Titel
Garcilaso
(eigentlich
Garcias Laso) de la
Vega (spr. gardsilāßo de la wēga), 1) einer der größten
span. Dichter, geb. 1503 zu
Toledo,
[* 2] erhielt eine vortreffliche
Erziehung und kam schon früh an den
Hof
[* 3] König
Karls I., wo er
mit
Boscan (s. d.) bekannt wurde, der ihn zum tiefern
Studium der Alten und der
Italiener anregte. In
Karls
Heeren kämpfend,
erwarb er sich die
Gunst seines Gebieters in dem
Grade, daß dieser ihn zu einem seiner Ehrenkavaliere
ernannte, in welcher
Eigenschaft Garcilaso
ihn auf fast allen seinen
Reisen begleiten mußte. So folgte er ihm auch 1529 nach
Italien,
[* 4] wo er bis zur Beendigung des
Feldzugs blieb.
Später verweilte er als Karls Gesandter eine Zeitlang am Hofe Franz' I. von Frankreich, wo er mit Clément Marot und andern berühmten Dichtern der Zeit bekannt wurde. In Deutschland, [* 5] wohin er sich hierauf als Begleiter seines Freundes Fernando Alvarez de Toledo (spätern Herzogs von Alba) [* 6] begab, zog er sich Karls Ungnade zu und wurde (1531) als Gefangener auf die Donauinsel Schütt gesandt, deren landschaftliche Reize er in seiner dritten Kanzone geschildert hat. Nach wenigen Monaten wurde er nach Neapel [* 7] verbannt, wo er durch die Gunst und Fürsorge des damaligen Vizekönigs Marquis von Villafranca glückliche Tage verlebte, mit den ausgezeichnetsten Männern in Verkehr trat und die schönsten seiner Gedichte, unter andern die hochberühmt gewordene erste Ekloge, schrieb. Durch Vermittelung des Marquis mit dem Kaiser versöhnt, durfte er an dem Feldzug ¶
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gegen Tunis
[* 9] (1535) teilnehmen, bei welchem er sich wiederum durch seine Tapferkeit auszeichnete. Nach Ausbruch des Kriegs gegen
Frankreich (1536) mit dem Oberbefehl über ein Infanterieregiment betraut, wurde er beim Sturm auf einen befestigten Turm in
[* 10] der Nähe von Fréjus durch einen Steinwurf tödlich am Kopfe verwundet und starb wenige Wochen darauf,
in Nizza.
[* 11] Die Spanier haben Garcilaso
stets die größte Bewunderung gezollt und nennen ihn den »Fürsten« ihrer Dichter, ein Name,
der in einem beschränkten Sinn allerdings Berechtigung hat, indem es war, der dem von Boscan in die spanische Dichtkunst eingeführten
italienischen Stil durch die ausgezeichnete Art, wie er die neuen Formen behandelte, dauernde, für längere
Zeit fast ausschließliche Geltung verschaffte.
Mit wenigen Ausnahmen sind seine Gedichte in den italienischen Versmaßen geschrieben, und viele derselben sind von vollendeter Schönheit. Der Wohllaut seiner Verse ist in Spanien [* 12] kaum übertroffen worden. Aber es fehlte seinem Talent sowohl an Vielseitigkeit als an Selbständigkeit, und wie in seinen Eklogen den Vergil, so ahmte er in seinen Sonetten den Petrarca nach. Seine Gedichte wurden zuerst mit denen seines Freundes Boscan zusammen gedruckt, bis Fr. Sanchez de la Brozas eine Einzelausgabe mit erklärenden Anmerkungen veranstaltete (Salamanca 1574). Mit ausführlichem Kommentar gab sie Fern. de Herrera (Sevilla [* 13] 1580), mit kürzern Erläuterungen Tomas Tamayo de Vargas (Madr. 1622) heraus. Unter den spätern, sehr zahlreichen Ausgaben sind die von J. N. de Azagra (Madr. 1765, das. 1817) und von J. M. Ferrer (das. 1827) die besten. Auch erschienen sie in der »Biblioteca de autores españoles«, Bd. 32.
2) Span. Historiker, genannt der Inka, [* 14] weil er mütterlicherseits von den alten Herrschern Perus stammte, geb. 1540 zu Cuzeo, kam in seinem 20. Jahr nach Spanien, wo er unter Johann von Österreich [* 15] gegen die Morisken in Granada [* 16] kämpfte und 1616 starb. Er ist Verfasser einer Geschichte der Entdeckung von Florida unter dem Titel: »La Florida del Inca« (Lissab. 1606, Madr. 1723) und einer Geschichte von Peru: [* 17] »Comentarios reales, que tratan del régen de los Incas reyes, que fueron del Perú« (Bd. 1, Lissab. 1609; Bd. 2, Cordova 1617). Beide Werke sind zwar vielfach durch Fabeln entstellt, gewähren aber doch manche interessante Aufschlüsse und bieten eine unterhaltende Lektüre. Sie sind daher öfters wieder gedruckt worden (zuletzt Madr. 1800-1803, 17 Bde.).