Gaugraf
,
s. Gau.
Gaugraf
6 Wörter, 34 Zeichen
Im Meyers Konversations-Lexikon, 1888
Gaugraf,
s. Gau.
Im Brockhaus` Konversationslexikon, 1902-1910
Gaugraf,
s. Gau. ^[= # (got. gavi; althochdeutsch gouwi; mittelhochdeutsch gou oder gōu, jetzt oberdeutsch Gäu), ...]
(Go, [* 3] Ga, got. gavi, althochd. gowi, mittelhochd. gou, geu, oberdeutsch Gäu, z. B. Algäu), altdeutsches Wort von zweifelhafter Abstammung, das einen Bezirk Landes bezeichnet und dem lateinischen pagus und dem französischen pays entspricht. Die Einteilung des Landes in Gaue findet sich bereits in dem ältesten fränkischen Rechtsbuch, der Lex Salica, die um die Mitte des 5. Jahrh. entstanden ist; sie ist dann auch auf alle übrigen dem fränkischen Reich unterworfenen deutschen Gebiete übertragen worden. Inwieweit man schon in vorfränkischer Zeit von Gauen sprechen darf, läßt sich nicht sicher feststellen; häufig entspricht der Gau der altgermanischen Völkerschaft (civitas), während bei Tacitus das Wort pagus noch eine Unterabteilung der letztern, die Hundertschaft, bezeichnet, welche in vici (Gemeinden) zerfällt. Später wird für die Hundertschaft, welche nach erfolgter ¶
seßhafter Ansiedelung der Völkerschaften, unabhängig von der Zahl hundert, den Gerichtsbezirk bezeichnet, der Ausdruck centena oder hunaria (althochd. huntari) gebraucht. In Frankreich dagegen ist Gau der weitere Bezirk, welcher in Hundertschaften zerfällt. Dem fränkischen Gau analoge Einteilungen finden sich in den meisten germanischen Reichen, so bei den Westgoten, Burgundern und Langobarden die civitates oder Stadtgebiete, bei den Angelsachsen die shires etc. Die Gaue hatten meist natürliche Grenzen, [* 5] welche durch Gebirge, Thäler, Flüsse [* 6] und Wälder gebildet wurden; ihren Namen erhielten sie bald von den bedeutendsten darin gelegenen Städten (z. B. Wormsgau, Speiergau etc.), bald von größern oder kleinern Flüssen (Rheingau, [* 7] Aargau etc.) oder Gebirgen (Eifelgau), bald von der Himmelsgegend (Nordgau, Westgau), bald von der Abstammung der Bewohner (Schwabengau, Hessengau) etc. In gleichem oder ähnlichem Sinn wie das Wort Gau wurden auch andre Endungen gebraucht, z. B. -bant (Brabant, Teisterbant), -eiba (Wettereiba, jetzt Wetterau etc.), -feld (Wormsfeld, Eichsfeld) u. a. Die Bestimmung der Lage und der Grenzen vieler Gaue bietet gegenwärtig große Schwierigkeiten dar, namentlich auch deswegen, weil die Worte pagus und in sehr verschiedener, bald engerer, bald weiterer Bedeutung gebraucht werden, so daß es oft genug innerhalb eines Gaues kleinere Bezirke gab, die den gleichen Namen führten. Bisweilen, aber durchaus nicht regelmäßig, schlossen sich die Grenzen der Gaue an die der kirchlichen Sprengel (Bistümer, Erzdiakonate) an. Insbesondere in Sachsen [* 8] ist der Name Go für kleinere Distrikte üblich gewesen, die mehr den fränkischen Hundertschaften als den Gauen entsprachen. - An der Spitze der Gaue standen seit den ältesten Zeiten Grafen (Gaugrafen), welche anfangs bloße Verwaltungs-, später aber auch richterliche Beamte waren und an den einzelnen Hundertschafts-Malstätten ihres Gaues Recht sprachen.
Die Ausdrücke Gau (pagus) und Grafschaft (comitatus) sind daher in der frühern Zeit meist gleichbedeutend. Später aber verfiel die Gauverfassung, wozu mannigfache Umstände, z. B. das Erblichwerden der Grafenwürde und die damit zusammenhängende Teilung der Grafschaften, die Bildung geistlicher Immunitäten (s. d.), die Städteverfassung und vor allen Dingen die Ausbildung des Lehnswesens, beigetragen haben; seit der Mitte des 12. Jahrh. ist nur selten noch von Gauen die Rede.
Doch hat sich die Erinnerung an die Gauverfassung bis auf unsre Zeit in Namen, wie Breisgau, Rheingau, Sundgau, Aargau etc., sowie auch in dem Wort Gaudieb (der im G. umherstiehlt) erhalten.
Vgl. Thudichum, Die Gau- und Markverfassung in Deutschland [* 9] (Gießen [* 10] 1860);
Leutsch, Markgraf Gero, nebst einer Gaugeographie von Thüringen und der Ostmark (Leipz. 1828);
Wersebe, Beschreibung der Gaue zwischen Elbe, Saale, Unstrut, Weser und Werra im 11. u. 12. Jahrhundert (Hannov. 1829);
v. Lang, Bayerns Gauen nach den drei Volksstämmen der Alemannen, Franken und Bojoaren aus den alten Bistumssprengeln nachgewiesen (Nürnb. 1830);
Derselbe, Bayerns alte Grafschaften und Gebiete (das. 1831);
v. Hammerstein-Loxten, Der Bardengau (Hannov. 1869);
Leyser, Zur Geschichte des Nahegaues (Birkenf. 1853);
Böttger, Diözesan- und Gaugrenzen Norddeutschlands (Halle [* 11] 1874-1876, 4 Bde.);
Baumann, Die Gaugraf
schaften im wirtembergischen Schwaben (Stuttg. 1879).
Eine Beschreibung der deutschen Gaue begann 1855 der Gesamtverein der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine, doch erschienen nur zwei Beschreibungen von Landau, [* 12] der Wettereiba (Kassel [* 13] 1855) und des Hessengaues (das. 1857). Man ist daher noch immer genötigt, die erste zusammenfassende Arbeit über Gaugeographie im 2. Band [* 14] von Bessels »Chronicon Gottwicense« (Tegernsee 1732) zu benutzen. Neue Gaukarten für ganz Deutschland enthält die Bearbeitung des v. Sprunerschen Atlas [* 15] für die Geschichte des Mittelalters und der modernen Zeit durch Th. Menke (3. Aufl., Gotha [* 16] 1880, Tafel 31-36).
Franz Christian, Reisender und Architekt, geb. zu Köln, [* 17] erhielt seine Bildung auf der Kunstakademie zu Paris [* 18] und ging 1814 nach Italien, [* 19] wo er besonders die Ruinen von Pompeji [* 20] studierte, weshalb er auch später zu Mazois' Werk »Les ruines de Pompeji etc.« (Par. 1812 ff.) den Schluß herausgeben konnte. Die Frucht einer 1818 bis 1820 unternommenen Reise nach Palästina, [* 21] Ägypten [* 22] und Nubien war das Prachtwerk »Antiquités de la Nubie« (Par. 1824; deutsch, Stuttg. 1821-28, 13 Hefte; mit Text von Niebuhr, der schon Proben daraus in seinen »Inscriptiones nubienses«, Rom [* 23] 1820, geliefert hatte).
Von 1824 bis 1848 war er Direktor einer Architekturschule, besonders für Deutsche, [* 24] in Paris. Seit 1826 in Frankreich förmlich naturalisiert, starb er in Paris. Als königlicher Architekt restaurierte Gau die Kirche St.-Julien le Pauvre und das Presbyterium der Kirche St.-Severin und erbaute das neue Gefängnis und die Barrière de l'Enfer. Als sein hervorragendstes Werk aber ist der Plan der Kirche Ste.-Clotilde auf der Place Bellechasse im Faubourg St.-Germain zu Paris zu bezeichnen, die erst nach seinem Tod unter wesentlichen Abweichungen von seinem Plan von Ballu vollendet ward.