Gaumen
(Palatum), bei den höhern
Wirbeltieren die obere Wand oder die
Decke
[* 2] der Mundhöhle,
[* 3] wodurch diese von der Nasenhöhle
und bei den
Säugetieren auch von dem
Rachen geschieden ist (s.
Mund). Der eigentliche oder harte Gaumen
wird
von den Gaumen
platten gebildet, die sich vom Oberkiefer aus in die Tiefe der Mundhöhle erstrecken und aus den wagerechten
Teilen der Oberkiefer und der
Gaumenbeine (s.
Schädel u. Taf.
»Skelett
[* 4] des
Menschen II«,
[* 1]
Fig. 17),
also aus vier durch Nähte miteinander verbundenen Knochen, [* 5] bestehen. Diese sind mit einer roten (blutreichen),
Gaumenbein - Gauner

* 9
Seite 6.956. drüsigen Schleimhaut
bedeckt, welche vorn in das
Zahnfleisch übergeht (s. Tafel
»Mund etc.«,
[* 3] Fig. 2). Bei den
Fischen,
Amphibien,
Schlangen
[* 6] und
Eidechsen
[* 7] können hier außerdem noch
Zähne
[* 8] angebracht sein, deren Anzahl und
Stellung für die systematische
Zoologie von Bedeutung
ist. Bei den
Säugetieren setzt sich die Schleimhaut des harten Gaumens
hinten in eine Doppelfalte (weicher
Gaumen
oder Gaumensegel,
velum palatinum) fort, die schräg oder senkrecht gegen die Zungenwurzel herabhängt und die Mundhöhle
gegen den
Rachen unvollkommen
¶
mehr
abschließt. Am freien Rande des Gaumen
segels springt bei Affen
[* 10] und Menschen in der Mitte das sogen. Zäpfchen (uvula) kegelförmig
vor, während auf jeder Seite zwischen den beiden Blättern der Doppelfalte (sogen. Gaumenbogen) die Mandel (s. d.) liegt.
Im Innern jeder Falte der Schleimhaut befindet sich eine Muskelschicht, so daß das Segel bewegt (gehoben,
gespannt) werden kann (beim Sprechen, Schlucken etc.), nebst vielen Nerven,
[* 11] Gefäßen etc. Auch das Zäpfchen hat einen besondern
unpaaren Muskel zu seiner Hebung,
[* 12] der bei Entzündung der Mund- und Rachenhöhle manchmal gelähmt wird, so daß alsdann das
an den Kehldeckel fortwährend anstoßende Zäpfchen zum Husten reizt.
Baumwolle (Kultur; che

* 13
Baumwolle.
Künstlicher Gaumen
(obturator palati, palatum artificiale, Gaumenobturator, Gaumenstopfer) heißt eine mechanisch
Vorrichtung zum Verschließen von Öffnungen am Gaumen
gewölbe. Solche Defekte sind zuweilen angeboren, wie beim Gaumenspalt
und Wolfsrachen, zuweilen entstehen sie durch Verletzungen, meistens aber durch geschwürige Entzündungen (Lupus, Syphilis).
Früher suchte man dergleichen Öffnungen mittels Baumwolle
[* 13] oder Wachs zu verschließen; später schlug
Petronius (1563) hierzu goldene oder silberne Platten vor, und Paré (1582) gab mehrere Gaumenobturatoren an, welche in neuester
Zeit durch Anwendung des vulkanisierten Kautschuks ihren Wert fast ganz verloren haben. Besonders gut sitzende und praktisch
verschließende Obturatoren werden vom Zahnarzt Süersen in Berlin
[* 14] angefertigt. Der Gebrauch aller dieser Vorrichtungen
ist seit Erfindung der Gaumennaht (s. Gaumenspalte) sehr eingeschränkt und nur in den Fällen geblieben, wo infolge syphilitischer
Geschwüre etc. Löcher im harten Gaumen
sich gebildet hatten.