Gattungskauf
(Genuskauf,
Emtio generis), ein
Kaufvertrag, bei welchem die
Ware nur der
Gattung nach
und nur nach
Maß, Zahl oder
Gewicht bestimmt wird. Den
Gegensatz bildet derjenige
Kaufvertrag, bei welchem es sich um eine individuell
bestimmte
Ware (species) handelt, z. B. um ein bestimmtes
Pferd,
[* 2] um ein bestimmtes
Paar wildlederne
Handschuhe, welches ich mir
aussuchte. Bestelle ich mir dagegen bei dem
Kaufmann schlechthin ein
Paar wildlederne
Handschuhe von dieser
oder jener
Farbe, so liegt ein Gattungskauf
vor.
Derartige Kaufgeschäfte kommen sehr oft vor. Es kauft z. B. jemand 100
Flaschen
Rüdesheimer, 1868er Jahrgang, oder 100 kg
Tabak,
[* 3]
Maryland, prima
Ernte
[* 4] 1869, oder 10
Schock Tannenbretter, 3 m lang, 50
cm breit, astfreie
Ware, oder 1000 Ztr.
Roheisen, prima
Qualität, u. dgl. Das
Wahlrecht, d. h. die Auswahl innerhalb der
Gattung, steht dann im
Zweifel, wofern nichts
Anderweites ausgemacht wurde, dem Verkäufer zu. Die
Quantität der
Ware und ihre
Qualität muß bei dem Gattungskauf
insoweit bestimmt
sein, daß die
Ware hinlänglich bezeichnet ist, um nicht gänzlich dem Belieben und der
Willkür eines
Kontrahenten überlassen zu sein. Ist über die
Qualität der
Ware im
Kaufvertrag nichts Näheres bestimmt, so ist nach dem
deutschen
Handelsgesetzbuch (Art. 335)
»Handelsgut mittlerer Art und
Güte«, d. h. von nicht ganz geringer
Sorte, zu liefern.
Viel erörtert und viel bestritten ist die
Frage, mit welchem Zeitpunkt bei dem Gattungskauf
die
Gefahr auf den
Käufer
übergehe, d. h. von welchem
Moment an der
Käufer zahlen muß, auch wenn die
Ware durch
Zufall ganz oder teilweise unterging.
Darüber besteht nämlich kein
Zweifel, daß nicht schon bei dem
Abschluß des
Kaufvertrags die
Gefahr auf
den
Käufer übergeht.
Kaufe ich z. B. von einem Pferdehändler zehn
Stück
Trakehner
Hengste, schwarz, vier Jahre alt, so trifft
mich die
Gefahr nicht, wenn der Gesamtbestand an
Pferden des Verkäufers alsbald durch diesen oder jenen unglücklichen
Zufall
zu
Grunde geht. Im übrigen stehen sich aber zwei
Theorien gegenüber.
Nach der »Ausscheidungstheorie« (Thöl u. a.) ist der Augenblick entscheidend, in welchem die Ausscheidung der Ware für den Käufer aus der Gattung erfolgte. Dabei wird wiederum von manchen verlangt, daß der Käufer von jener Ausscheidung Kunde erhielt, während andre es für genügend erachten, wenn der Verkäufer die Nachricht von der bewirkten Wahl an den Käufer abgehen ließ, wenn z. B. mein Pferdehändler aus seinen Beständen die gekauften zehn Hengste ausgesucht und mir davon Nachricht gegeben hat.
Andre Rechtslehrer (Jhering u. a.) vertreten dagegen die sogen. Lieferungstheorie, wonach der Verkäufer seine vertragsmäßige Verpflichtung zur Lieferung der Ware erfüllt haben muß. Dabei ist aber zu beachten, daß beim Distanzkauf, wenn Käufer und Verkäufer verschiedene Wohnorte haben, im Zweifel der Verkäufer für beauftragt gilt, die Art der Übersendung und die Person, welche den Transport ausführen soll, zu bestimmen, und daß er mit der Übergabe der Ware an den Frachtführer, Spediteur etc. seiner diesbezüglichen Verpflichtung nachgekommen ist. Hat also jener Pferdehändler die zehn Hengste auf der Eisenbahn verladen lassen, so trifft mich die Gefahr, wenn nun der Zug verunglückt, und wenn die Pferde [* 5] dabei zu Grunde gehen. Das deutsche Handelsgesetzbuch (§ 345) hat die Lieferungstheorie adoptiert.
Vgl. außer den Hand- und Lehrbüchern des Handelsrechts: Flatau, Über das Tragen der Gefahr beim Genuskauf (Bresl. 1880).