Garantie
(franz., v. althochd. werên, »gewähren«),
im allgemeinen s. v. w.
Gewährleistung, Sicherstellung, Übernahme der
Haftpflicht, Verbürgung. Im
Privatrecht ist Garantie
die durch
Vertrag,
Gesetz oder auch durch unerlaubte
Handlung begründete Verbindlichkeit,
für den
Eintritt eines Ereignisses, für die Dauer eines Zustandes oder für gewisse
Eigenschaften (Fehler oder Mängel) zu
haften oder einen eintretenden
Schaden zu ersetzen. Glaubt eine
Partei in einem bürgerlichen
Rechtsstreit, daß sie für den
Fall eines ihr ungünstigen
Ausganges des
Prozesses einen Anspruch auf
Gewährleistung oder auf Schadloshaltung
gegen einen Dritten erheben könne, so kann sie diesem Regreßpflichtigen (deutsche
Zivilprozeßordnung, § 69 ff.) »den Streit
verkündigen«, um ihn zur
Teilnahme an dem
Rechtsstreit aufzufordern (s.
Streitverkündigung). So kann insbesondere derjenige,
welcher von jemand eine
Sache kaufte, die nun ein Dritter für sich in Anspruch nimmt, seinem Verkäufer
den Streit verkündigen, insoweit ihm dieser nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen oder nach besonderer Vereinbarung haftbar
ist.
Das französische
Recht kennt in solchem
Fall eine besondere Garantie
klage, welche bei demjenigen
Gericht erhoben werden muß,
bei welchem der Hauptprozeß anhängig ist. Doch ist dies Rechtsinstitut, welches auch die frühere bayrische
Prozeßordnung angenommen hatte, in die deutsche
Zivilprozeßordnung nicht übergegangen. Im öffentlichen
Recht kommt die Garantie
als
Haftbarkeitsübernahme des
Staats für ein Privatunternehmen vor, z. B. als Zinsengarantie
für
Aktien und
Prioritäten. Es
folgt aus dem konstitutionellen
Prinzip, daß hierzu die Zustimmung der
Volksvertretung erforderlich ist. Im
Deutschen
Reich
(Verfassung, Art. 72) kann die Übernahme einer Garantie
zu
Lasten des
Reichs in
Fällen eines außerordentlichen Bedürfnisses
nur im Weg der Reichsgesetzgebung erfolgen. Im
Völkerrecht ist Garantie
entweder der Nebenvertrag, wodurch eine oder mehrere dritte
Mächte zu gunsten und im
Interesse eines andern
Staats die
Gewährschaft für Erfüllung eines Hauptvertrags
(z. B.
Friedensschluß) übernehmen, oder ein Hauptvertrag zum
Schutz eines bestimmten völker- oder staatsrechtlichen Zustandes.
Haben mehrere Mächte die Garantie
übernommen, so ist dies entweder eine mehrfache Einzelgarantie, so daß jede
Macht ohne Rücksicht auf die andre zum Einschreiten befugt ist, oder eine
Kollektivgarantie, welche nur ein gemeinsames Einschreiten
gestattet. So wurde z. B. der
Friede von
Blois durch den König von
England garantiert
, der
Friede von
Cambrai durch
die
Fürsten des
Deutschen
Reichs; für den
Westfälischen
Frieden übernahmen
Schweden
[* 2] und
Frankreich die Garantie.
Das
Londoner
Protokoll
vom garantierte
die
Succession des
Prinzen
Christian von
Glücksburg in
Schleswig-Holstein,
[* 3] im
Londoner
Vertrag vom 11.-31. Mai 1867 ward die
Neutralität
Luxemburgs unter
die Garantie
der Großmächte gestellt, wie dies früher schon
bezüglich der
Schweiz
[* 4] und in Ansehung von
Belgien
[* 5] geschehen war.
Die Unabhängigkeit
Rumäniens,
Serbiens und
Montenegros ist durch die Großmächte garantiert;
ebenso ist die
Neutralität
des
Congostaats von den europäischen Mächten gewährleistet. Wenn die Garantie
im
Interesse einer dritten Macht übernommen worden
ist, so erfolgt
im Fall der
Verletzung des garantierten
Zustandes das Einschreiten der Garantiemacht nur auf Anrufen; im andern
Fall, bei Hauptverträgen, wo die garantie
renden Mächte ihr eignes
Interesse haben, ist das Einschreiten
ohne besonderes Anrufen zulässig.
Verschieden von diesen völkerrechtlichen Garantien
sind die staatsrechtlichen, innern oder Verfassungsgarantien, welche
den Staatsangehörigen gewisse
Rechte gewährleisten. Solche Garantien sollten die 1848 in
Frankfurt
[* 6] beratenen
Grundrechte des
deutschen
Volkes schaffen; die meisten Verfassungsurkunden enthalten ein Verzeichnis der den
Bürgern garantierten
Rechte
(Freiheit
des
Gewissens etc.); dies unterläßt die
Verfassung des
Deutschen
Reichs, welche nur Art. 3 gemeinsames
Indigenat, Art. 20 ff. gewisse
Rechte des
Reichstags und seiner Mitglieder zusichert.
Die Verfassungsurkunden der deutschen Staaten enthalten in geringerm und größerm Maßstab [* 7] die sogen. konstitutionellen Garantien, als: Ministerverantwortlichkeit, Freiheit des religiösen Bekenntnisses, Unabsetzbarkeit der Richter, Beschränkung des Rechts der Begnadigung etc. In Deutschland [* 8] ist neuerdings auch vielfach von föderativen Garantien die Rede, welche im Gegensatz zu unitarischen Bestrebungen den bundesstaatlichen Charakter des Reichs gewährleisten sollen, so z. B. die Beibehaltung der Matrikularbeiträge der Einzelstaaten.