Gastrecht
geht aus der Gastfreundschaft (s. d.) hervor, bedingt diese aber auch entweder infolge allgemeiner ethischer und religiöser Anschauungen oder besonderer Vorschriften und Verträge. Solches Recht erscheint, durch Sitte und Herkommen geheiligt, bei den Naturvölkern wie auch den Kulturvölkern des Altertums zunächst als natürliches Postulat, das auch wohl durch Ceremonien und Symbole ausdrücklich anerkannt wird. Besonders mit dem Salz [* 2] verwebt sich von alters her der Begriff der Gastlichkeit und Treue.
Wie noch heutzutage bei slaw. Völkern der Eintretende mit entgegengetragenem Brot [* 3] und Salz willkommen geheißen wird, so beruft sich der Araber bei Streitigkeiten darauf, daß der Gegner mit ihm Brot und Salz gegessen habe. War bei den Griechen der Fremdling als Gast aufgenommen, so stand er unter dem Schutze des Zeus [* 4] Xenios und hatte das Recht, von dem Gastfreunde Schutz gegen jede Gefährde zu fordern. Dies Verhältnis beruhte indessen lediglich auf religiösen Anschauungen.
Durch die Proxenie wurde es aber zu einem wirtlich rechtlichen, indem Gastfreunde (próxenoi) von Staats wegen bestellt wurden: es waren das Bürger, die von einem auswärtigen Staate oder Fürsten beauftragt waren, die Angehörigen dieses auswärtigen Staates gastlich aufzunehmen, ihre Rechte zu wahren und überhaupt ihnen mit Rat und That beizustehen, also Konsuln, Residenten. In der Regel gehörten sie dem Staate an, in dem sie als próxenoi fungierten.
Bei den
Römern entwickelte sich das Gastrecht
(hospitium) in ähnlicher
Weise, nur daß hier die Schutzpflicht für diejenigen, die
sie übernommen hatten, oft nur eine bloße Ehrenbezeigung von seiten der Auftraggeber in sich schloß.
Auch zwischen Individuen und einzelnen Familien wurde vertragsmäßig das Gastrecht
begründet, man gab sich wechselseitig
Geschenke (Gastgeschenke, xenia), tauschte die Erkennungszeichen (symbola, tesserae hospitales): die
Teile eines zerbrochenen
Ringes, die ineinander paßten, Täfelchen
u. dgl., aus und vererbte diese, wenn das Gastrecht
auf
die Nachkommen übergeben sollte, vom
Vater auf den Sohn.
Das Verhältnis konnte ordnungsmäßig nur durch förmliche Aufkündigung gelöst werden. Mit der Entwicklung des Verkehrs entwickelte sich auch das Wirtshauswesen, und die Gastfreundschaft erhielt zum Teil andere Formen, besonders auch durch die Einwirkung des Christentums. Die Dienstbeflissenheit gegen Fremde, namentlich reisende Christen, war Christenpflicht, ein Teil des kirchlichen Almosens ward auf die Beherbergung und Verpflegung der Fremden verwendet, und später traten an die Stelle dieser momentanen Beiträge aus dem Kirchenschatze die Hospitäler. Die reisenden Christen erhielten auch von den Bischöfen Empfehlungsschreiben zum Behufe freundlicher Aufnahme an die fremden Gemeinden mit. Von einem Recht ¶
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auf Gastlichkeit kann bei diesem allen keine Rede sein. -
Vgl. Die Gastgerichte (in Osenbrüggens «Studien zur deutschen und schweiz. Rechtsgeschichte», Schaffh. 1868).