an, so nennt man die betreffende Angabe die absolute Höhe: dagegen ist der Unterschied
in der Höhenlage für zwei beliebige Punkte die relative Höhe. Um nach dem Vorgange von
Humboldt alle
Höhen- und Formverhältnisse
der Gebirge
unmittelbar durch Zahlenausdrücke vergleichbar zu machen, haben
Sonklar und später
Andre die Methoden der Orometrie
in die Orographie (s. d.) oder Gebirgsbeschreibung eingeführt, deren unentbehrliche
Voraussetzung möglichst zahlreiche und sorgfältige Höhenmessungen (s. d.)
sind.
Höhenschichten der Alp

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Alpen.
Die wichtigsten Werte der Orometrie sind die Höhe des höchsten oder kulminierenden Gipfels, die durchschnittliche oder
mittlere Gipfel-, Kamm-, Sattel- und Thalhöhe, die
Mittelhöhe der Gebirgsbasis und des zu einem prismatischen Körper ausgeebnet
gedachten Gebirge
, sodann der Neigungswinkel der
Thalgehänge und der Thalsohlen, sowie die Schartung, d. h. der Höhenunterschied
zwischen Gipfel und Sattel. Letztere
Größe giebt, besonders wenn bei ihrer Bestimmung nicht alle nebensächlichen, sondern
nur die höchsten Gipfel und die tiefsten Pässe in
Rechnung gezogen werden, ebensosehr ein
Bild von der Zerrissenheit
als von der Wegsamkeit eines Gebirge
oder Gebirgsteiles. So sind z. B. trotz der mit
den Hauptgruppen der
Alpen
[* 5] verglichenen niedern Kammhöhe der mittlern Pyrenäen diese infolge ihrer geringen Schartung von
jeher eine sehr scharfe Völkerscheide gewesen.
Nach der gesamten Höhenentwicklung unterscheidet man, abgesehen von den schon erwähnten Hügelländern,
Mittel- und
Hochgebirge
, wobei weniger die wirkliche Höhe als der Umstand entscheidend wirkt, ob ein Gebirge
nicht bis zur Schneegrenze
oder über dieselbe emporragt. Hiernach werden Hochgebirge
auch Schneegebirge
genannt, wie sie auch, besonders wenn sie sich
durch schroffe Formen auszeichnen, in Anlehnung an den
Namen des europ. Hauptgebirges
oftmals als
Alpengebirge
oder
Alpen bezeichnet werden (Neuseeländische, Australalpen).
Thal

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Thal.
Läßt ein Gebirge
eine Haupterstreckung von
Süd nach Nord,
bez. von
Ost nach West erkennen, so spricht man von einem Meridional-
oder
Äquatorial-(Parallel-) Gebirge;
schneidet die Längsachse des Gebirge
die Linien des Gradnetzes unter schiefem
Winkel,
[* 6] so heißt das Gebirge
Transversalgebirge (z. B. das
Erzgebirge). Der Punkt, an dem mehrere
Ketten sich
kreuzen, heißt Gebirgsknoten (Fichtelgebirge). Die
Stellung der in
Bezug auf die
Basis kann eine vierfache sein: entweder sie
entragen an allen Seiten der
Tiefebene
(Ural), oder sie bilden die
Umwallung einer Hochfläche
bez.
Massengebirges, von diesen
durch ein
Thal
[* 7] getrennt (West- und Südrand des Harzes), oder sie stehen am Rande eines Hochlandes (Randgebirge),
in welchem Falle sie von letzterm aus gesehen oft höchst unbedeutend erscheinen (Himalaja), oder endlich sie sind einer
Hochfläche selbst aufgesetzt (Plateau- oder Scheitelgebirge, z. B.
Kuenlun). Nach ihrer Entstehung sind die Gebirge Falten-, Horst-
(Massen-) oder vulkanische Gebirge (s. Gebirgsbildung).
[* 8] –
Vgl. von Sonklar, Allgemeine Orographie (Wien [* 9] 1873);
über die allmähliche Entdeckungsgeschichte der Gebirge giebt einigen Aufschluß B. Schwarz, Die Erschließung der Gebirge von den ältesten Zeiten bis auf Saussure (2. Ausg., Lpz. 1888).